Kulturpass für 18-Jährige startet: Viele Fragen sind offen
Wer in diesem Jahr 18 Jahre alt ist oder wird, bekommt mit dem Kulturpass vom Staat 200 Euro für Kulturveranstaltungen. Klingt toll, aber bundesweit machen nicht einmal 5.000 Kulturveranstalter mit. Warum?
Der Startschuss ist gefallen. Mit dem Kulturpass erhalten alle, die im laufenden Jahr 18 Jahre alt sind oder noch werden per App ein virtuelles Budget von 200 Euro, das beispielsweise für Theater, Museen oder Konzerte ausgegeben werden kann. Allerdings nur bei den Kulturschaffenden und Veranstaltern, die ihre Angebote dafür im Vorfeld auf einer Seite des Bundes registriert haben.
Bürokratischer Aufwand bei der Anmeldung
Doch die Registrierung ist komplizierter, als es den Anschein macht. Die Betreiberin des Kulturpalasts in Hannover, Simone Beer, hat mittlerweile aufgegeben. Ein Mitarbeiter wollte sich um den Antrag kümmern. "Der hat dann am Ende gesagt, es hätte ihn drei bis vier Stunden gekostet, um sich mit dem Thema zu beschäftigen, das runterzuladen, du musst dich über Elster einloggen, es muss dann in die Buchhaltung gehen. Da ist der Aufwand doch sehr sehr groß."
Da Beer momentan keine Veranstaltungen explizit für junge Erwachsene anbietet, sei der Aufwand nicht gerechtfertigt. Simone Beer ist aber nicht nur Vorsitzende vom Kulturpalast, sondern auch vom Clubnetz Niedersachsen. Sie hatte in der WhatsApp-Gruppe nachgefragt, ob einer ihrer Kollegen beim Kulturpass mitmachen würde: "Da kam aber keine Rückmeldung und von daher gehe ich davon aus, dass die Spielstätten eher gerade nicht die Zeit dafür haben. Es ist wirklich ein Zeitproblem. Du musst ja auch jemanden dafür bezahlen." Bundesweit haben sich nach jüngsten Angaben nur rund 4.900 Kulturanbieter angemeldet.
Kunstschulen: nicht in den AGBs
Kunstschulen tauchen nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kulturpasses auf. Irina Kulenko ist Inhaberin der Kunstschule Kreo in Hannover. Sie versteht nicht, warum sie von vornherein ausgeschlossen wird: "Ich finde es sehr schade, weil hier sind die Kinder auch von Computer weg, von Handys. Sie sind dann auch anders beschäftigt. Sie lernen auch alles besser zu sehen und wahrzunehmen."
Gerade wegen ihres Migrationshintergrunds denkt Kulenko aber auch an die Jugendlichen, die sich eine künstlerische Ausbildung so nicht leisten könnten: "Mit Kulturpass wäre das quasi gedeckt. Für Jugendliche, die das gerne machen wollen, aber nicht von den Eltern bekommen, wäre das sehr sinnvoll." Sie will zumindest versuchen, ihre Kunstschule für den Kulturpass anzumelden, da ja sogar Musikinstrumente und papierene Noten mit dem Pass bezahlt werden dürfen.
Gaming-Szene fühlt sich ausgeschlossen
Museen haben einen Anspruch darauf, beim Kulturpass mitzumachen - anders als die Computerspielbranche. Das stößt Regine Silbermann sauer auf. Sie ist die Inhaberin des Computerspiele Museums Highscore und baut gerade ein Zentrum für E-Sports auf. "Das ganze Medium Videospiel ist Kultur", meint sie. Silbermann versteht nicht, wieso Videospiele keine Kunst sein sollten, entwerfen doch Grafiker ganze Welten, werden die Geschichten für das Spiel extra von Autoren geschrieben. "Man darf ins Kino gehen und sich irgendeinen Aktionstreifen reinziehen, aber wenn wir über die Historie der Videospiele aufklären, welche Irrungen und Wirrungen da abliefen, dann ist das keine Kultur?", fragt sie. Silbermann hat nun die Probe aufs Exempel gemacht und sich mit Highscore online ein Profil beim Kulturpass angelegt. "Jetzt steht da gerade Bestätigung ausstehend."
Wie das Kulturstaatsministerium nach Erscheinen dieses Artikel mitteilte, habe sich das Museum nicht vollständig angemeldet und deshalb würde die Bestätigung noch ausstehen.
Regine Silbermann erklärt sich den Ausschluss der Gamesbranche vom Kulturpass so: "Die Diskussion ist nicht besonders neu, wir reden seit dieser schlimmer 'Killerspieldebatte' drüber und vielleicht hängt das noch ein bisschen in den Köpfen fest." Ob der Bund seine Meinung noch einmal ändert und die Zulassungsbestimmungen zum Kulturpass überarbeitet, bleibt abzuwarten.