Adolf Grimme: Ein Kämpfer für die Bildung
Adolf Grimme war einer der großen Bildungspolitiker der jungen Bundesrepublik. Bis 1956 leitete er den Nordwestdeutschen Rundfunk. Der nach ihm benannte Grimme-Preis gehört zu den höchsten deutschen Medien-Auszeichnungen.
Adolf Grimmes Lebensweg ist ungewöhnlich verschlungen. Geboren wird der Sohn eines Bahnbeamten und einer tief religiösen Mutter am 31. Dezember 1889 in Goslar im Harz. Nach seinem Studium der Philosophie und Germanistik in Halle, München und Göttingen arbeitet Grimme zunächst als Studienassessor in Leer, ab 1919 als Studienrat in Hannover. Er engagiert sich - trotz konservativen Umfelds - als Reformpädagoge und will auch Arbeiterkindern den Weg zum Studium ermöglichen.
Erste Schritte in die Politik
Kurze Zeit ist er Mitglied der liberalen Deutschen Demokratischen Partei, Anfang der 1920er-Jahre führt ihn sein Weg in die SPD. Er irritiert manchen Parteigenossen mit seinem Bekenntnis zum "religiösen Sozialismus" und seiner Maxime: "Als Sozialist kann ich Christ sein, aber als Christ muss ich Sozialist sein."
Über seine Arbeit in der Schulverwaltung kommt Grimme 1927 ins preußische Kulturministerium. 1930 steigt er in Berlin zum Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung auf. Es wird jedoch nur eine kurze Amtszeit: Bereits 1933 entheben die Nationalsozialisten ihn seines Amtes.
Rückzug und Verhaftung im "Dritten Reich"
Bereits 1932 hatte Grimme in mutigen Reden vor der "gefährlichen Rolle des Herrn von Papen als Steigbügelhalter Adolf Hitlers für dessen Ritt in den Krieg" gewarnt. Trotzdem emigriert er nicht. Er bleibt in Deutschland, zieht sich zurück, arbeitet als Korrektor. 1942 führt die Gestapo eine Hausdurchsuchung durch und findet ein vom Widerstandskämpfer Arvid Harnack verfasstes Flugblatt. Daraufhin wird Adolf Grimme am 11. Oktober 1942 festgenommen. Vor dem Reichskriegsgericht fordert der Anklagevertreter die Todesstrafe für Grimme. Dieser wird Anfang Februar 1943 schließlich "wegen Nichtanzeige eines Vorhabens des Hochverrats" und seiner Verbindungen zu der Widerstandsgruppe "Rote Kapelle" zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt und in Luckau und Hamburg-Fuhlsbüttel inhaftiert.
Im Mai 1945 wird Grimme aus dem Hamburger Gefängnis befreit. Am 15. September 1945 erstattet er Anzeige gegen den NS-Richter Manfred Roeder wegen Beteiligung an den Urteilen gegen 49 Mitglieder der Roten Kapelle sowie Dietrich Bonhoeffer, Hans von Dohnanyi, Arvid Harnack und andere. Das Verfahren kommt jedoch nie wirklich in die Gänge, denn die Juristen der Staatsanwaltschaft Lüneburg sind aus der Nazi-Zeit vorbelastet. So wird es bis Ende der 1960er-Jahre verschleppt und letztlich eingestellt.
Politischer Neustart nach Kriegsende in Hannover
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nimmt Grimme seine bildungspolitische Arbeit schnell wieder auf - zunächst als Leiter der Kultusabteilung im Oberpräsidium in Hannover. 1946 wird er erster niedersächsischer Kultusminister und widmet sich dem Wiederaufbau des Schulwesens, der Neuorganisation von Wissenschaft und Kultur. In dieser Funktion wird er 1948 in den Verwaltungsrat des neu gegründeten Nordwestdeutschen Rundfunks Hamburg und Köln (NWDR) berufen. Kurz darauf leitet er den NWDR als Generaldirektor - ein Amt, das in etwa dem des heutigen Intendanten entspricht.
Programmatische Antrittsrede zum Wert des Rundfunks
Der Rundfunk als "Kompass", das Radio als "Helfer, sich auf den Sinn des Lebens wieder zu besinnen": Mit diesen programmatischen Worten tritt Adolf Grimme sein neues Amt in Hamburg an. Seine Rede erscheint damals unter dem Titel "Das Ethos des Rundfunks" und wird vielfach zitiert.
Der Erfolg Grimmes' Amtsführung beim NWDR gilt als umstritten. Einige Stimmen werfen ihm Entscheidungsschwäche und unnötige Bürokratie vor. Gleichzeitig wird er als vehementer Verteidiger der neuen Rundfunkfreiheit bewundert, weil Grimme gegen alle Einwände der Politik auf die erzieherischen und bildenden Aufgaben des Mediums pocht.
Ruhestand zur Auflösung des NWDR
1956 tritt Grimme in den Ruhestand, nachdem der NWDR zum Jahreswechsel 1955/56 aufgelöst und die beiden eigenständigen Rundfunkanstalten NDR und WDR gegründet werden. Nach schwerer Krankheit stirbt Adolf Grimme am 27. August 1963 in Degerndorf am Inn. Auf dem Stadtfriedhof Engesohde in Hannover liegt er begraben.
Von 1947 bis zu seinem Tod ist Grimme in zweiter Ehe mit der geschiedenen Ehefrau des niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhlem Kopf, Josefine, verheiratet gewesen. Eine frühere Ehe mit Mascha Brachvogel dauert von 1916 bis nach dem Zweiten Weltkrieg.
Ehrungen nach seinem Tod
Nach ihm ist der Grimme-Preis benannt, mit dem seit 1964 alljährlich herausragende Fernsehproduktionen in verschiedenen Kategorien gewürdigt werden. 1973 wird das ebenfalls nach ihm benannte Grimme-Institut in Marl (Nordrhein-Westfalen) gegründet, das seit 1977 die Preisverleihungen organisiert und durchführt. Seit 2001 wird zudem der Grimme Online Award vergeben.
Anlässlich von Grimmes 50. Todestag im Jahr 2013 wird die André-Mouton-Realschule in Goslar-Oker auf seinem Namen umgewidmet, sie heißt seitdem Adolf-Grimme-Gesamtschule.