Leiche der vermissten Jenisa aus Hannover wird 2014 entdeckt
Am 2. September 2014 findet die Polizei in einem Waldstück die sterblichen Überreste von Jenisa aus Hannover. Die Achtjährige war am 7. September 2007 verschwunden. Der ehemalige Partner ihrer Tante wird der Tat überführt.
Die achtjährige Jenisa will am 7. September 2007 ihre Tante im Ihme-Zentrum in Hannover besuchen. Deren Wohnung befindet sich nur etwa einen Kilometer von Jenisas Zuhause im Stadtteil Linden entfernt. Im Fahrstuhl des Hochhauskomplexes sieht eine Frau das Mädchen noch, dann verliert sich die Spur des Kindes. Die Eltern schalten noch am Abend die Polizei ein.
Suche 2007 verläuft ohne Ergebnis
Es werden umgehend Suchaktionen gestartet. Daran sind eine Polizeihundertschaft, Kräfte von Feuerwehr, Deutschem Roten Kreuz, Johannitern und THW beteiligt. Auch Spürhunde sind im Einsatz. Am 10. September 2007 findet die Polizei Kleidungsstücke von Jenisa im Wunstorfer Wald (Region Hannover). Eine Spur führt in den Wunstorfer Ortsteil Klein Heidorn. Beamte suchen intensiv nach dem vermissten Kind. Die Ermittlern hoffen auch auf Zeugenhinweise. Wer verdächtige Beobachtungen gemacht hat, soll sich melden - ohne Erfolg.
Die Familie des Mädchens soll sogar eine Wahrsagerin befragt und in ihrer Heimat Kosovo einen Hodscha, einen weisen Mann, um Hilfe gebeten haben.
Hauptverdächtiger gesteht Tat erst Jahre später
Kurz nach der Tat gerät Ibrahim B. ins Visier der Polizei. Der Deutschtürke ist der Ex-Lebensgefährte von Jenisas Tante. Bei der Befragung verstrickt sich der damals 36-Jährige in Widersprüche. Doch die Ermittler müssen ihren Hauptverdächtigen nach wochenlanger Untersuchungshaft aus Mangel an Beweisen wieder freilassen. Von Jenisa fehlt weiter jede Spur.
Erst als Ibrahim B. 2014 wegen des Mordes an dem Jungen Dano aus Herford verhaftet wird, kommt der wohl entscheidende Hinweis: Andere Gefängnis-Insassen berichten Justizbeamten, dass B. zugegeben habe, das Mädchen getötet und seine Leiche versteckt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft hat B. schriftlich gestanden und den Ort auf einer Karte gekennzeichnet, an dem er die Leiche vergraben haben will. Das Motiv für beide Taten soll ein allgemeiner Hass auf Albaner gewesen sein. Die Opfer stammen aus albanischen beziehungsweise kosovarischen Familien.
DNA-Abgleich bestätigt Identität
So wird im Sommer 2014 die Suche nach dem vermissten Mädchen wieder aufgenommen. Am 2. September 2014 sind Polizeibeamte sowie der technische Zug der Bereitschaftspolizei mit Schaufel und Bagger im Einsatz. In einem Waldstück an der Kreisstraße zwischen den Wunstorfer Ortsteilen Blumenau und Liethe stoßen sie auf Knochenteile. "Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gehen wir derzeit davon aus, dass es sich um sterbliche Überreste von Jenisa handelt", sagt Polizeisprecherin Martina Stern dem NDR damals. Kurze Zeit später wird die Annahme zur Gewissheit. Die Experten der Medizinischen Hochschule Hannover können die Leichenteile anhand eines DNA-Abgleichs eindeutig dem Mädchen zuordnen.
Lebenslange Haftstrafe
Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt Anklage wegen Mordes gegen Ibrahim B. Sie wirft ihm vor, Jenisa unter dem Vorwand, sie nach Hause fahren zu wollen, in sein Auto gelockt zu haben. Der Ex-Lebensgefährte der Tante soll sie in dem Waldstück bei Wunstorf missbraucht und mit einem Ast erschlagen haben.
2015 verurteilt das Landgericht Hannover Ibrahim B. zu lebenslanger Haft. Bei der Urteilsbegründung schildert der Vorsitzende Richter Wolfgang Rosenbusch dem NDR zufolge eindrücklich die Situation acht Jahre zuvor. "Er hat sie Todesangst durchleben lassen", sagt Rosenbusch über die Situation des Opfers. Auslöser für die Tat seien Streitereien mit der Familie der Lebensgefährtin gewesen. "Er hatte beschlossen, die Familie in Unglück, in Verzweiflung zu stürzen", so der Richter.
BGH weist Revisionen zurück
Gegen die lebenslange Haftstrafe legt die Verteidigung Revision ein. Die Anwälte berufen sich auf Verfahrensfehler. Auch die Nebenklage akzeptiert das erstinstanzliche Urteil nicht. Die Anwälte von Jenisas Eltern haben in dem Prozess eine Sicherungsverwahrung für den Angeklagten gefordert.
Die Revisionen der Verteidigung sowie der Nebenklage weist der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe eineinhalb Jahre später zurück. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Weil der inzwischen 44-Jährige bereits zuvor wegen des Mordes an dem fünfjährigen Dano zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden ist, kann er frühestens nach 30 Jahren freikommen. Beide Urteile würden "sozusagen addiert", so ein Gerichtssprecher 2015.