Stand: 06.06.2019 09:46 Uhr

Plastikfasten: Nachhaltigkeit im Ramadan

von Alexandra Friedrich

Im Ramadan, dem Fastenmonat im Islam, geht es nicht nur um Verzicht und Enthaltsamkeit, sondern auch darum, zu reflektieren, zum Beispiel das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen und den Umgang mit der Umwelt zu überdenken.

Fastenbrechen an der Technischen Universität Hamburg-Harburg © Interkulturelle AG der Technischen Universität Hamburg-Harburg
Beim gemeinsamen Fastenbrechen an der Technischen Universität Hamburg-Harburg erhoffen sich die Veranstalter einen Austausch zwischen den Menschen.

Die Interkulturelle AG der "Technische Universität Hamburg" lädt einmal im Jahr zum Iftar, dem Fastenbrechen im Ramadan, in die Hochschul-Mensa ein. Es sind aber nicht nur Muslime willkommen, wie AG-Mitglied Sahra Naser erklärt: "Deshalb nennen wir es auch gemeinsames Abendessen, damit alle kommen können. Beim Essen erhoffen wir uns, dass ein Austausch zwischen den Leuten stattfindet, dass die Tische ein bisschen gemischt sind, damit nicht jeder in seiner Gruppe sitzt."

Nachhaltigkeit kann etwas Spirituelles sein

Neben dem interkulturellen Dialog spielt für die Organisatoren auch der Gedanke der Nachhaltigkeit eine große Rolle. Inspiriert hat sie dazu der Verein Nour Energy. Die muslimische Umweltorganisation ruft seit 2017 zum weitestgehenden Plastikverzicht während der Fastenzeit auf - #RamadanPlastikFasten nennt sich die Aktion. Welcher Gedanke dahinter steht, verrät NourEnergy-Mitglied Hella Vogler: "Der menschgemachte Klimawandel wird von den wenigsten geleugnet. Es ist an uns, Bewusstsein zu bilden und nicht destruktiv darin zu sein, sondern konstruktiv. Nachhaltigkeit kann etwas Spirituelles sein, auch für Leute, die nicht spirituell veranlagt sind. Es kann Spaß machen und es kann Menschen zusammenbringen, wie bei einem nachhaltigen Iftar zum Beispiel."

Das Team der muslimischen Umweltschutzorganisation NourEnergy © Nour Energy
AUDIO: Plastikfasten: Nachhaltigkeit im Ramadan (5 Min)

Leitfaden für Iftar-Veranstalter

Das Fastenbrechen findet in der Regel in Gesellschaft statt: im Familien- oder Freundeskreis, oft aber auch in größeren Gemeinschaften - wie etwa Moschee- oder Hochschulgemeinden. Diese Essen, bei denen bis zu 1.000 Menschen zusammenkommen, gehen leider nicht immer ganz umweltfreundlich vonstatten: Es wird häufig Einweggeschirr genutzt, viel Fleisch aufgetischt oder im Überschuss gekocht, sodass nachher ein Großteil im Abfall landet.

Um diesen Problemen entgegenzuwirken, hat NourEnergy den "Green Iftar Guide" erstellt, einen Leitfaden, der sich gezielt an Ausrichtende von Iftar-Veranstaltungen richtet und ihnen - anstatt nur den Zeigefinger zu erheben - konkrete Tipps an die Hand gibt, wie sie das Fastenbrechen nachhaltiger organisieren können. "Letztes Jahr haben wir sehr darauf geachtet, dass wir regionales Essen holen und kein Plastik verschwenden", erinnert sich Sahra Naser. "Und dieses Mal haben wir uns das Motto 'Lean Iftar' überlegt - 'Lean' bedeutet, dass man nicht verschwenderisch sein sollte."

"Wir haben eine Aufgabe auf diesem Planeten"

Ali Özgür Özdil © Ali Özgür Özdil
Ali Özgür Özdil ist Islamwissenschaftler und Religionspädagoge.

Die Interkulturelle AG der TU Hamburg hat das bei ihrem diesjährigen Essen nicht nur praktisch umgesetzt, sondern auch Redner geladen, die das Bewusstsein der Teilnehmenden schärfen sollen, darunter der Hamburger Wissenschaftler Ali Özgür Özdil: "Es wird erzählt, dass der Herrscher Nimrod Abraham ins Feuer werfen will. Er entfacht ein Riesenfeuer, größer als das Osterfeuer. Da kommt eine Ameise, und die trägt einen Tropfen Wasser, um das Feuer zu löschen. Und die Anderen sagen: 'Was kannst Du denn als Ameise mit einem Tropfen Wasser gegen ein so großes Feuer anrichten?' Und die Ameise sagt: 'Ich weiß auch, dass ich das Feuer nicht löschen kann, aber ich will damit zeigen, auf wessen Seite ich stehe.'"

Auch wenn wir uns klein vorkommen angesichts der großen Katastrophen in dieser Welt, müssen wir aktiv werden, meint der Islamwissenschaftler und Religionspädagoge. Und genau diesen Gedanken verfolgt auch NourEnergy, sagt Hella Vogler: "Wir haben eine Aufgabe auf diesem Planeten und der müssen wir uns stellen. #RamadanPlastikFasten ist eine Möglichkeit. Das zu tun und das kann der Anfang von mehr Nachhaltigkeit sein."

Fünf Fragen und Antworten zum Ramadan

1. Was bedeutet Ramadan?
Ramadan leitet sich ab von dem arabischen Wort ramad, was so viel wie "Hitze" und "Trockenheit" des Bodens bedeutet. Neben der Erklärung, der Ramadan verbrenne die Sünden wie die Hitze den Boden, verweist das Wort auch auf das Gefühl von Durst während des Fastens. Zwischen dem Beginn der Morgendämmerung und dem Sonnenuntergang sollen Muslime nicht essen, trinken, rauchen oder Sex haben. Mit einem Abendessen wird das Fasten täglich im Familien- oder Freundeskreis gebrochen (auf Arabisch: Iftar). In Deutschland ist der Ramadan auch ein Monat der interreligiösen Begegnungen beim Iftar.
2. Warum wird gefastet?
Das Fasten geht auf ein koranisches Gebot zurück und gehört zu den sogenannten fünf Säulen des Islam, also zu den zentralen gottesdienstlichen Handlungen im Leben einer Muslimin oder eines Muslims. Es soll die Menschen gottesfürchtig machen, die Seele des Fastenden erfährt dadurch eine Reinigung und Läuterung.
3. Wer muss fasten?
Alle geistig gesunden Muslime, die die Pubertät erreicht haben und damit als mündig gelten. Es sei denn, sie gehen damit gesundheitliche Risiken ein. Reisende zum Beispiel oder Schwangere können die versäumten Fastentage später nachholen.
4. Können Nichtmuslime ihre fastenden Arbeitskollegen unterstützen?
An erster Stelle sollten Nichtmuslime respektieren, wie wichtig diese Zeit für gläubige Muslime ist. Sie können auch fastende Arbeitskollegen unterstützen, indem sie versuchen, sie körperlich weniger zu fordern oder ihnen beispielweise ermöglichen, ihre Arbeitszeiten während des Fastens flexibel zu gestalten.
5. Wie wird am Ende des Ramadan gefeiert?
Ramadan endet traditionell mit einem dreitägigen Fest. Auf Arabisch heißt es Id al-Fitr (Fest des Fastenbrechens), auf Türkisch Seker Bayrami (Zuckerfest). Muslime beginnen das Fest mit einem besonderen Gebet nach Sonnenaufgang. Danach feiern sie gemeinsam in der Familie und mit Freunden.

Weitere Informationen
Schüler melden sich im Unterricht © Fotolia Foto: Robert Kneschke

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 17.05.2019 | 15:20 Uhr

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