Buber-Rosenzweig-Medaille für Saba-Nur Cheema und Meron Mendel
Saba-Nur Cheema ist Muslima, Meron Mendel Jude. Zusammen setzt sich das Ehepaar gegen Polarisierung und Hass ein. Dafür sind sie am Sonntag in Hamburg mit der Buber-Rosenzweig-Medaille geehrt worden.
Es ist eine besondere Ehrung für ein außergewöhnliches Ehepaar. Eine Muslima und ein Jude werden für ihr Engagement ausgezeichnet: die Politologin Saba-Nur Cheema und der Historiker Meron Mendel, der Leiter der Anne-Frank-Bildungsstätte in Frankfurt am Main. "In einer Zeit der zunehmenden Polarisierung und des Populismus ist ein auf gegenseitiges Verständnis und Verständigung ausgerichteter Dialog von größter Bedeutung für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt", so Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher bei der Verleihung im Rathaus, die auch das "Jahr der Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit 2025" eröffnet.
Saba-Nur Cheema: Erste muslimische Preisträgerin
Die Buber-Rosenzweig-Medaille wird seit 1968 von den Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit verliehen. Bisherige Preisträger sind etwa Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, Pianist Igor Levit und der Sänger Peter Maffay. Nun geht sie an ein muslimisch-jüdisches Ehepaar. Das ist doppelt bemerkenswert, findet Saba-Nur Cheema sichtlich bewegt: "Für mich ist es auch nochmal etwas ganz Besonderes, als erste muslimische Frau diesen Preis zu erhalten: als Tochter von zwei wunderbaren Menschen, die aus Pakistan als Flüchtlinge hierher gekommen sind."
Die 38-Jährige und ihr 49-jähriger Ehemann machen ihre politische Haltung öffentlich, schreiben zusammen Kolumnen und Bücher, organisieren öffentliche Diskussionen. Und ecken an. "Wir machen unsere Arbeit nicht, um Preise zu bekommen, aber trotzdem ist es ein schöner Moment, gerade wenn man so viel Gegenwind bekommt", sagt Meron Mendel.
"Verstehen unser Arbeit als Pro-Palästina und Pro-Israel zugleich"
Saba-Nur Cheema kämpft als Muslima gegen Antisemitismus, der in Israel geborene Meron Mendel setzt sich für einen palästinensischen Staat ein - das provoziert. Mendel wurde letzten Sommer nach Bekanntgabe des Preises von Josef Schuster, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, kritisiert. Er vertrete eine Minderheiten-Position, die zu oft als allgemeingültig missverstanden werde. Das Ehepaar weist dies zurück, begrüßt aber grundsätzlich die Kritik. Denn eine neue Streitkultur ist ihnen wichtig.
"Es geht uns mindestens darum zu sehen: Welche friedlichen Kräfte gibt es in Israel, welche friedlichen Kräfte gibt es in Palästina? Auf deren Seite wollen wir sein", erklärt Mendel. "Insofern verstehen wir unsere Arbeit als Pro-Palästina und Pro-Israel zugleich."
Gemeinsamer Abendbrot-Tisch als Idealbild für alle Religionen
Ein gemeinsamer Abendbrot-Tisch: Das ist ihr Idealbild für alle Religionen und Anschauungen. Kritik, sagt Mendel, komme schließlich in den besten Familien vor. "Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber wir kritisieren uns auch gegenseitig - und lernen davon". Seine Frau ergänzt: "Vielleicht gibt es Wege, Kritik in Dialog zu münden. Das wünschen wir uns für die Zukunft."
Ihnen gehe es um Zwischentöne, würdigt Kirsten Fehrs, Vorsitzende des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland, in ihrer Laudatio. "Nicht die Auseinandersetzung, sondern der Rückzug führt zur Spaltung", so Fehrs. "Konflikte brauchen Sprache - den Mut, beim Namen zu nennen, was unausgesprochen schwelt und die Atmosphäre vergiftet." Es ginge darum, dem Schmerz beider Seiten gerecht zu werden: dem der Israelis nach den abgründigen Gewaltakten der Hamas am 7. Oktober um dem der palästinensischen Bevölkerung im darauffolgenden Krieg, in dem Tausende durch Hunger, Unterversorgung und Bomben umkamen.
Brücken bauen, um Wunden zu heilen
"Wir müssen stückweise versuchen, die Wunden zu heilen, wieder den Anderen in die Augen zu schauen und sehen, wie wir hier in Deutschland Brücken bauen, um eine bessere Zukunft zu gestalten", sagt Mendel. "Ich hoffe, dass wir die Partnerinnen und Partner finden, um dieses Projekt wieder ins Rollen zu bringen."
Dieses Ehepaar steht für Hoffnung. Saba-Nur Cheema und Meron Mendel eröffnen Sprachräume für Zwischentöne.
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