Hrubesch und Co: Trainer aus SH wollen Medaille mit DFB-Frauen
Das Trainerteam der deutschen Fußball-Frauen-Nationalmannschaft um Horst Hrubesch bei den Olympischen Spielen in Paris besteht fast ausschließlich aus Schleswig-Holsteinern. Sie alle haben ein Ziel: eine Medaille.
Mit einem Lächeln im Gesicht sitzen die beiden DFB-Trainer Horst Hrubeschund Thomas Nörenberg gemeinsam auf den Stühlen im Hotel zusammen. Das Erfolgsduo erinnert sich gern an die gesammelten Erfahrungen bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Der in Boostedt (Kreis Segeberg) wohnende Hrubesch schwärmt: "Wir beide haben ja das Glück gehabt, Olympia so zu erleben, wie man es ja gerne hätte, bis ins Finale damals - und das waren dann schon Eindrücke, die du einfach mal für dein Leben mitnimmst." Damals hatte sein Team dramatisch nach Elfmeterschießen im Finale gegen Gastgeber Brasilien verloren.
Die Silbermedaille war für alle damals der Lohn für ein sensationelles Turnier und auch ein prägendes Ereignis für Thomas Nörenberg, den in Timmendorfer Strand (Kreis Ostholstein) aufgewachsenen Assistenten von Hrubesch. Nörenberg weiß, welche besondere Leistung Hrubesch und er erreicht haben: "Ich weiß nicht, ob es das schon mal gegeben hat, als Cheftrainer bei Olympia sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen dabei gewesen zu sein. Das ist schon auch eine herausragende Geschichte." Hrubesch und er haben also schon eine Medaille, von so einem Erfolg bei Olympia träumen die weiteren Mitglieder des Trainerstabs, der auch aus Schleswig-Holstein stammt, schon lange.
Schon eine Medaille verschenkt
Für die gebürtige Kielerin Britta Carlson, die seit 2018 Co-Trainerin der Frauen-A-Nationalmannschaft ist, ist die Teilnahme an den Spielen ein Kindheitstraum: "Als Kind habe ich auch immer alles verfolgt: Olympische Spiele, im Sommer, im Winter. Ich habe mir den Medaillenspiegel immer selbst aufgemalt." 2004 wäre die 31-fache Nationalspielerin fast im DFB-Kader bei den Spielen in Athen gelandet, doch Carlson war als zweite Nachrückerin dann doch nicht dabei. Das Team gewann damals die Bronzemedaille. Die bekam die im Kreis Segeberg wohnende Trainerin trotzdem zugeschickt: "Aber ich konnte damit nichts anfangen, ich hatte sie ja nicht gewonnen und nichts dazu beigetragen, darum habe ich sie verschenkt."
Olympiaträume auf Eiderstedt
Für den aus Sankt Peter-Ording (Kreis Nordfriesland) stammenden Julius Balsmeier ist jetzt mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen ein Traum in Erfüllung gegangen. Im Jugendbereich war er auf Landesebene über 3.000 Meter Hindernislauf immer vorn mit dabei, aber ihm war schnell klar, dass er es als Athlet nicht zu Olympia schaffen würde. Umso dankbarer war der Sportwissenschaftler, dass er nun als Athletiktrainer in Paris dabei ist: "Als ich beim DFB angefangen habe, habe ich gesehen, dass es so auch zu Olympia gehen kann. Dass es jetzt geklappt hat, ist ein besonders schönes Gefühl." Das kann je nach Erfolg noch schöner für ihn und den Rest des Trainerstabs werden.
Über Marseille nach Paris
Leider kann das Trainerteam den ersten Höhepunkt, die Eröffnungsfeier in Paris, nicht miterleben. Denn die ersten Spiele der Fußball-Frauen finden zunächst in Marseille statt. In der Gruppenphase treffen sie dort auf Australien, Sambia und die USA. Sollten sie sich durchsetzen und auch als Erste die K.-o.-Runde erreichen, dann geht es direkt nach Paris ins Olympische Dorf. Und damit das klappt, geben die vier Schleswig-Holsteiner im Trainerteam alles dafür. Sie sprechen eine Sprache, verstehen und vertrauen sich und haben Spaß zusammen.
Britta Carlson freut sich über das Miteinander im Team: "Ich habe mittlerweile gelernt, gelassener zu sein. Früher stand mir mein Ehrgeiz oft im Weg, aber die Erfahrung von Horst und Nörenberg hat mir dabei geholfen. Wir sind ein gutes Team, wir vier Norddeutsche. Ich fühle mich sehr mitgenommen und wertgeschätzt. Das Feedback der anderen nehme ich gerne an und das ist ja auch für mich für meine persönliche Entwicklung wertvoll. Insofern ist das für mich ein Geschenk, noch mal mit den beiden arbeiten zu dürfen." Julius Balsmeier hatte anfangs noch großen Respekt vor dem Cheftrainer Hrubesch: "Ich hatte gehört, Horst kann auch mal rumpelig sein, aber wir profitieren von dieser Klarheit und er ist immer offen für meine Vorschläge. So macht das echt Spaß in dem Trainerteam zu arbeiten."
Mit dieser Harmonie könnte es für das norddeutsche Quartett und seine Schützlinge ins Olympische Dorf gehen. Die Erinnerungen daran sind bei Hrubesch noch präsent: "Dann siehst du andere Länder, andere Sitten. Optimal ist es dann natürlich, wenn du dich in so einem Turnier auch mal unter die anderen Athleten mischt. Es ist einfach schwer zu beschreiben, aber es ist faszinierend." Auch sein Co-Trainer Nörenberg erinnert sich noch an eine Begegnung 2016 in Rio: "Der Essensraum ist ein Riesensaal, 300 Meter in die Richtung und 400 Meter in die Richtung, da haben wir die deutschen Handballer getroffen." Zwei Tage später haben sie dann bei der Halbfinale-Niederlage gegen Frankreich mitgefiebert.
Zverev, Basketball und Beachvolleyball auf der Agenda
Neben einer Medaille hat Co-Trainerin Britta Carlson noch andere Ziele im Visier. Sie möchte gerne ein Olympia-Match von Alexander Zverev sehen und beim Beachvolleyball zuschauen. Athletiktrainer Julius Balsmeier freut sich dagegen auf das Olympische Dorf: "Ich bin großer Fan von der deutschen Basketball-Männermannschaft. Ich glaube, da mal irgendwo Kontakt haben zu können, auch mit dem Trainerstab, das wäre cool." Und er möchte im Olympiastadion möglichst viele Leichtathletikwettkämpfe sehen, aber dafür müssen die Fußballfrauen erst einmal weiterkommen.
Mit dem Einzug in die K.-o.-Runde würde die Amtszeit von Hrubesch als Trainer noch ein paar Tage länger dauern, denn nach dem Turnier beendet er seine Laufbahn. Thomas Nörenberg wird mit ihm zusammen aufhören: "Ab August werde ich in meine alte Tätigkeit zurückkehren: Arbeitslosigkeit." Vielleicht steht Nörenberg dann ja mit Gold, Silber oder Bronze auf dem Arbeitsamt. Denn eine Medaille zu gewinnen, das ist das Ziel des ganzen Teams. Und dieses Mal würde Britta Carlsson sie dann auch wirklich behalten.