Hamburg und seine Bunker: Die Besonderheit der Zombeck-Türme
Aus der NS-Zeit stehen in Hamburg noch neun von einst elf Zombeck-Türmen. Diese Turmbunker sind aus Beton, haben aber eine Klinkerfassade, die kegelförmigen Dächer Dachpfannen. Ein Blick auf damals und heute.
Mehr als 1.000 Bunker haben die Nationalsozialisten mit und kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs in Hamburg errichten lassen. Viele sind Hochbunker, die auch heute zum Stadtbild dazugehören. Die meisten sind Röhrenbunker, die unter der Erde liegen. Rundbunker wurden damals ebenfalls zahlreich gebaut. Rund sind auch die elf Luftschutztürme, die nach ihrem Konstrukteur Paul Zombeck benannt sind. Neun von ihnen stehen heute noch. Dieser Hochbunker-Typ ist normiert. Das heißt, die grundlegenden Daten sind gleich. 1937 ließ Zombeck seine Türme patentieren.
Gut getarnt an strategisch wichtigen Orten gebaut
Zu finden sind die Zombeck-Türme vor allem an Verkehrsknotenpunkten, etwa Bahnhöfen und Brücken. Dort sollten sie bei Luftalarm die schutzsuchenden Fahrgäste von angehaltenen Zügen aufnehmen. Die Form der Türme entspricht einem sich nach oben leicht verjüngenden Zylinder. Aufgrund ihrer Bauart fielen die Zombeck-Türme bei Luftangriffen der Alliierten nicht so sehr auf. Sie bestehen aus Beton, ihre Fassade zu Tarnzwecken jedoch aus Klinkersteinen.
Auch das kegelartige Dach, das Bomben abweisen soll, ist aus Beton. Ähnlich wie das Dach eines Wohnhauses hat es Dachpfannen. Die Türme gelten als splitter- und explosionssicher. Zudem waren sie ursprünglich mit einer Gasschleuse ausgestattet. Oft sind sie im Eingangsbereich individuell verziert. Auch der Reichsadler ist dort zu finden. Hakenkreuze wurden später entfernt.
Alle Zombeck-Türme in Hamburg haben dieselben Maße
Zombeck entwickelte verschiedene Typen seiner Türme. In Hamburg wurden ausschließlich Türme vom Typ B I gebaut. Sie alle sind 22,5 Meter hoch, haben am Boden eine Wandstärke von zwei Metern und weisen 5,5 Windungen der Rampe auf, was der Zahl von Etagen entspricht. Der Außendurchmesser beträgt 12,20 Meter.
Kennzeichen innen: Spiralförmige Rampe
Zombeck-Türme zeichnen sich durch ihre spiralförmig angelegte Rampe im Turminneren aus. Ronald Rossig hat das Innere für den Verein Unter Hamburg dokumentiert. Die Struktur ähnelt der eines Schneckenhauses. Die Rampe dient dem Vorankommen, aber auch zum Aufenthalt. Toiletten und Waschräume liegen auf einer horizontalen Plattform im Kern des Turms. Bis zu 500 Menschen sollten einst in jedem dieser Schutztürme Platz finden. Mitunter drängten sich zu Kriegszeiten jedoch fast doppelt so viele in einem Gebäude.
Nur ein Zombeck-Turm ohne Denkmalschutz
Acht der neun noch existierenden Türme stehen unter Denkmalschutz. Lediglich der Zombeck-Turm an der Borgfelder Allee wurde laut Marianne Kurzer, Pressereferentin der Kulturbehörde, nicht als Denkmal eingestuft. Dieser Turm sei zu stark verändert worden, etwa durch Fensteröffnungen und Nottreppen. Kurz nach dem Krieg erfolgte der Umbau zu einem Hotel, später beherbergte der Turm ein Bordell. Seit einiger Zeit werden dort stundenweise Zimmer vermietet
Drei Türme werden als Restaurant, Bar und Tonstudio genutzt. "Andere stehen leer, neue Nutzungen gestalten sich schwierig, da Denkmal- und Brandschutzbestimmungen kaum etwas zulassen und wenn, die Kosten für dementsprechenden Herrichtungen so hoch wären, dass es nicht wirtschaftlich darstellbar ist", berichtet Lars Vieten, Pressesprecher des Immobilienunternehmens Sprinkenhof GmbH, die Eigentümerin des Zombeck-Turms in Barmbek ist. Auch zur Nutzung als Lager seien sie aufgrund der Schneckenform im Inneren nicht gut nutzbar.
Ort | nähere Beschreibung | Baujahr | Aktuelle Nutzung (Stand: 9/2024) |
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Vorsetzen 70 | zwischen den U-Bahnstationen Baumwall und Landungsbrücken | 1940 | Restaurant |
Rothenbaumchaussee 2 | gegenüber des Dammtor-Bahnhofs an der Moorweide | 1940 | Bar |
Wiesendamm 7 | am S- und U- Bahnhof Barmbek | 1939 | - |
Sternschanze 7 | am S- und U- Bahnhof Sternschanze | 1940 | - |
Hasselbrookstraße 174 | an der S-Bahnstation Hasselbrook | 1940 | - |
Borgfelder Allee 3 | nahe des S- und U- Bahnhofs Berliner Tor | 1939/40 | stundenweise Vermietung von Zimmern |
Billhorner Brückenstraße 41 | an der damaligen U-Bahnstation Brückenstraße | 1940/41 | Tonstudio |
Peutestraße 1 (Veddeler Marktplatz) | nahe den Elbbrücken am Südufer der Norderelbe | 1940 | - |
Prielstraße 9 / Veddeler Elbdeich | nahe den Elbbrücken am Südufer der Norderelbe | 1941 | - |
Turm am Hauptbahnhof weicht ZOB-Ausbau
Nicht mehr vorhanden ist der 1940 errichtete Turm am Zentralen Omnibusbahnhof in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs an der Brockesstraße in St. Georg. Zuletzt war dort ein Schnellimbiss untergebracht. Wegen Umbauarbeiten des Platzes gegenüber des Museums für Kunst und Gewerbe wurde er im Jahr 2002 zusammen mit den aus der Nachkriegszeit stammenden Anbauten abgerissen. Der neu gestaltete Busbahnhof wurde 2003 eröffnet. Etwa sechs Millionen Fahrgäste jährlich starten von dort aus ihre Reisen.
Streit über Standort des Zombeck-Turms in Ottensen
Bereits am 9. November 1951 wurde der Zombeck-Turm im Stadtteil Ottensen in der damaligen Bismarckstraße - heute Ottensener Hauptstraße - gesprengt. Bereits vor der Bauphase hatte es heftige Diskussionen um den Turm gegeben, denn er entstand auf einem jüdischen Friedhof.
"Besonders makaber ist die Entstehung des Spitzturmbunkers [...]. Der im Volksmund genannte Mäusebunker wurde auf einem jüdischen Friedhof errichtet und die Grabsteine gleich als Baumaterial verwendet." "Winkelblick - Das Magazin für Ottensen" (November 2009)
Nach der Sprengung zog der Hertie-Konzern an der Stelle ein Kaufhaus hoch. 1988 verkaufte das Unternehmen das Gelände. Bei Bauarbeiten für das neue Mercado-Einkaufszentrum wurden Reste von alten Grabsteinen und menschliche Knochen freigelegt. Weit über die Grenzen Hamburgs hinaus folgte ein langer Streit, wie mit dem Grundstück umgegangen werden soll. Die Baupläne wurden daraufhin stark verändert. 1995 schließlich wurde das Mercado eröffnet - Gedenktafeln informieren nun über die Geschichte des Friedhofs und der Toten.
Karte: Standorte der Hamburger Zombeck-Türme
Ringtreppentürme: Ähnlich, aber doch anders
Außer Hamburg gibt es noch wenige andere Städte, in denen ein Zombeck-Turm steht, etwa in Flensburg und Wilhelmshaven. Auch im norwegischen Trondheim wurden die Türme in der NS-Zeit gebaut. In Berlin steht ein Turm, der statt einer Rampe Treppen hat und demnach eher ein sogenannter Ringtreppenturm ist. Ein solcher hat zudem noch mehrere Eingänge. Es ist davon auszugehen, dass in Hamburg damals zwei Ringtreppentürme gebaut wurden. Die Schutzanlage im Rosshafen existiert seit 2009 nicht mehr.
Somit ist der Ringtreppenturm am Worthdamm / Arningstraße der einzige seiner Art in der Hansestadt. In einigen Quellen wird der Bau zwar als Zombeck-Turm eingestuft, korrekterweise handele es sich aber um einen Ringtreppenturm, so Experte Rossig vom Verein Unter Hamburg. "Nach Bauart Puls und Richter" heißt es in der Dokumentation "Ringtreppenturm Rosshafen" von Michael und Christel Grube. Der Bunker sei 1941 für 375 Personen in einem Industrieareal errichtet worden und verfüge über drei Eingänge samt Schleusen und Treppen, erklärt Pressereferentin Kurzer von der Kulturbehörde. Heute steht der Turm auf einem Firmengelände. Das Unternehmen nutzt ihn eigenen Angaben zufolge aber nicht.
Keine Winkel-Türme in Hamburg gebaut
Im Gegensatz zu anderen norddeutschen Städten wie Bremen, Hannover oder Lübeck wurden in Hamburg keine Türme gebaut, die auf den Konstrukteur Leo Winkel zurückgehen - nur Zombeck-Türme, Ringtreppentürme oder ähnliche Konstruktionen. Die Winkel-Türme unterscheiden sich von Zombeck-Türmen deutlich. Unter anderem laufen sie nach oben hin deutlich spitzer zu, auch das Dach ist spitzer, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Sie wurden von der Bevölkerung deshalb auch "Zuckerhut" oder "Betonzigarre" genannt. Vermutlich habe es in Hamburg eine Art Wettbewerb gegeben, bei der sich Zombeck gegen Winkel durchgesetzt hat, so Klaus Pinker vom Verein Hamburger Unterwelten.
Weitere Rundschutzbauten in der Hansestadt
Neben den Turmbunkern gibt es noch andere Rundschutzbauten in der Hansestadt, die meist aus den Jahren 1940 und 1941 stammen und in der Regel eingeschossig sind. Dazu zählen drei denkmalgeschützte Bauten: die Rundbunker am Rüschweg und an der Ostfrieslandstraße in Finkenwerder sowie das Schutzgebäude an der Rönneburger Straße / Ecke Schneverdinger Weg in Wilstorf. Teils im Boden eingelassen ist der Bunker an der Schwarzenbergstraße in Harburg. Der Rundbunker am Papenbrack in Wilhelmsburg steht leer, um ihn herum ist ein Spielplatz gebaut worden. Der Rundbunker am Bauerberg im Stadtteil Horn hingegen wurde 2021 abgerissen.