Ende des Ramadan: Die Freude ist leiser als sonst
In diesem Jahr feiern weltweit zwei Milliarden Muslime das Ende des Fastenmonats Ramadan - natürlich auch die Muslime in Hamburg. Beim Morgengebet am Mittwoch ging das dreitägige Fest des Fastenbrechens los.
8.00 Uhr morgens in der Muhajirin-Moschee in St. Georg. Die Menschen strömen herein, die Stimmung ist feierlich und herzlich. Man lauscht den Gesängen, verbeugt sich zum Gebet. Alle habe ihre feinste Kleidung angezogen, Kinder und Erwachsene, Junge und Alte wünschen sich Eid Mubarak, also "Gesegnetes Fest".
Mehdi Aroui weist Frauen und Männern getrennte Plätze zu und ruft zur traditionellen Spende für Bedürftige auf. Der Vorsitzende der Al Manar-Stiftung für islamische Bildung und Kultur ist in St. Georg, in dieser Gemeinde, aufgewachsen. "Dieser Tag ist ein Festtag", sagt Aroui. "Das ist der Abschluss vom Ramadan, das bedeutet 30 Tage Entbehrung, Gebet für Allah." Und das heißt: Pflicht zum Nichtfasten, zum Gut-essen, vor allem Süßes.
Zuckerfest macht Ende des Ramadan zum besonderen Tag
In den türkischen Gemeinden heißt der Tag auch Zuckerfest. Kein Wunder: Jedes Kind bekommt eine kleine Tüte mit Süßigkeiten, die Jugendliche an den Tagen davor gepackt haben. "Unsere Jugendlichen haben das ganze vorbereitet. Es sind ungefähr 250 Tütchen mit Süßigkeiten für die Kinder, um ihnen eine kleine Freude zu machen - auch die Dekoration mit den Lichterketten und Ballons, das haben unsere Jugendlichen hier gemacht", sagt einer der Ordner. Er arbeitet im Jugendausschuss der Gemeinde.
Die Ordner haben heute alle Hände voll zu tun, die Moschee ist bis auf den allerletzten Platz besetzt, die Menschen beten in den Fluren. Um 8.30 Uhr strömen sie wieder hinaus, die nächste Gruppe wartet schon. Beim Rausgehen darf jeder und jede eine Dattel essen. "Das sind alles gut gelaunte Menschen, die sich freuen. Es ist ein Tag, wo sich die Menschen treffen, Verwandte besuchen, auch die Gräber von toten Menschen. Es ist schon ein besonderer Tag", erzählt Mehdi Aroui.
Harburger Imam leistet Aufklärungsarbeit
Mounib Doukali ist Imam einer Moschee in Harburg: "Man ist als Imam durch die vielen Aufgaben erschöpft, da die meisten Gebete über Nacht stattfinden, aber gleichzeitig ist da auch die Freude, dass wir dieses Fest empfangen und zusammen feiern." Dieses Jahr ist die Freude getrübt, denn im Nahen Osten herrscht Krieg. Seit dem 7. Oktober, den Terrorattacken der Hamas, wächst der Antisemitismus sprunghaft, aber auch Muslime fühlen sich bedroht, oft pauschal in die Extremismusecke gestellt, berichtet Doukali: "Wir haben hier auch Menschen in unserer Gemeinde, die aus der Region, aus Palästina kommen. Sie haben auch viele ihrer Verwandten in den letzten Monaten verloren. Wir fühlen mit ihnen, wir versuchen, auch sie zu begleiten in diesem Leid, aber der Tag des Ramadan-Festes ist ein Tag der Freude."
Die überwältigende Mehrheit der Muslime will als normaler Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden. Mounib Doukali macht Aufklärungsarbeit in seiner Gemeinde, sucht das Gespräch: "Die Menschen sollen und dürfen darüber reden. Das ist, was den Menschen am meisten Angst macht, was dieses Thema angeht: Was darf ich heute sagen, ohne als Extremist oder als antisemitisch bezeichnet zu werden, ohne natürlich eine Gruppierung oder einen Menschen anzugreifen oder zu diskriminieren?"
Dialog ist der erste Schritt für Frieden
In der Muhajirin-Moschee tragen einige Gläubige Palästinensertücher. Direkt im Anschluss an die Gebete findet eine pro-palästinensische Demonstration statt. "Die Menschen sind bedrückt. Lasst uns bitte Solidarität zeigen, ansonsten sehen wir nur Zerstörung und Leid", erzählt Mehdi Aroui. "Wenn wir nicht mehr miteinander reden, dann ist alles verloren, auch zum Beispiel in dieser harten Zeit nach dem 7. Oktober - auch beim Dialog mit den Juden. Wir pflegen da wirklich den Kontakt und sagen: Ihr seid eingeladen, kommt bitte!"
Dieser Tag macht nachdenklich. Man spürt: Die Freude ist leiser als sonst. Wie sagt es Mounib Doukali so treffend: "Der erste Schritt für Frieden ist einfach Dialog, aufeinander zuzugehen und einander kennenzulernen."