Als Schläge noch normal waren - 60 Jahre Kinderschutzbund
Ab und zu einen drauf: Für viele Kinder bis in die 1980er-Jahre täglicher Teil der Erziehung. Der Kinderschutzbund wollte das ändern. "Hilfe statt Strafe" hieß die Kampagne damals.
Seit 1961 gibt es den Kinderschutzbund in Schleswig-Holstein. Rund zehn Jahre nach der Gründung ist Eberhard Schmidt-Elsäßer dazugestoßen. Später hat er Jura studiert, Karriere gemacht, war Staatssekretär. Aber wenn er seine Heimatstadt Itzehoe (Kreis Steinburg) besucht, dann reist er zurück in die Zeit, als alles angefangen hat. Er erzählt von einer Zeit, in der Kinder keine Lobby hatten und schon gar kein Mitspracherecht. Fast 50 Jahre ist das her. Eberhard Schmidt-Elsäßer war damals gerade 18 Jahre alt und aktiv in der katholischen Jugend, als er auf eine Arbeitsgruppe stieß, in der auch der Kinderschutzbund mitarbeitete. Das Thema: "Wie kinderfreundlich ist Itzehoe?". Schmidt-Elsäßer wurde direkt zum Leiter gewählt. "Es ging um Spielplätze, aber auch darum, einen Ort für Kinder zu schaffen, an dem sie unbeschwert Zeit verbringen können. Denn nach der Schule waren viele Kinder sich selbst überlassen, wenn die Eltern arbeiten oder sich aus anderen Gründen nicht um sie kümmern konnten. Das war die Umbruchszeit nach den 68ern. Da war der Wille, es muss sich was ändern in dieser Gesellschaft. Auch für Kinder", erzählt Eberhard Schmidt-Elsäßer.
Kindern eine Perspektive geben
Heute betreibt der Kinderschutzbund in Itzehoe die Kita "Blauer Elefant", sie ist in einem Altbau am Markt untergebracht. Eberhard Schmidt-Elsäßer war dabei, als alles mit einem Provisorium angefangen hat: "Wir haben damals einen Abenteuerspielplatz gebaut und in einer Baracke eine Art Kinderhort gegründet - alles ehrenamtlich." Zu Beginn kamen zehn Kinder. Doch bald waren es hundert. Und die Stadt gab Geld für Honorarkräfte. "Kinderarmut war auch damals ein Thema. Es ging darum, die Kinder da für ein paar Stunden rauszuholen", erzählt Schmidt-Elsäßer der heutigen Leiterin des Kinderhauses.
Hilfe statt Strafe - Familiensysteme entlasten
1981 läuft ein Beitrag im NDR - gedreht auf einer Veranstaltung des Kinderschutzbundes. "Positive Prügel?" lautet der Titel. Ob es "manchmal was draufgebe", fragt der Reporter Kinder und Eltern. "Klar" ist oft die Antwort. Die Schläge würden gar nicht so weh tun, erzählt ein Junge. Es sei mehr die Seele, die dann schmerze. Genau da wollte damals der Kinderschutzbund Aufklärungsarbeit leisten, startete die Kampagne "Hilfe statt Strafe" und setzte sich für die Stärkung der Kinderrechte ein. 1989 wurde die UN-Kinderrechtsresolution verabschiedet. Seit 2001 haben Kinder in Deutschland einen rechtlichen Anspruch auf gewaltfreie Erziehung. Die Profis und Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler des Kinderschutzbundes sind heute landesweit aktiv. Die 28 Orts- und Kreisverbände haben mehr als 3400 Mitglieder.
Kinderrechte weiter stärken
Auch Eberhard Schmidt-Elsäßer ist im Ruhestand erneut beim Kinderschutzbund eingestiegen, ehrenamtlich und diesmal als Schatzmeister. Seit 2010 sind Kinderrechte zwar Teil der Landesverfassung, aber "Kinder und ihre Bedürfnisse werden immer noch zu wenig wahrgenommen. Die Pandemie hat das sehr deutlich gezeigt", sagt er. Mehr Teilhabe, mehr Schutz vor physischer, psychischer und sexueller Gewalt und weniger Kinderarmut, das seien die Themen, die den Kinderschutzbund bis heute beschäftigen - 60 Jahre nach seiner Gründung in Schleswig-Holstein.