Die Spieler des FC Hansa Rostock stehen zusammen mit Trainer Bernd Hollerbach (MItte) auf dem Rasen © picture alliance / Fotostand

Schwacher Saisonstart - Darum läuft es nicht bei Hansa Rostock

Stand: 30.08.2024 08:32 Uhr

Der FC Hansa Rostock hat einen schwachen Start in die Saison hingelegt: Aus im Pokal, noch kein Sieg in der 3. Liga. Heute geht es zu Viktoria Köln. Trainer Bernd Hollerbach beklagt den aus seiner Sicht zu kleinen Kader. Doch die Probleme des Teams haben auch mit ihm zu tun, wie die Daten zeigen.

von Tobias Knaack

Den Auftakt in die neue Spielzeit hatten sie sich beim FC Hansa ganz anders vorgestellt. Nach dem von Ausschreitungen begleiteten Abstieg aus der 2. Liga wollten die Mecklenburger mit einem großen personellen Umbruch ein neues, gemeinsames Band schaffen, das von Mannschaft und Trainer über die Club-Verantwortlichen und Geschäftspartner bis hin zu den Fans reicht. Die Rostocker wollten nicht weniger als eine neue Identität.

Stattdessen: Streit um die Kündigung des Hauptsponsors, Rücktritt von Aufsichtsrat Michael Brügmann, massive Fan-Beleidigungen in den sozialen Netzwerken nach dem Pokal-Aus gegen Hertha BSC (1:5) und ein Pfeifkonzert im Ostseestadion nach dem Remis gegen Borussia Dortmund II (1:1) am vergangenen Sonnabend. Nur zwei Punkte aus den ersten drei Liga-Partien bedeuten Tabellenplatz 18.

Nicht nur die Größe des Kaders ist ein Problem

Auch weil es in der jüngeren Vergangenheit - wie in der vergangenen Spielzeit Arminia Bielefeld - immer wieder Zweitliga-Absteiger gab, die über Anpassungsschwierigkeiten in der 3. Liga in arge Abstiegssorgen gerieten, schrillen die Alarmglocken an der Ostsee. Schon vor dem Saisonstart hatte Neu-Coach Hollerbach den aus seiner Sicht zu kleinen Kader beklagt.

Zwar sind in der Zwischenzeit unter anderem in Stürmer Albin Berisha weitere Neuzugänge an Bord der "Kogge" gegangen, der 23-Jährige alleine aber kann die Probleme der Mecklenburger nicht akut lösen. Denn die gehen über die Größe des Kaders oder eine pauschale Erhöhung des Angebots in der Offensive hinaus, wie die Daten des Global Soccer Networks (GSN) zeigen. Sie äußern sich auch etwa darin, wie die aktuell vorhandenen Spieler eingesetzt werden - oder wiederkehrende Systemwechsel für Unruhe sorgen.

Aktuell wäre ein 4-4-2 Hansas beste Formation

Hollerbach hat in drei Ligaspielen drei Mal anders spielen lassen: gegen den VfB Stuttgart II (1:1) ein 3-1-4-2, gegen Wehen-Wiesbaden (0:1) ein 3-4-2-1, gegen Borussia Dortmund II ein 3-5-2. Geht man davon aus, dass unterschiedliche Systeme unterschiedliche Anforderungen an die Spieler stellen, hat es Hollerbach an dieser Stelle in der Vorbereitung und in den ersten Pflichtspielen offenbar noch nicht geschafft, seine ideale Formation auf den Platz zu bringen - und seinen Spielern so Sicherheit und Kontinuität zu geben.

Hinzu kommt: Alle Formationen gehören den Daten nach nicht zu den Idealformationen. Das Idealsystem wäre aktuell ein 4-4-2 mit Raute - basierend auf den Fähigkeiten der einzelnen Spieler. Die laut GSN beste Hansa-Aufstellung sähe dann so aus:

Uphoff - Rossipal, Roßbach, Gürleyen, Neidhart - Schuster, Fröling, Mejdr, Lebeau - Berisha, Gudjohnsen

Spieler nicht auf den für sie besten Positionen

Schon hier aber zeigt sich, dass Hollerbach gerade in der Offensive bislang einige Spieler "positionsfremd" eingesetzt hat, also nicht an der für sie besten Stelle. Adrien Lebeau etwa musste gegen Stuttgart und Dortmund als Stürmer spielen, ist aber als zentraler offensiver Mittelfeldspieler am stärksten. Nils Fröling, am stärksten als Linksaußen, hat in allen drei Begegnungen bisher im offensiven Mittelfeld agiert.

Die größte Baustelle bei Hansa ist laut GSN das rechte Mittelfeld. Im 18-jährigen Claas Zamzow ist nur ein Spieler im Kader, dessen Primärposition dort liegt. Allerdings fehlt ihm aktuell noch die Qualität für die 3. Liga (GSN-Index: 37,67). In den ersten drei Ligaspielen liefen daher Nico Neidhart und Tamas Mejdr im rechten Mittelfeld auf - beide haben ihre Stärken aber eigentlich in eher defensiveren Rollen auf der rechten Seite.

Dennoch haben die Rostocker bislang die meisten ihrer Angriffe über die eigene rechte Seite vorgetragen - mehr als 17 pro Partie. Obwohl das der sechstbeste Wert der Liga ist, kreiert die Mannschaft hieraus kaum Torgefahr (0,22 erwartete Tore bedeuten Rang 15).

Zweikampfstark, aber nach vorne limitiert

Die Daten zeichnen darüber hinaus auch ein erstes Bild der bisherigen Auftritte des Hollerbach-Teams insgesamt - einer zwar engagierten und robusten, nach vorne aber unkreativen und limitierten Mannschaft. Den Daten nach ist die Mannschaft in vielen Dimensionen der Zweikampfführung ligaweit Spitze - oder rangiert auf einem der vorderen Plätze.

Umgekehrt ist Hansa in den bisherigen drei Liga-Partien in vielen Statistiken, die für ein geordnetes Offensivspiel stehen würden, maximal mittelmäßig gewesen, in einigen Werten aber auch am Ende des Rankings - etwa bei den angekommenen Pässen oder den Schlüsselpässen. Der FCH spielt im Ligavergleich mit durchschnittlich rund 22 Metern die drittlängsten Pässe, ist die Nummer eins bei langen Schlägen.

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Zu wenig Schüsse und Abschlussgelegenheiten

Das Problem daran: Das Team bringt den Ball so zwar recht häufig in den gegnerischen Sechzehner und kann dort sogar die fünftmeisten Ballkontakte verzeichnen, nur entstehen daraus nicht annähernd im gleichen Maß Abschlussgelegenheiten. Egal ob Schüsse pro Partie, Schüsse aufs Tor, Torschussvorlagen oder die Zahl der erwarteten Tore - die Mecklenburger ordnen sich statistisch in dieser Hinsicht maximal im unteren Mittelfeld der Liga ein.

Und das mündet - zumal gepaart mit einem unterdurchschnittlichen Spieltempo - im gemeinsam mit Tabellenschlusslicht 1860 München bislang schwächsten Angriff der Liga mit lediglich zwei Treffern.

Hansa heute bei Vikoria Köln

"Wer einen Umbruch will, muss auch mit den Konsequenzen leben. Mir geht es darum, wie wir auftreten", sagte Coach Hollerbach am Mittwoch vor der Partie heute beim Tabellen-Dritten Viktoria Köln (19 Uhr, im NDR Livecenter): "Die Jungs wollen. Es ist, wie ich von Anfang an gesagt habe: Wir haben einen Umbruch hinter uns. Wir müssen geduldig sein."

Helfen würde - neben dem Festlegen auf ein System - laut GSN dennoch ein Neuzugang für die rechte Offensivposition, "der sowohl Torgefahr kreieren, durch Dribblings, Flanken, Schlüsselpässe und eigenen Abschluss torgefährlich sein" kann. Ein solcher Spieler könnte der 24 Jahre alte Sofian Bahloul vom österreichischen SCR Altach per Leihe sein.

Das Transferfenster in der 3. Liga ist noch bis Montag geöffnet, heute steigt die Begegnung in Köln. Beide Termine sind trotz des frühen Zeitpunkts in der Saison mit Blick auf die Entwicklung des Clubs in den kommenden Wochen und Monaten von großer Bedeutung.

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Nordmagazin | 28.08.2024 | 19:30 Uhr

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