Ein Dorfladen gegen die Einsamkeit in Poppendorf
Die Brüder Maximilian Voß und Philipp Koeppen haben in Poppendorf bei Rostock eine Initiative gegen die Einsamkeit aufgezogen. Im Philosophie-Podcast Tee mit Warum sprechen sie über ihr Projekt, Einsamkeit auf dem Land und den Diskurs der Generationen.
Die Brüder Maximilian Voß und Philipp Koeppen haben ein besonderes Projekt gegen Vereinsamung im Alter gestartet. Gemeinsam mit Senioren, Freiwilligen und Ehrenamtlichen kochen sie Lebensmittel ein und verkaufen die Produkte "wie von Oma und Opa gemacht" in ihrem Dorfladen und online. Alle Einnahmen sollen nach Abzug der Kosten für Personal, Material und Betriebskosten in die Präventionsarbeit gegen Einsamkeit zurückfließen. Neben dem Laden betreiben sie auch ein Café zum Verweilen und bieten viele Kursangebote wie Nähen, Tanzen, Malen oder Töpfern an.
Was genau macht ihr da in Poppendorf?
Maximilian Voß: Gemeinsam mit meinem Bruder Philipp haben wir einen alten Schweinestall übernommen, der freundlicherweise schon von unserem Verpächter komplett ausgebaut wurde. Das ist ein großes Gebäude mit einem Spielplatz davor. Drinnen gibt es eine Keramikwerkstatt, einen Dorfladen, ein Malatelier, ein Café - mit Zapfhahn und Kneipenbetrieb. Philipp ist Sozialarbeiter und ich komme eigentlich aus dem kaufmännischen Bereich - habe viele Online-Unternehmen gegründet. Jetzt ist es so, dass wir uns da mit ganz vielen Menschen treffen und gemeinsam Lebensmittel einkochen - nach alten Rezepten von Oma und Opa. Die Produkte, die dabei rauskommen, die verkaufen wir - bei uns im Hofladen, online über verschiedene Händler und auch in unserem Café.
Das heißt, da kommen Leute, die sich einsam fühlen zusammen, und kochen gemeinsam Marmelade ein?
Philipp Koeppen: Nicht nur Marmelade, sondern wir haben auch Soßen, Chutneys und Suppen dabei. Aber genau, wenn jemand einsam ist, der meldet sich erstmal einfach an. Dann gibt's eine Tasse Kaffee. Man spricht nochmal gemeinsam darüber, wie sich das jeder vorstellt. Und dann kommen wir zusammen und kochen.
Wie seid ihr denn darauf gekommen, dass ausgerechnet das Einkochen von Lebensmitteln gegen Einsamkeit hilft?
Philipp Koeppen: Da wir vor allem Senioren ansprechen wollen, ist das eine Sache, die nicht ganz fremd ist. Das ist etwas, das man vielleicht schon mal gemacht hat. Und vor allem: Beim Kochen kann man einfach gut in Gespräche kommen.
Wie kamt ihr darauf, euch mit genau diesem Thema Einsamkeit auseinanderzusetzen?
Philipp Koeppen: Das ist überall ein Thema: nicht nur bei älteren Menschen, sondern durch die ganze Gesellschaft hinweg. Wir haben bei 'Katapult', einem Medienmagazin aus Greifswald, eine Karte entdeckt, die in ganz Deutschland die Einsamkeit abbildet. Das war sehr eindrücklich. Wir sind in Mecklenburg-Vorpommern als Flächenland auch sehr davon betroffen.
Einsamkeit tritt nicht nur bei Älteren häufiger auf, sondern auch in der Gruppe der 20- bis 30-Jährigen. Gerade in eher ländlichen Gebieten, gibt es auch Probleme mit der Einsamkeit junger Männer. Sind es nur die Älteren, die zu euch kommen?
Maximilian Voß: Ganz am Anfang haben wir uns vorgenommen, mit Senioren zu kochen. Aber mittlerweile haben wir von 14 bis 70 alle Altersgruppen dabei. Wir kriegen schon mit, dass das viele betrifft. Vielleicht nicht immer in gleicher Intensität. Aber das funktioniert ausgesprochen gut, diese unterschiedlichen Altersgruppen zusammenzuführen.
Hat sich durch dieses Miteinandersein etwas im Dorfleben verändert?
Maximilian Voß: Den Eindruck habe ich schon. Ein gutes Beispiel ist unser Frauenfrühstück. Das wurde von einer Dame aus dem Ort wieder ins Leben gerufen. Das gab es schon einmal. Da treffen sich eben auch alle Generationen. Wir sind der Ort, richten das Ganze kulinarisch aus. Aber den Inhalt des Tages oder dieses Frühstücks, das füllen alle aus dem Dorf aus.
Habt ihr in eurer Arbeit beobachten können, ob es Faktoren gibt, die Einsamkeit verstärken?
Philipp Koeppen: In der heutigen Zeit ist es so, dass das ganze Leben etwas anonymer wird. Gerade im Hinblick auf ältere Menschen. Wenn man aus der Arbeit ausscheidet und in die Rente geht, fallen ganz viele soziale Kontakte weg. Die Mehrzahl der Stunden am Tag beschäftigen sich die sozialen Kontakte, die man vorher hatte, weiterhin mit Arbeit und man selbst fällt dort eben raus. Muss dann seine Zeit anders gestalten. Wenn dann nicht der ganze Freundeskreis vorher schon in Rente gegangen ist, kann es da auf einmal zu Einsamkeit kommen. Da ist es manchmal wirklich schwer rauszukommen - gerade jetzt auch in der ländlichen Region. Wir haben seit einigen Jahren das Problem der Landflucht in die Städte. Diejenigen, die auf dem Land bleiben, kann die Einsamkeit treffen, weil die Auswahl der sozialen Kontakte geringer wird.
Die Fragen stellten Denise M'Baye und Sebastian Friedrich im Philosophie-Podcast Tee mit Warum. Das ganze Gespräch hören Sie im Philosophie-Podcast Tee mit Warum.