Ludovit Reis vom Hamburger SV bejubelt seinen Treffer zum 2:1 bei Hertha BSC © Witters

HSV nimmt Hürde Hertha BSC - Reis und die Liebe zur "Alten Dame"

Stand: 04.02.2024 12:57 Uhr

Der HSV hat die schwere Auswärtshürde Hertha BSC übersprungen und einen weiteren kleinen Schritt in Richtung Fußball-Bundesliga gemacht. Matchwinner beim 2:1-Erfolg in Berlin war dabei ein Mann, der die Hamburger an der Spree schon einmal vom Aufstieg hatte träumen lassen: Ludovit Reis.

von Hanno Bode

Nach einem sehr langen Fußball-Abend suchte Tim Walter Nähe. Seine Wasserflasche, die der HSV-Trainer während der Partien stets in der Hand hält, hatte der 48-Jährige nach dem Abpfiff des Zweitliga-Krimis im Olympiastadion weggeworfen. Nun legte der Coach beim Gang in die Fankurve seinen rechten Arm über die Schulter von Ludovit Reis, sagte mit einem Lächeln auf den Lippen ein paar Worte zum Niederländer und küsste ihn schließlich auf die Stirn. Das "Bussi" vom Vorgesetzten gab es für den Mittelfeldmann also genau auf den Körperteil, mit dem er zuvor den Siegtreffer erzielt hatte.

Reis: Erst Ersatzbank-Frust, dann Siegtor-Freude

"Ich hatte 'Manu' schon zwei Minuten zuvor gesagt, dass er auf mich gucken muss - es war eine Top-Vorlage", sagte der 23-Jährige über sein Kopfballtor zum 2:1, das Immanuel Pherai mit einer ebenso gefühlvollen wie präzisen Vorlage perfekt vorbereitet hatte. Ausgerechnet jener Pherai also, der für ihn die Startelf gerutscht war. Hatte Reis in der Vorwoche gegen den Karlsruher SC (3:4) nach monatelanger Verletzungspause noch überraschend in der Anfangsformation gestanden, saß er gegen die Hertha zunächst auf der Ersatzbank.

Frust schob der Niederländer deswegen nicht. Er stellte das große Ganze in den Vordergrund: "Insgesamt war es ein ganz wichtiger Sieg gegen eine gute Mannschaft. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, hätten dies auch gern am vergangenen Spieltag gemacht. Wir waren nur fokussiert auf dieses Spiel."

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HSV überzeugt gegen Hertha durch reife Spielweise

Dieser Aussage konnte eigentlich niemand widersprechen, der die Hamburger an diesem kühlen Abend in Berlin unter die Lupe genommen hatte. Die Walter-Mannschaft ging anders noch als gegen den KSC sehr konzentriert zu Werke, überzeugte in der Arbeit gegen den Ball und hatte die bessere und reifere Spielanlage als die Hertha, der allerdings auch die schwere Viertelfinalpokal-Partie vom vergangenen Mittwoch gegen den 1. FC Kaiserslautern (1:3) noch anzumerken war.

Gegen fußballerisch ziemlich phantasielose Berliner hätte der HSV bereits im überlegen geführten ersten Durchgang auf die Siegerstraße einbiegen können. Weil die Walter-Elf ihre Chancen jedoch nicht nutzte, wurden die zweiten 45 Minuten zu einem Nervenkrimi. Wobei der zweite Durchgang genau genommen ja über 75 Minuten lang dauerte, weil einige Tennis-Fans unter den Berliner Anhängern ihrer Liebe zum "weißen Sport" Ausdruck verleihen wollten und fortwährend gelbe Filzkugeln auf den Rasen warfen.

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"So ein Protest bringt uns nicht weiter. Aber wir müssen aufpassen, dass wir die DNA im Fußball nicht verlieren", sagte Berlins Stürmer Fabian Reese dem NDR. Hertha-Geschäftsführer Thomas Herrich erklärte: "Ich habe totales Verständnis für die Kritik. Es ist völlig legitim, Aktionen zu machen und Kritik zu äußern. Die Art und Weise ist das andere. Das ging mir deutlich zu lange. Das hat den Spielfluss gestört." Er kündigte an, den Dialog mit den Fans suchen zu wollen.

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HSV lässt sich nicht aus Konzept bringen

Für den HSV war es bereits das zweite "Tennisspiel" in Folge. Im Duell mit dem KSC hatten seine Anhänger mit derselben Aktion für eine - allerdings weitaus kürzere - Unterbrechnung gesorgt. Gegen die Badener lag das Walter-Team zu diesem Zeitpunkt mit 0:2 zurück und nutzte die Pause, um sich zu sammeln und neu zu sortieren. In Berlin war die Unterbrechung für die Hamburger eher störend, weil sie das Geschehen im Griff hatten.

Als "nicht optimal" bezeichnete Keeper Daniel Heuer Fernandes die Zwangspause, hob allerdings sogleich hervor, dass sich seine Mannschaft dadurch nicht aus dem Konzept bringen ließ: "Wir haben das Spiel und die Umstände zu jedem Zeitpunkt angenommen: Wir hatten von der ersten bis zur letzten Minute viel Energie auf dem Platz. Wir haben dran geglaubt und sind als verdienter Sieger vom Platz gegangen."

Reis trifft gegen Hertha besonders gern

Weil die SpVgg Greuther Fürth (2:3 beim FC St. Pauli) und Holstein Kiel (1:1 beim 1. FC Magdeburg) patzten, verbesserte sich der HSV durch den dritten Auswärtssieg in Folge auf den zweiten Tabellenplatz. Stand jetzt würden die Hamburger einen Relegations-Hattrick verhindern und nach sechs Jahren den ersehnten Wiederaufstieg schaffen. Vor eineinhalb Jahren hatten sie den Fuß schon einmal in der Tür zur Bundesliga. In Berlin. Und wegen Ludovit Reis.

Im Relegationshinspiel bei der Hertha erzielte der Niederländer den 1:0-Siegtreffer. Hernach herrschte beim HSV und eigentlich in der ganzen Stadt große Zuversicht, vor heimischer Kulisse den Aufstieg perfekt machen zu können. Es folgte eine 0:2-Pleite, die den Erstliga-Traum platzen ließ. In dieser Saison gab es dann auch noch das unnötige Pokal-Aus im Elfmeterschießen an der Spree.

Möglicherweise war es aber die vorerst letzte Dienstreise für das Walter-Team ins Olympiastadion. Läuft für die Norddeutschen alles nach Wunsch, fahren sie in der kommenden Saison nicht nach Charlottenburg-Wilmersdorf, sondern nach Treptow-Köpenick. Dort hat Herthas Stadtrivale Union seine Heimat. Und die "Eisernen" sind bekanntlich Bundesligist.

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 04.02.2024 | 22:50 Uhr

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