Bremens Romano Schmid (l.) im Zweikampf mit Freiburgs Eren Dinkci © Imago Images Foto: Eibner-Pressefoto/Marcel von Fehrn EP_MFN

Werder Bremen und der "Heimfluch": Das wahre Problem liegt woanders

Stand: 26.10.2024 00:27 Uhr

Wird Werder Bremen vom Heimfluch verfolgt? Im Weserstadion ist der Fußball-Bundesligist in dieser Saison noch ohne Tor, feierte alle Siege auf fremden Plätzen. Das wahre Problem ist aber nicht der Spielort. Ein Blick auf den bisherigen Spielplan und auf die Daten zeigt: Die Probleme der Hanseaten liegen woanders.

von Tobias Knaack

"Die Älteren werden sich erinnern", ist ein beliebter Spruch, wenn es darum geht, gedanklich ein wenig augenzwinkernd in der Geschichte zurückzureisen. Als Anhänger des SV Werder muss man aktuell eine eine kleine Zeitreise unternehmen, um sich das das letzte Heimtor der Grün-Weißen vor Augen zu führen.

Es war am 18. Mai dieses Jahres, etwa gegen 17.17 Uhr. Romano Schmid traf - von Marvin Ducksch bedient - in der 88. Minute gegen den VfL Bochum zum 4:1-Endstand und ließ das obligatorische Nebelhorn sowie die Tormusik "I'm gonne be (500 Miles)" von den Proclaimers im Weserstadion erklingen. Die Älteren werden sich erinnern.

Zweitstärkstes Auswärts- und zweitschlechtestes Heim-Team

Ganz so augenzwinkernd ist das aus Sicht der Bremer natürlich nicht zu nehmen. Denn während Werder mit zehn Punkten hinter dem FC Bayern München die zweitstärkste Auswärtsmannschaft der Liga stellt, liegt das Team von Trainer Ole Werner in der Heimtabelle mit einem Zähler auf dem vorletzten Rang - eingerahmt von den Aufsteigern FC St. Pauli und Holstein Kiel.

Woran liegt das, woher kommt die Diskrepanz? Zum einen ist sie bereits beim Blick auf den bisherigen Spielplan ersichtlich. Der SVW hatte im Weserstadion in Dortmund (0:0), München (0:5) und Freiburg (0:1) drei Teams aus dem oberen Tabellen-Drittel zu Gast - auswärts hingegen in Augsburg (2:2), Mainz (2:1), Hoffenheim (4:3) und Wolfsburg (4:2) nur Gegner aus der unteren Hälfte des Tableaus.

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Im Weserstadion deutlich weniger Ballbesitz

Das Problem liegt den Daten des Global Soccer Networks (GSN) zufolge viel mehr darin, dass Werder sein Potenzial gegen schwächere Teams besser abrufen kann. Es sei "deutlich zu erkennen, dass die Spielweise und die Ergebnisse stark von der Qualität der Gegner beeinflusst werden", sagen die GSN-Analysten: "Gegen Top-Teams ist Bremen gezwungen, defensiver zu agieren, während sie gegen schwächere Teams ihre offensive Stärke und Kreativität ausspielen können."

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Zu sehen ist das in fast jeder erdenklichen Statistik. Etwa in puncto Ballbesitz: Zu Hause kommt das Werner-Team bislang auf nicht einmal 45 Prozent, lässt sich also allzu oft das Spiel des Gegners aufzwängen und sich selbst in die Defensive drängen. Auswärts hingegen sind es dominante 54 Prozent.

In vielen Statistiken auswärts besser

Oder bei den Schüssen: Im Weserstadion bringt Werder bislang im Schnitt keine sechs Schüsse zustande (1,3 davon aufs Tor), die Zahl der erwarteten Treffer liegt bei 0,46. In fremden Arenen hingegen sind es durchschnittlich fast 14 Schüsse (6,25 aufs Tor) sowie starke 2,25 "expected goals".

Werner: Leverkusen mit "noch mal anderer Qualität"

Tabellenplatz acht spiegelt den Leistungsstand also ziemlich gut wider. Für die Grün-Weißen geht es, wollen sie sich dauerhaft im oberen Drittel etablieren und einen nächsten Entwicklungsschritt gehen, darum, das Potenzial, das zweifelsfrei im Team steckt, auch gegen stärkere Kontrahenten abzurufen. Darum, stärker in ein eigenes Spiel zu finden und sich nicht das des Gegners aufzwingen zu lassen. Die Möglichkeit, das zu tun, haben sie heute gegen den aktuellen Meister. Bayer Leverkusen kommt um 18.30 Uhr ins Weserstadion (im NDR Livecenter).

Gelingt Werder ausgerechnet gegen den "Dominator" der vergangenen Saison das erste Heimtor - oder sogar der erste Heimsieg seit jenem 18. Mai? Leverkusen sei eine Mannschaft, "die natürlich noch mal eine andere Qualität mitbringt", sagte Coach Werner am Donnerstag. Ohne Aussicht aber ist es nicht, wie auch die Analysen zeigen.

Bayer anfällig bei Kontern und Standardsituationen

Dafür müsste der SVW laut GSN einerseits "eine sehr kompakte und disziplinierte Defensivleistung zeigen" und "die Schwächen von Leverkusen bei Standardsituationen und im Umschaltspiel" versuchen zu nutzen. Acht Konter pro Spiel hat das Team von Xabi Alonso bislang im Schnitt zugelassen.

Werders Chance auf Chancen besteht also, wenn das Team "nach Ballgewinnen sofort in die Tiefe spielt und die Räume hinter den offensiv ausgerichteten Außenverteidigern attackiert". Es gehe darum, "den direkten Zweikampf im Mittelfeld so gut wie möglich zu umgehen" und den Ball auf möglichst direktem Wege vor das Tor des Meisters zu bringen.

"Es geht darum, dass wir an das gute Spiel in Wolfsburg anknüpfen und dann glaube ich, dass es auch mit dem Tore schießen klappt." Werder-Trainer Ole Werner

Zudem war das Alonso-Team, das immerhin schon 13 Gegentreffer kassiert hat, immer wieder anfällig bei Standards. In der Defensive gilt es für Werder vor allem, das Zentrum sowie die Passwege zu verteidigen und die Rheinländer auf die Außenbahnen zu zwingen, worüber sie weniger gefährlich sind.

Jenseits der taktischen Winkelzüge glaubt Werner vor allem auch an einen "Flow", den er mitnehmen möchte. "Es geht darum, dass wir an das gute Spiel in Wolfsburg anknüpfen und dann glaube ich, dass es auch mit dem Tore schießen klappt", sagte der 36-Jährige am Donnerstag. Damit heute nach rund fünf Monaten an der Weser mal wieder ein Nebelhorn zu hören sein wird, das nicht von einem Schiff stammt.

Mögliche Aufstellungen:

Werder Bremen: Zetterer - Agu, Jung, Malatini, Friedl, Weiser - Bittencourt, Lynen - Schmid, Grüll - Ducksch.
Bayer Leverkusen:
Hradecky - Tapsoba, Tah, Hincapie - Grimaldo, Andrich, Xhaka, Frimpong - Hofmann, Boniface, Wirtz.

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 26.10.2024 | 18:17 Uhr

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