Josephine Teske © picture alliance/dpa Foto: Christian Charisius

Einsamkeit an Weihnachten: Hilfe per Instagram

Stand: 22.12.2023 15:20 Uhr

Viele Menschen in Deutschland sind von Einsamkeit betroffen. Was können andere tun, um einsamen Menschen zu helfen? Ein Gespräch mit der Pastorin Josephine Teske.

Josephine Teske erreicht auf ihrem Instagram-Kanal "Seligkeitsdinge" mehr als 40.000 Followerinnen und Follower. Wegen ihres Social-Media-Erfolgs ist sie 2021 in den Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands gewählt worden. Nachdem sie ein paar Jahre in einer Gemeinde im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf war, ist sie inzwischen Pastorin in Hamburg.

Frau Teske, viele Menschen stehen mit Ihnen in Kontakt über Ihren Instagram-Account, wo Sie Inhalte aus Ihrem Leben als Pastorin und als alleinerziehende Mutter teilen. Inwiefern können soziale Medien bei Einsamkeit helfen?

Josephine Teske: Soziale Medien - wie auch immer man zu ihnen stehen mag - führen dazu, dass wir uns mit Menschen verbunden fühlen, dass wir das Gefühl haben, eine andere, uns fremde Person durch den Alltag zu begleiten und sie irgendwie kennenzulernen. Dann haben wir keine Hemmungen mehr, mit ihr in Kontakt zu treten. Es können sich sogar Freundschaften über soziale Medien entwickeln.

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Einsamkeit gibt es nicht nur an Weihnachten, aber dieses traditionelle Familienfest lässt Probleme mit Einsamkeit wie unter einem Brennglas aufscheinen, oder?

Teske: Richtig. Es gibt ja zwei Arten von Einsamkeit. Ich kann inmitten meiner Familie sitzen und kann mich einsam fühlen. Und ich kann ganz alleine in meinem Wohnzimmer sitzen und habe vielleicht nicht mal einen Tannenbaum und bin einsam. Wie auch immer meine persönliche Situation ist - wenn ich Einsamkeit spüre, macht es gar keinen Unterschied, mit wie vielen Menschen ich zusammen bin. Einsamkeit, gerade an Weihnachten, führt uns wie so ein Brennpunkt vor Augen, dass wir alleine sind, manchmal mutterseelenallein. Und dann kommen da alle Gefühle hoch, die wir sonst gerne verdrängen.

Einsamkeit ist bei Weitem kein Problem der älteren Generation. Der ARD-Deutschlandtrend hat ergeben, dass jeder Zehnte sich vor Einsamkeit an Weihnachten oder Silvester sorgt. Besonders verbreitet ist die Sorge bei Jüngeren, nämlich 17 Prozent. Beobachten Sie das auch?

Teske: Ja. Ich beobachte, dass es auch immer mehr Singles gibt. Wenn Freunde zu ihren Familien wegfahren und ich alleine bin - wo bleibe ich dann? Ich glaube, diese Einsamkeit ist ziemlich häufig, sich vielleicht auch getrennt fühlen von der eigenen Familie, nicht nach Hause fahren. Ich glaube auch, dass Corona einen Großteil dazu beigetragen hat.

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Was können andere tun, um einsamen Menschen zu helfen? Und was können Einsame vielleicht auch selbst tun?

Teske: Ich glaube, Gottesdienste an Heiligabend sind immer was Schönes, etwas, was Hoffnung schenkt und auch Gemeinschaft. Vielleicht ist es ein Moment an diesen Weihnachtstagen, in dem man sich weniger alleine fühlt, sich zusammenschließt und offen dafür ist, dass man nicht miteinander verwandt sein muss, um Weihnachten zu feiern.

Was andere tun können? Ich stand heute in der Apotheke, vor mir war eine ewig lange Schlange und eine Frau hielt die ganze Apotheke auf, denn sie erzählte ohne Pause. Erst war ich ein bisschen sauer, denn ich habe eine lange To-do-Liste. Aber dann dachte ich: Was, wenn diese Frau so viel von sich erzählt, weil sie bald einsam ist und weil ihr ab Sonntagabend erst mal niemand mehr zuhören kann? Was ich sagen möchte, ist, dass wir vielleicht gerade in diesen Tagen, kurz vor Weihnachten, offen für die Menschen um uns herum sein sollten, die uns begegnen, mit ihnen reden, ihnen zuhören, anlächeln. Und vielleicht auch - wenn wir dazu in der Lage sind - unsere eigene Haustür öffnen und sehen, ob da jemand in unserer Nachbarschaft allein ist. Wir haben uns schon öfter mal "Hallo" gesagt, und warum soll die oder der nicht vorbeikommen dürfen?

Wie finden diejenigen Trost, die nicht im Glauben verankert sind?

Teske: Ich glaube, an Weihnachten finden auch Nichtgläubige Trost in den Lichtern, die überall in den Fenstern hängen. Vielleicht auch in der Weihnachtsmusik; ich kenne viele nicht-christliche Menschen, die diese Musik trotzdem hören und sie ihnen trotzdem Hoffnung macht. Denn ich glaube, was uns alle eint, ist die Hoffnung, dass es gut wird und dass wir nicht einsam sind, dass da Licht kommt, dass da etwas auf uns wartet, das uns wärmt.

Sie haben vor Kurzem auf Instagram von einem ihrer ersten Weihnachtsgottesdienste als Pastorin in Schleswig-Holstein berichtet. Da waren Sie zunächst allein - wie war das?

Schlimm. Es war der Erste Weihnachtsfeiertag und es kam niemand. Wir wollten gerade die Kirche schließen, da kam noch ein Mann angelaufen, und dann habe ich gesagt: Dann feiern wir jetzt Gottesdienst, als wäre die Kirche voll. Wir haben uns dann Stühle vor den Altar gestellt, haben Weihnachten gefeiert, und ich hab mich sehr einsam gefühlt.

Das Interview führte Philipp Cavert.

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