Kriegsreporter Ronzheimer: "Die Angst kommt in meinen Träumen zurück"
Für seine Berichterstattung zum Ukraine-Krieg wurde er als "Journalist des Jahres 2022" ausgezeichnet: Paul Ronzheimer über Ängste, Extremsituationen und seine Kindheit als homosexueller Junge in der ostfriesischen Provinz.
Eigentlich wollte er nie Kriegsreporter werden. "Ich bin da so reingeraten", beginnt Paul Ronzheimer das Gespräch bei "deep und deutlich". Während andere Journalisten aus Kriegsgebieten fliehen, reist der "Bild"-Vize-Chefredakteur ein, um sich vor Ort ganz nahe Eindrücke zu verschaffen. Dafür begibt er sich nicht selten in Extremsituationen. Als einziger deutscher Journalist berichtete er vergangenen November aus dem Gaza-Streifen, im Juni 2023 war er mit Kiew-Bürgermeister Vitali Klitschko auf Bunker-Visite in der Ukraine.
Doch warum zieht es ihn als Journalist immer wieder ganz bewusst an gefährliche Orte? "Ich bin jetzt keiner, der an die Front fährt, um zu sagen: Es ist so geil für mein Adrenalin. Ich glaube, es ist manchmal eher eine Flucht aus dem Leben", antwortet Paul Ronzheimer auf die Frage von Moderator Aurel Mertz.
Über seine Kindheit: "Es war psychisch wirklich schwierig"
Dass der 38-Jährige es nicht immer leicht hatte, verrät ein Einblick in seine Kindheit im ostfriesischen Aurich. "Da gab es gar keine Schwulen. Du denkst, du bist der Einzige", offenbart Paul Ronzheimer in der Sendung. "Und darfst es eigentlich auch nicht fühlen, weil wenn du das fühlst, ist etwas falsch im Leben. Das habe ich immer unterdrückt und habe dann den Journalismus gefunden. Es war psychisch wirklich schwierig."
Schwierig auszuhalten war für ihn auch ein Treffen mit Taliban-Kämpfern in Afghanistan 2021, bei dem er auch um sein eigenes Leben fürchten musste. Ein Taliban-Richter gab ihm in einem Interview Einblicke in seine Arbeit, sprach davon, wie man als Homosexueller im Kalifat gesteinigt wird. "Ich als schwuler Mann sitze neben diesem Taliban-Richter und hatte Angst, dass sie meinen Wikipedia-Eintrag gesehen haben, in dem steht, dass ich homosexuell bin. Dann dachte ich so: Scheiße, weiß der das jetzt?"
Ronzheimer: "Träume immer, dass ein russischer Soldat ins Zimmer kommt"
Ob er Angst habe, bei einem Angriff in einem Krisengebiet zu sterben? "Man hat Respekt, aber Angst nicht. Die Angst kommt später", so der preisgekrönte Reporter, der vor allem in der Nacht, wenn Körper und Geist zur Ruhe kommen, das Erlebte verarbeitet. "In Träumen kommt sie zurück. Ich träume zum Beispiel immer, dass ein russischer Soldat in unser Zimmer kommt, uns mitnimmt und uns erschießt."
Kraft in schwierigen Situationen gebe ihm ein ganz besonderer Talisman, den er bei jedem seiner Einsätze in seiner Tasche bei sich trägt. "Ich habe immer ein Foto meines besten Freundes dabei, der ganz früh mit 34 Jahren an Krebs verstorben ist. Mit ihm habe ich immer über diese Einsätze geredet", so Ronzheimer. "Ich denke immer an ihn."