Eine Plakatwand mit Informationen über bevorstehende Veranstaltungen in Israel © picture alliance/dpa/AP | Oded Balilty
Eine Plakatwand mit Informationen über bevorstehende Veranstaltungen in Israel © picture alliance/dpa/AP | Oded Balilty
Eine Plakatwand mit Informationen über bevorstehende Veranstaltungen in Israel © picture alliance/dpa/AP | Oded Balilty
AUDIO: Jahrestag: Hammas-Anschlag und seine Folgen auf Religionsgemeinschaften (4 Min)

Jahrestag: Hamas-Terror und seine Folgen für Religionsgemeinschaften

Stand: 06.10.2024 13:31 Uhr

Vor einem Jahr hat die radikal islamistische Terrorgruppe Hamas mehr als 1.200 Menschen im Süden Israels ermordet und 250 Geiseln verschleppt. Was sind die Auswirkungen des zunehmenden Nahost-Konfliktes in Deutschland?

von Michael Hollenbach

"Der 7. Oktober war für mich und für viele von uns wie eine Zäsur", sagt Svenja Detto. Sie ist Jüdin. Israel als Rückzugsversicherung in der Not sei in Frage gestellt; antisemitische Vorfälle in Deutschland sind seit dem 7. Oktober um das Vierfache angestiegen. Wie Svenja Detto engagiert sich auch Yefgen Bruckmann in der liberalen jüdischen Gemeinde in Hannover: "In meinem Bekanntenkreis gab es Leute, die sehr schnell mit vollem Bewusstsein zur globalen Intifada aufgerufen haben, was das heißt, dass das auch mit einem Aufruf zur Gewalt gegen Juden und Jüdinnen ist."

Doch nicht nur die Judenfeindlichkeit, auch der antiislamische Rassismus ist stark angestiegen. Die Zahl der antimuslimischen Straftaten hat sich verdoppelt. Das veränderte Klima sei im Alltag zu spüren, sagt die muslimische Studentin Mona aus Osnabrück: "In der Öffentlichkeit bleibt es auch nicht bei bösen Blicken, sondern man wird beleidigt, angespuckt und das kann überall passieren, bis hin zu Gewalt, wo das Kopftuch abgerissen wird und wo geschlagen wird."

Weitere Informationen
Minarett einer Moschee mit Sonne im Hintergrund © imago

Nach dem 7. Oktober: Verunsicherung in der muslimischen Community

Die Folgen des Überfalls der radikal-islamistischen Hamas auf Israel vor einem Jahr und des Gaza-Krieges sind auch in Deutschland spürbar. mehr

Klare Positionierung der christlichen Kirchen im Nahostkonflikt

Bei Jüdinnen und Juden führt der wachsende Antisemitismus zu konkreten Überlegungen, sagt Yefgen Bruckmann: "Die Frage steht im Raum: Sollen wir gehen und wohin gehen wir dann? Aber wir sehen auf der ganzen Welt einen Rechtsruck, es gibt nicht so viele Orte, wo man sich sicher fühlen würde." Oft ist es ein israelbezogener Antisemitismus, mit dem man konfrontiert werde, sagt Rebecca Seidler. Sie ist Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen: "Das Problem ist nur, die jüdische Community in Deutschland ist nicht Stellvertreter des Staates Israels und Angriffe in Deutschland sind nicht zu rechtfertigen."

Die christlichen Kirchen haben sich im Nahostkonflikt offiziell klar positioniert. So erklärt der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer: "Aus meiner Sicht ist ganz klar: Wir stehen an der Seite Israels, und Juden und Christen sind Geschwister im Glauben, und es gilt zusammenzuhalten." Das wird aber unter Christinnen und Christen nicht überall geteilt. Der aus dem Libanon stammende Pfarrer Stephen Lakkis vermisst eine kirchliche Empathie mit allen Opfern des Konfliktes: "Ich stehe mit keiner Nation, sondern ich knie mit den Opfern. Dort bei den Menschen, die schreien, dort in den Trümmern, dort bei den Geisel, dort finden wir Christus, und dort müssen wir auch sein mit allen, die den Namen Christi tragen."

Weitere Informationen
Auf einer Solidaritätsdemo in Oldenburg wird eine Flagge von Israel hochgehalten. (Archivbild) © NDR Foto: Sebastian Duden

Jahrestag: Niedersachsen gedenkt des Angriffs der Hamas auf Israel

Hunderte Menschen haben der Opfer vom 7. Oktober 2023 gedacht. In Hannover zeigten sie Solidarität mit Palästina und Israel. mehr

Jedes Wort auf der Waagschale - Klage um Schweigen

In allen Religionsgemeinschaften ist eine gewisse Verunsicherung zu spüren. Jedes Wort wird auf die Waagschale gelegt. Oft wird ein Schweigen beklagt. Dabei ist für Fatih Yildiz gerade der interreligiöse Dialog der beste Weg, um aus Polarisierung und Sprachlosigkeit herauszukommen. Yildiz ist Vorsitzender der Hamburger Schura, des Rates der islamischen Gemeinschaften in der Hansestadt. Er beteiligt sich am Interreligiösen Forum in Hamburg, in dem sich acht verschiedene Religionsgemeinschaften – unter anderem Juden und Muslime - regelmäßig austauschen.

"Bei schwierigen Themen ist es wichtig, dass man zusammenkommt, wertschätzt und den anderen immer als Teil einer Lösung sieht", erklärt Yildiz, "deshalb müssen wir die Orte der Begegnung noch mehr ausbauen. Wir sind Teil der Gesellschaft und so auch Teil der Lösung." Und Rebecca Seidler von der liberalen jüdischen Gemeinde in Hannover wünscht sich: "Wenn Menschen angefeindet werden, seien es Muslime, Juden oder andere Gruppen, dass man sich einmischt und nicht zurücklehnt und nicht sagt: 'Das regeln die schon selber', sondern dass man sich proaktiv vor diese Menschen stellt."

Weitere Informationen
Die in Hamburg lebende Israelin Michal Hirsch bereitet in ihrer Wohnung Flyer für den "Run for their lives" vor, einen Lauf für die von der Hamas in den Gazastreifen entführten israelischen Geiseln. © Anina Pommerenke

Hamas-Überfall und Gaza-Krieg: Was denken Betroffene im Norden?

Vor einem halben Jahr überfiel die Hamas Israel. Auch Juden und Palästinenser in Norddeutschland leiden unter der Situation. mehr

Amine, Studentin aus Kiel mit palästinensischem Hintergrund. © NDR

Wie eine Deutsch-Palästinenserin aus Kiel den Krieg in Gaza sieht

Amine ist in Kiel aufgewachsen und hat einen palästinensischen Vater. Sie erzählt, wie sie mit dem Krieg im Nahen Osten umgeht. mehr

Ein Teilnehmerin einer Kundgebung zur Solidarität mit Israel steht auf dem Julius-Mosen-Platz im Stadtzentrum von Oldenburg, auf ihrem Rücken eine Israel-Fahne. © picture alliance / Hauke-Christian Dittrich

Jüdisches Leben in Norddeutschland wird zunehmend bedroht

Einen Monat nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober ist das Leben der norddeutschen Jüdinnen und Juden nicht mehr wie vorher. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Vormittag | 07.10.2024 | 10:40 Uhr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Reisen mit Muddi "Reisen mit Muddi" eine sechsteilige Miniserie im NDR Fernsehen und in der ARD-Mediathek © Bild: NDR/Boris Laewen

Mediathektipps: "Reisen mit Muddi", "Die Legenden von Paris", "Dinner For Two"

Eine unfreiwillige Reise zu sich selbst, ein dänisches Beziehungsdrama und eine Reihe über die Zeit der Romantik in Paris. mehr