Ulrichshusen: Ein Bayreuth des Nordens
Der Blick aus dem Garten von Eckart Hübener in Rambow hinüber zum Schloss Ulrichshusen ist atemberaubend: Hinter einer wunderschönen Wildwiese und dem funkelnden Wasser des Ulrichshusener Sees taucht das imposante Bauwerk auf, dessen Geschichte noch vor dem Dreißigjährigen Krieg begann. 1562 legte der Adlige Ulrich von Maltzahn den Grundstein für das Wasserschloss, das bis heute seinen Namen trägt.
Ein Brand verhindert den Künstlertreff
Der ehemalige Gemeindepastor kennt das Haus noch aus der Zeit vor 1989. Damals hatten sich viele Künstler dort niedergelassen und sich auch um alte Immobilien, wie die heutige Festspielscheune gekümmert. Der geplante Ausbau des Gebäudeensembles verfolgte in der Vorwendezeit das Ziel, einen Treffpunkt für junge Künstler einzurichten. Ein Großbrand 1987 begrub diese Pläne vorerst "und dann war's von 1987 bis zur Wende eigentlich ein völlig totes Nest", berichtet Hübener.
Vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan
Heute wird die Dorfstraße beinahe jedes Wochenende zur Flaniermeile, die kleinen Häuser und ihre Vorgärten sind herausgeputzt, an vielen hängt ein Schild: Ferienwohnung zu vermieten. Die Verwandlung von Ulrichshusen begann mit dem Verkauf des Schlossensembles. Für die Brandruine gab es mehrere Interessenten: "Ulrichshusens Schicksal war eigentlich schon besiegelt, weil die Scientology Sekte die Finger danach ausgestreckt hatte. Unglückliche Zustände im Gemeinderat hatten denen in die Hände gespielt, sodass sie es beinahe schon besaßen", erinnert sich Hübener.
Den Zuschlag bekam letzendlich Helmuth von Maltzahn. Auch er hatte sich um die Burg seiner Vorfahren beworben, musste anfangs aber mit Misstrauen und Vorurteilen kämpfen. Die Entscheidung zu seinen Gunsten aus, der Bauzustand war jedoch erbärmlich: "Das Haupthaus abgebrannt, Urwald, die Häuser komplett kaputt, da stand eigentlich kein Stein auf dem anderen", erinnert sich von Maltzahn.
Eine Scheune wird zum Konzertsaal
Die Idee Helmuth von Maltzahns war, in Ulrichshusen Kultur anzusiedeln und die historischen Gemäuer in ihrer reizvollen landschaftlichen Umgebung für Konzerte zu nutzen. Einigermaßen in Ordnung war nur eine riesige Scheune, mit der die Geschichte des "neuen" Ulrichshusen begann. 1994 erklang im Rahmen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern vor etwa 3.000 Gästen erstmals Musik in der Konzertscheune. Sogar die Tagesschau berichtete von dem Ereignis mitten in der mecklenburgischen Provinz. Die Idee von Maltzahns begann Stück für Stück aufzugehen. Bis heute haben sich die Ruinen in ein Hotel, Ferienwohnungen, eine Gaststätte, einen Konzertsaal und eine Pergola verwandelt.
Das Herz der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Man wolle in Zukunft das Bayreuth des Nordens sein, umreißt von Maltzahn sein Ziel. Ulrichhusen ist inzwischen das Herz der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Nicht nur die Scheune, auch der Park ermöglicht eine besondere Nähe zwischen Publikum und Künstlern, man schlendert, schwatzt, es ist ein ungezwungenes Sehen-und-gesehen-werden. Die gut 30 ständigen Einwohner des Dorfes haben sich an den Ansturm an den Wochenenden längst gewöhnt. Auch mit dem Schlossherrn habe man sich längst arrangieren können. Inzwischen sind bei ihm gut 60 Mitarbeiter in Lohn und Brot - doppelt so viele, wie in Ulrichshusen leben.
Die Zeichen stehen auf Erfolg
Die Erfolgsgeschichte von Ulrichshusen ist eine Chance für die ganze Region, ist sich Eckhart Hübener sicher. Ideen und gibt es viele: Ein Ausbau der Fahrradwege, geführte Wanderungen zu Orten mit Geschichte, urige Kneipen für die Einkehr, kleine Lädchen mit den Produkten aus der Region. Er ergänzt ein Bild, das einst Kennedy benutzt haben soll, als es um ein Ankurbeln der Wirtschaft in den USA ging: "Die Flut, die in die Bucht kommt, die hebt alle Boote, die kleinen und die großen."