Stand: 16.07.2012 21:45 Uhr

Wer war schuld am "Altonaer Blutsonntag"?

Anhänger der Nationalsozialisten marschieren am 17. Juli 1932 in Altona.
7.000 Nazi-Anhänger marschieren durch Altona - die Demo endet mit einem Polizei-Massaker an den Anwohnern.

"Denen in Klein Moskau werden wir es schon zeigen", lautet die Parole der Männer von Hitlers SA und SS. 7.000 Nazis aus ganz Norddeutschland marschieren am 17. Juli 1932 durch Altona. Die Machtdemonstration der Braunen im roten Altona endet in einer schrecklichen Schießerei. 18 Menschen sterben an diesem Tag, der als "Blutsonntag" in Hamburgs Geschichte eingeht. Damals, wenige Monate vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, gehört Altona noch zu Schleswig-Holstein. Vor allem Arbeiter leben dort - Altona gilt als Hochburg der Kommunisten und Sozialdemokraten.

Anhänger der Nationalsozialisten marschieren am 17. Juli 1932 in Altona.
AUDIO: "Denen in Klein Moskau zeigen wir es!" (3 Min)

War die Eskalation absehbar?

Eigentlich hätten sich die zuständigen Stellen damals denken können, dass die Nazi-Demonstration einen schlimmen Verlauf nehmen könnte - doch die Aktion wird nicht verboten. Also marschieren die SA-Leute und NSDAP-Sympathisanten durch Altona - mitten im heißen Reichstags-Wahlkampf 1932. Sie rufen ihre Parolen und singen antisemitische Lieder, Passanten werden zusammengeschlagen. Kommt es, wie es kommen sollte? Es gibt schwere Auseinandersetzungen zwischen linken Anwohnern und rechten Demonstranten. Irgendwann fallen Schüsse - zwei Männer aus den Reihen der Nationalsozialisten liegen blutüberströmt auf der Straße. Die Polizei behauptet später, der Demonstrationszug und die ihn sichernden Beamten seien von Dächern und aus Fenstern heraus beschossen worden. Polizisten feuern in die umliegenden Häuser - mehr als 5.000 Schuss sollen die Ordnungshüter abgegeben haben. Es ist ein Blutvergießen. 16 Anwohner sterben.

Vier Todesurteile gegen Kommunisten

Gedenktafel in Hamburg-Altona, die an vier Männer erinnert, die wegen des "Blutsonntags" zum Tode verurteilt worden waren. © dpa - Report Foto: Jens Ressing
Erst Jahrzehnte nach ihrer Hinrichtung werden vier angebliche Aufrührer rehabilitiert - inzwischen erinnert ein Denkmal an die vier Schauprozess-Opfer.

In einem Schauprozess nach der Machtergreifung 1933 lassen die Nazis vier Kommunisten zum Tode verurteilen. Sie sollen angeblich schuld sein an den Geschehnissen am "Altonaer Blutsonntag". Die Männer werden hingerichtet. Doch es gibt keine echten Beweise, dass sie es waren, die auf die demonstrierenden Nationalsozialisten und die sie begleitenden Polizisten feuerten. Und es gibt sogar Zweifel, dass es überhaupt die politischen Gegner der Nazis waren, die zuerst auf den Demonstrationszug schossen. Denn die zwei SA-Männer starben offenbar durch Kugeln aus Karabiner-Gewehren - und solche Waffen sollen damals nur die Polizisten gehabt haben. Die 16 Anwohner, die in dem folgenden Scharmützel ums Leben kamen, wurden jedenfalls durch Polizeigewehre getötet. Das räumte später auch der Polizeileutnant Schieritz ein, der den Schießbefehl gab. "Wir wurden ja auch beschossen." Fraglich ist allerdings, wie stark sich die Polizisten wirklich in Gefahr sahen. Und wie viele von ihnen in die Häuser der "Kommunisten und Sozis" zielten, weil sie selbst politisch eher den Nazis näherstanden.

"Blutsonntag" spielt NSDAP in die Hände

Hitlers NSDAP dient jedenfalls der "Blutsonntag" sehr. Denn wenige Tage nach dem Massaker enthebt Reichskanzler Franz von Papen in einem Staatsstreich die sozialdemokratische Minderheitsregierung Preußens, zu dem Altona gehört, ihrer Macht. Sie sei für die Eskalation am 17. Juli verantwortlich gewesen. Damit war eine der letzten Hürden für die Nationalsozialisten auf ihrem Weg an die Macht aus dem Weg geräumt.

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