Traditionelle Feste und Gebräuche auf dem Land
Dorffeste sind seit jeher mehr als bloßes Beisammensein. Hier werden Geschäfte vereinbart und Kontakte geknüpft. Beliebter Treffpunkt war lange der Dorfkrug. Aber auch auf den Höfen wurde gefeiert.
Hart arbeiten und kräftig feiern - das gehört auf dem Land traditionell zusammen. Fünf Feste mit Musik und Tanz prägten den Verlauf des Jahres: Weihnachtsball, Osterball, Ernte- und Kinderfest sowie der Silvesterball. Dorffeste sind seit jeher mehr als bloßes Beisammensein. Hier werden Geschäfte gemacht, Kontakte geknüpft, Traditionen bewahrt und überliefert. Noch heute ist das Schützenfest in vielen Dörfern die wichtigste Veranstaltung des Jahres. Und doch hat sich vieles verändert. In früheren Zeiten winkten dem König wertvolle Preise und Privilegien. Im besten Fall wurde er für ein Jahr von der Steuer befreit. Viel mehr als Traditionspflege ist davon nicht geblieben.
Vom Markt zur Kirmes
Die heutige Dorfkirmes geht auf Vieh- und Handwerksmärkte zurück. Sie brachten Neues ins Dorf, aktuelle Züchtungen und moderne Geräte. Ob Kaufinteressent oder nicht, Märkte boten für alle Abwechslung im monotonen Landleben. Und mancher Markt war auch als Heiratsmarkt bekannt.
Der Dorfkrug als Treffpunkt
Der Dorfkrug war Jahrzehnte das Kommunikationszentrum des Ortes. Viele Gasthäuser entwickelten sich aus Schnaps-Ausgabestellen für Landarbeiter. Später begossen Dorfbewohner dort Geschäfte, feierten und trafen sich nach Beerdigungen.
Und heute? Vorbei die Zeiten. Das zweite Wohnzimmer der hauptsächlich männlichen Bevölkerung bleibt häufig leer oder musste bereits schließen. Viele Menschen sitzen zu Hause gemütlich vor dem Fernseher und wer ausgeht, stellt Ansprüche. Vom Getränkeverkauf allein kann kein Wirt mehr überleben. So sind nur wenige Landgasthöfe geblieben, die auch gute Küche bieten. Junge Leute nutzen ihre Mobilität im eigenen Auto und lassen sich vom großen Unterhaltungsangebot in die nächste Stadt locken.
Bauernhochzeiten: "Hektar zu Hektar"
Bauernhochzeiten gehörten zu den wichtigsten gesellschaftlichen Ereignissen im Dorf. Bauernsöhne oder -töchter heirateten nicht irgendjemanden. Wichtig war, dass die Verbindung auch wirtschaftlich passte: "'Prüfe, wer sich ewig bindet, dass sich Hektar zu Hektar findet'. Da wurde schon sehr viel Wert drauf gelegt", erinnert sich Johanna Böse, Bäuerin aus Eißel an der Weser, in der NDR Dokumentation "100 Jahre Landleben". Bei der Vorbereitung der Hochzeiten half das halbe Dorf mit. Tage vorher kamen die Frauen der Nachbarhöfe und kochten oder flochten Schmuckkränze aus Tannengrün, Buchsbaum und weißen Blumen.
Feiern mit den Nachbarn
"Am Hochzeitstag holte der Bräutigam seine Braut ab. Dann gab's erstmal Frühstück mit reichlich Alkohol. Da war man gar nicht zimperlich", erzählt Friedemann Nedden, Sohn einer Bauernfamilie aus dem Wendland. Erst dann ging es zum Standesamt und zur Kirche. Beliebte Tradition und häufig der eigentliche Höhepunkt der Feier waren die "langen Tänze" nach der Trauung: Dabei zog das Brautpaar mit der Hochzeitsgesellschaft zu den Nachbarhöfen, um dort nach dem Essen auf dem eigenen Hof weiter zu feiern und zu tanzen. "Das machte ungeheuer Spaß, diese langen Tänze. Wir waren bei drei Nachbarn. Dann wurde man da eingeladen und blieb so in jedem Haus etwa zwei Stunden. Der Nachbar ging dann voraus mit einem Birkenstrauch in der Hand und dann ging die Musik und die ganze Gesellschaft hinterher zum nächsten Nachbarn", erinnert sich Bauernsohn Bodo Wierper an seine Hochzeit mit Bauerntochter Hanna aus dem Nachbardorf im Jahr 1958.
In den 60er-Jahren verschwand diese Tradition auf dem Dorf allmählich. Hochzeiten auf dem eigenen Hof verursachen zu viel Arbeit und waren nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen lud die Bauernfamilie Verwandte und Freunde in einen Landgasthof oder das Dorfgemeinschafshaus ein.