Sendedatum: 02.10.2015 19:05 Uhr

Ein Stück MV: Seebrücken an der Ostseeküste

Die Seebrücke in Ahlbeck auf Usedom © Usedom Tourismus GmbH
In Ahlbeck steht die älteste noch erhaltene historische Seebrücke Deutschlands.

Heute kaum vorstellbar - aber von den 19 Seebrücken, die es heute in Mecklenburg-Vorpommern gibt, stand vor 1990 nur eine einzige: die Seebrücke in Ahlbeck. 25 Jahre später sind die Bauten beliebte Foto-Motive, Flaniermeilen und von der Ostseeküste nicht mehr wegzudenken.

Fahrgastschifffahrt schafft einen Bedarf

Zu DDR-Zeiten spielten Seebrücken keine große Rolle. Wiederaufbau und Unterhalt der zum Teil im Zweiten Weltkrieg zerstörten Anlagen hätten viel Geld gekostet - einen dringenden Bedarf gab es nicht. Die Küstengewässer um Rügen und Usedom gehörten zum Grenzgebiet. Fahrgastschiffe fuhren dort kaum. Das änderte sich mit dem Fall der Mauer, erklärt der Historiker und Fremdenführer Dietrich Gildenhaar: "Es gab ja Reedereien Anfang der 90-er Jahre, die Interesse bekundet haben, die Urlauber beispielsweise von der Insel Usedom zur Insel Rügen zu fahren oder entlang der Außenküste der Insel Usedom. Es bestand wieder ein Bedarf. Und es war auch für die Reedereien ein lohnendes Geschäft. Die Gemeinden haben diese Entwicklung massiv unterstützt. Man wollte ja Gäste haben. Und die Fahrt mit einem Schiff ist für einen Urlauber, der aus dem Binnenland kommt, ein großes Erlebnis."

Anlaufpunkt für Kulturinteressierte

Viele weiße Strandkörbe stehen bei der Seebrücke von Kühlungsborn am Strand. © NDR Foto: Helmut Kuzina aus Wismar
Kühlungsborn gehört zu den ersten Gemeinden, die nach der Wende eine Seebrücke bauten.

Von 1991 an ließen immer mehr Gemeinden entlang der Ostseeküste die Seebrücken wieder aufbauen. Den Anfang machte Kühlungsborn, es folgten Boltenhagen, Lubmin, Rerik und Wustrow. Die längste Seebrücke steht heute mit 508 Metern in Heringsdorf - nur unweit entfernt von der ältesten Seebrücke in Ahlbeck. Diese überstand zwei Weltkriege, verheerende Winter und Stürme. An der einzig erhaltene Seebrücke in der DDR hatten Veranstaltungen dort Kult-Status, erinnert sich Dietrich Gildenhaar. "Zu DDR-Zeiten, da gab es Kunst und Kultur en masse. Die großen Stars sind da eben aufgetreten." Die Ahlbecker Seebrücke mit dem historischen Restaurant darauf blieb Anziehungspunkt für Kulturschaffende und -interessierte. So ließen beispielsweise die Veranstalter des Usedomer Musikfestivals ihr allererstes Konzert überhaupt dort erklingen. Am 9. September 1994 sang die Sopranistin Tomoko Sakurai-Masur, die Frau von Kurt Masur, auf der Seebrücke Werke von Mussorgski und Nakata.

Beliebte Foto-Motive mit Anziehungskraft

Und auch heute ist die Anziehungskraft von Seebrücken an der Ostseeküste ungebrochen, beschreibt Lars Petersen, der Bürgermeister der Gemeinde Heringsdorf. "Wenn man die Insel Usedom oder die Kaiserbäder fototechnisch darstellt, ist es überwiegend die Seebrücke in Ahlbeck. Es ist das beliebteste Fotomotiv - hat ja auch einen riesigen Bekanntheitsgrad durch den Loriot-Film 'Pappa ante Portas', der zur Folge hatte, dass einige Verschönerungen damals an der Seebrücke durchgeführt wurden. Die Seebrücke in Heringsdorf, die rein privat geführt wird, ist der Anlaufpunkt auch bei schlechtem Wetter. Genau so etwas braucht ein Seebad."

Die Erhaltung lohnt sich

Sonnenaufgang über der Seebrücke in Heringsdorf © NDR Foto: Werner König aus Wismar
Für die Erhaltung der Heringsdorfer Seebrücke plant die Gemeinde jährlich 40.000 Euro ein.

Zuständig für den Erhalt der Seebrücken sind die jeweiligen Gemeinden. Heringsdorf beispielsweise plant in jedem Jahr Erhaltungskosten in Höhe von rund 40.000 Euro ein. Noch nicht eingerechnet sind größere Reparaturen, beispielsweise nach Stürmen. Für Bürgermeister Petersen sind das jedoch lohnenswerte Investitionen. "Touristen brauchen eine gewisse Infrastruktur. Und zur Infrastruktur gehören für uns nun einmal diese Seebrücken, weil sie das Strandleben umrahmen und immer wieder gern gesehene Orte für Spaziergänge sind. Im Grunde belasten sie den Haushalt nicht. Es kommen, da wir Eigentümer der Seebrücke sind, natürlich immer wieder Investitionskosten auf uns zu - zum Beispiel das Restaurant, das auf den neuesten Stand gebracht werden muss. Der Aufwand für den Unterhalt der Seebrücke in Banin ist trotzdem relativ gering." Seebrücken sind mittlerweile aber auch ein Wirtschaftsfaktor. So hat unter anderem auf der historischen Seebrücke in Sellin ein Restaurant seinen Betrieb aufgenommen. Außerdem können in Zinnowitz, Sellin und Zingst Besucher mit einer Gondel neben den Seestegen in die Ostsee abtauchen. Und auch die Fahrgast-Reedereien auf Rügen und Usedom profitieren von Gästen, die sich per Boot von einer Insel zur anderen fahren lassen.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Kulturjournal | 02.10.2015 | 19:05 Uhr

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