Stand: 16.01.2017 16:30 Uhr

Der vergessene Abenteurer: Friedrich Gerstäcker

Friedrich Gerstäcker © dpa
Er arbeitete als Heizer und Jäger, nahm am Goldrausch teil und segelte auf einem Walfänger in die Südsee: Friedrich Gerstäcker.

"Was mich so in die Welt hinausgetrieben? Will ich aufrichtig sein, so war der, der den ersten Anstoß dazu gab, ein alter Bekannter von uns allen, und zwar niemand anders als Robinson Crusoe", erklärte Friedrich Gerstäcker zwei Jahre vor seinem Tod. Der Abenteuerroman hatte den damals Achtjährigen offenbar so fasziniert, dass ihn das Fernweh sein Leben lang umtrieb. Die Abenteuer, die er auf seinen Reisen erlebte, verarbeitet er später in mehreren Romanen.

"Ich durchzog die ganzen Vereinigten Staaten"

Geboren wird Gerstäcker am 10. Mai 1816 in Hamburg. Sein Vater, ein bekannter Operntenor, stirbt früh. Die Mutter, eine ehemalige Schauspielerin, zieht mit den Kindern nach Braunschweig, wo Gerstäcker zur Schule geht. Eine kaufmännische Lehre bricht er ab, später absolviert er eine landwirtschaftliche Ausbildung auf einem Rittergut bei Grimma. 1837 zieht es den 21-Jährigen endgültig in die Ferne: Auf einem Auswandererschiff setzt er nach New York über. Sechs Jahre reist er durch das Land, arbeitet unter anderem als Heizer auf einem Mississippi-Dampfer, als Farmer, Holzfäller und Silberschmied: "Ich durchzog die ganzen Vereinigten Staaten quer durch von Kanada bis Texas zu Fuß, arbeitete unterwegs, wo mir das Geld ausging, und blieb endlich in Arkansas, wo ich ganz und allein von der Jagd lebte, bis ich dort halb verwilderte."

Zum Goldrausch nach Kalifornien

Der französische Schauspieler Pierre Brice als stolzer Apachen-Häuptling "Winnetou" in einer Szene des Karl-May-Films "Winnetou 3". © picture Alliance
Karl Mays Figur des Winnetou basiert auf einem Indianer, den Gerstäcker in einem seiner Romane beschrieb.

Nachdem er als Hotelier ausreichend Geld für die Heimfahrt verdient hat, kehrt Gerstäcker 1843 nach Deutschland zurück und schreibt seine ersten Bücher. Sie sind sehr erfolgreich: In den 1850er-Jahren gehört Gerstäcker zu den beliebtesten Abenteuer-Schriftstellern, Bücher wie "Die Flusspiraten des Mississippi" und "Die Regulatoren in Arkansas" sind Bestseller und werden ins Englische übersetzt. Doch obwohl er 1845 heiratet und eine Familie gründet, hält es ihn nicht dauerhaft in der Heimat. 1849 bricht Gerstäcker erneut auf. Er reist nach Südamerika, dann weiter nach Kalifornien. Dort erlebt er den Goldrausch und macht sich wie Tausende andere Hoffnung auf den großen Fund. Doch schon bald erkennt er: "Mit den Goldminen ist es Essig, und wenn auch Einzelne ihr Glück machen, muss die Mehrzahl doch nachsehen, wie die Wenigen, die das große Los gezogen haben, mit ihrer Beute abziehen."

Gerstäcker steigt schließlich auf einen Walfänger, der ihn in die Südsee mitnimmt. Über Australien und Java kehrt er 1852 erneut nach Deutschland zurück, wo er sich in Braunschweig niederlässt. Wirklich sesshaft wird der Schriftsteller in Deutschland aber nicht, mehrmals unternimmt er weitere lange Reisen. 1872 will er nach Asien aufbrechen, doch noch während der Vorbereitungen stirbt Gerstäcker im Alter von 56 Jahren.

Karl May ließ sich von Gerstäcker inspirieren

Nach seinem Tod gerät der Abenteurer schnell in Vergessenheit, doch einer seiner begeisterten Leser ist Karl May: Er imitiert ganze Passagen aus Gerstäckers Büchern, verwendet an vielen Stellen sowohl Landschaftsbeschreibungen als auch ganze Figuren aus dessen Romanen. So ähnelt etwa Winnetou einem Indianer aus den "Regulatoren von Arkansas".

"Friedrich Gerstäcker Day" in den USA

Auswanderermuseum "BallinStadt" in Hamburg, Außenansicht © dpa
Eine Ausstellung im Auswanderermuseum Ballinstadt erinnert an den fast vergessenen Schriftsteller.

Eine Plakette an Gerstäckers Geburtshaus in der Hamburger Poststraße 19 erinnert an den heute wenig bekannten Schriftsteller. Das Gerstäcker-Museum in Braunschweig musste 2016 schließen. In Arkansas wurde der deutsche Schriftsteller 1957 posthum zum Ehrenbürger erklärt, seit 1986 gilt dort zudem der 10. Mai offiziell als "Friedrich Gerstäcker Day". Das verfügte der damalige Gouverneur des US-Bundesstaates, Bill Clinton.

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Dieses Thema im Programm:

Niedersachsen 18.00 | 13.11.2003 | 18:00 Uhr

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