Gegen die Einsamkeit: Sorgentelefone über Weihnachten erreichbar
Viele Menschen fühlen sich einsam - besonders jetzt, wenn die Weihnachtsfeiertage vor der Tür stehen. Die klassische Telefonseelsorge, aber auch andere Hotlines haben immer ein offenes Ohr.
Weihnachten gilt als Fest der Familie, der Besinnlichkeit in Gemeinschaft. Ein Fest, an dem niemand allein sein sollte. Doch wer allein lebt, keine Familie mehr hat und deshalb oft einsam ist, dem können die Weihnachtsfeiertage ganz schön zusetzen. Das weiß auch Barbara Glöckner von der Diakonie Hamburg. Ihr Rat gegen Einsamkeit an Weihnachten: "Es tut einfach gut, wenn man für einen Moment am Tag einen Menschen am Ohr hat und jemanden, der sich ein bisschen Zeit nimmt und sich interessiert."
Wer an Weihnachten zum Hörer greift und die Hotline der Telefonseelsorge anruft, hat vielleicht Barbara Glöckner und einen anderen Ehrenamtlichen am Ohr. Rund um die Uhr sind hier die Telefone besetzt. Die Anrufer sind so unterschiedlich wie das Leben: "Absolut querbeet. Aus allen Schichten, aus allen Altersstufen. Mit allen möglichen Hintergründen - mitten aus dem Leben", berichtet Barbara Glöckner. Mehr als eine Million Menschen haben in diesem Jahr die Telefonseelsorge in Anspruch genommen. Exakte Auswertungen gibt es noch nicht. Es wird erwartet, dass die Zahl der Kontakte sich verhält wie 2022: Damals waren es 1,2 Millionen.
Auch Kinder unter den Anrufern
Manchmal rufen auch die ganz Kleinen an, berichtet Pastorin Barbara Glöckner: "Es kommt auch vor, dass Kinder anrufen, manchmal auch spät nachts. Die wirken so allein. Oft zeigt sich, dass es Krach, Stress, Konfliktsituationen gibt in der Familie, das erwartete schöne Fest platzt auseinander. Wenn Kinder das erzählen, ist es sehr anrührend, aber auch wenn jegliche anderen Altersstufen am Telefon sich einfinden."
Umgang mit Konflikten
Auch in Gemeinsamkeit kann man sich sehr einsam fühlen, sagt Glöckner. Zwar sind wir an Weihnachten gern mit anderen zusammen. Trotzdem kracht es dann gerne mal - das sei ganz normal. "Es gibt so ein paar praktische Tipps. Deeskalierend wirkt immer, wenn ich merke, dass mir der Draht aus der Mütze fliegt, erstmal aus der Situation rauszugehen, in den Flur zu gehen. Einfach mal ein Stück den Rückzug antreten, um dann die Dinge von einer anderen Sache betrachten zu können", rät die Pastorin.
Silbernetz: Sorgentelefon für Seniorinnen und Senioren
Einfach mal zuhören hilft schon. Das sagen sich auch die Ehrenamtlichen vom Silbernetz. Einem Sorgentelefon, das sich ganz speziell an Seniorinnen und Senioren richtet. Erst seit fünf Jahren existiert das Projekt. Die Nachfrage steige immer mehr, berichtet Elke Schilling: "Beim allerersten Feiertagstelefon waren es fast 400 Anrufe. Jetzt waren es 5.500."
In diesem Jahr rechnet Schilling noch einmal mit einem Fünftel mehr an Anrufen über Weihnachten. Viel Arbeit für die Ehrenamtlichen: "Es ist eben an Weihnachten ganz besonders das Gefühl: Alle Welt rundherum feiert und die Straßen sind leer, man ist wirklich auf sich selbst geworfen", so Schilling. "Dieses 'Aufsichselbstgeworfensein' äußert sich in den Gesprächen, in der Trauer darüber, dass man keinen Kontakt mehr zu den Kindern hat, das die Freunde schon verstorben sind, und man 'übrig geblieben' ist."
Gesprächspartnerin auf Augenhöhe
Manchen Menschen hilft der Hinweis, die eigene Kontaktliste von früher durchzugehen und zu probieren, ob man einen Kontakt von damals noch erreicht. Grundsätzlich möchte Elke Schilling aber keine Tipps geben, denn das gehöre zur Augenhöhe dazu: "Wir sind Gesprächspartner. Als Gesprächpartnerin kann ich natürlich sagen, was ich an der Stelle machen würde. Was für mich in dieser Situation angemessen wäre. Ob das für mein Gegenüber angemessen ist, kann ich dann gucken", erklärt Schilling.