HSV-Verteidiger Guilherme Ramos © Witters/ValeriaWitters

3:4 gegen Karlsruhe - So schön (und naiv) verliert nur der HSV

Stand: 28.01.2024 16:24 Uhr

Der HSV hat im Aufstiegskampf der 2. Liga einen Dämpfer hinnehmen müssen. Die Hamburger unterlagen am Sonntagnachmittag dem Karlsruher SC mit 3:4 (2:2) und rutschten auf den vierten Tabellenplatz ab.

von Hanno Bode

Es war die zweite Heimniederlage in Folge für die Mannschaft von Trainer Tim Walter, der schon ein Remis gereicht hätte, um nach der 1:2-Pleite von Holstein Kiel bei der SpVgg Greuther Fürth auf Rang zwei zu springen. So ist der HSV nun hinter der KSV und den Franken nur noch Vierter. Die Niederlage gegen die Badener hatte sich das einstige deutsche Fußball-Schwergewicht wieder einmal selbst zuzuschreiben. Schlampiges Defensivverhalten führte zu vier Gegentreffern, die in ihrem Zustandekommen selbst jedem Kreisliga-Coach schlaflose Nächte bereiten würden.

Immerhin: Die Hamburger zeigten Moral und glichen zwischenzeitlich einen 0:2- und 2:3-Rückstand aus. Bakery Jatta (33.), Laszlo Benes (35.) und Robert Glatzel (63.) waren für die Norddeutschen erfolgreich. Igor Matanovic (3., 6.), Budu Zivzivadze (46.) sowie Marvin Wanitzek (81.) trafen für die Gäste.

HSV-Verteidiger Guilherme Ramos © Witters/ValeriaWitters
AUDIO: HSV-Trainer Walter: "... dann kriegst du die Quittung dafür" (4 Min)

Meffert: "Haben es uns selbst versaut"

"Wir haben es uns heute einfach selbst versaut und sind deshalb enttäuscht", sagte HSV-Mittelfeldakteur Jonas Meffert im NDR Interview. Er haderte mit der Anfangsphase: "Da waren wir einfach in den Zweikämpfen nicht da." Walter schlug in dieselbe Kerbe. "Das, was wir in der letzten Woche viel besser gemacht haben, haben wir diese Woche nicht so gut gemacht. Dafür waren wir in der Offensive besser. Aber wenn du solche Fehler machst und schläfrig bist, dann kriegst du die Quittung dafür", erklärte der Coach.

Weitere Informationen
HSV-Stürmer Robert Glatzel (Mitte) ist enttäuscht. © picture alliance / Selim Sudheimer

HSV: Mit der Weiter-so-Mentalität zum Zweitliga-Dino

Fußballerisch inkonsequent, in der Entwicklung stagnierend, eine ernsthafte Analyse verweigernd: Der HSV droht den Aufstieg erneut zu verspielen. mehr

HSV in der Anfangsphase ohne Zugriff

Hatte es zum Rückrunden-Auftakt auf Schalke (2:0) noch den Anschein gehabt, als habe der HSV seine Liebe zur Abwehrarbeit entdeckt, verfiel die Walter-Elf in der Anfangsphase des Duells mit dem KSC wieder in alte Verhaltensmuster. Aus zu zögerlichem Zweikampfverhalten im Mittelfeld sowie schlechter Abstimmung in der letzten Verteidigungsreihe resultierten die Gegentreffer zum frühen 0:2-Rückstand. Karlsruhes Rechtsverteidiger Sebastian Jung, der inzwischen übrigens 33 Jahre alt ist, durfte den Ball jeweils ohne Gegnerdruck in den Strafraum passen, dort fand der Routinier zweimal Matanovic.

Der Hamburger Jung' setzte sich beim 1:0 gegen Stephan Ambrosius durch und vollendete durch die "Hosenträger" von Daniel Heuer Fernandes. Bei seinem zweiten Treffer umspielte der 20-Jährige, der seine ersten fußballerischen Schritte beim Harburger TB gemacht hatte und anschließend jahrelang für den FC St. Pauli aufgelaufen war, den Keeper und schob den Ball dann ganz abgeklärt über die Linie.

Fans sorgen mit DFL-Protest für Spielunterbrechung

Der HSV stand völlig neben sich und hatte Fortune, dass Zivzivadze (8.) und Christoph Kobald (11.) weitere Karlsruher Chancen ausließen. Sonst hätte es wohl schon "Game, Set and Match" für den KSC geheißen. Passend zu diesem Satz warfen die Hamburger Fans anschließend Tennisbälle auf den Rasen, um gegen den Einstieg eines Investoren bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu protestieren.

Dass ihr Lieblingsclub finanziell seit vielen Jahren vom Wohlwollen eines Milliardärs mit Wohnsitz in der Schweiz abhängig ist, die HSV-Fans schienen es in diesem Moment auszublenden.

Doppelschlag durch Jatta und Benes

Während viele fleißige Hände viele gelbe Filzbälle vom saftigen Grün im Volkspark trugen, hatten die Hausherren Gelegenheit, kurz durchzuatmen und sich zu besprechen. Und nach der kurzen Unterbrechung zeigte die Walter-Elf dann ein ganz anderes Gesicht. Nun wurde schnell und schnörkellos nach vorne gespielt und mit wenigen Ausnahmen auch hinten kraftvoll zugepackt. Der Lohn für die Leistungssteigerung waren zwei schöne Treffer zum Ausgleich.

Zunächst verwertete Jatta einen Traumpass von Benes mit der Fußspitze zum 1:2, dann war der Vorlagengeber selbst mit einem präzisen Linksschuss aus 16 Metern erfolgreich. Nun lagen sich auf den Rängen des Volksparkstadions wildfremde Menschen in den Armen, war der HSV so richtig auf Betriebstemperatur.

Glatzel (38., 45.+4) sowie Jean-Luc Dompé (45.+1) hatten vor der Halbzeit sogar noch die Führung für die Gastgeber auf dem Fuß. Sie wäre in Anbetracht des desaströsen Auftritts in der Anfangsviertelstunde dann aber auch des Guten etwas zu viel gewesen.

"Der ganze Spielverlauf ist extrem bitter. Es tut extrem weh." Robert Glatzel, Stürmer des HSV

Glatzel trifft im Jubiläumsspiel

Die zweite Hälfte begann wie die erste: mit einem KSC-Erfolgserlebnis. Nach nicht einmal 60 absolvierten Sekunden setzte sich Zivzivadze gegen Ambrosius und Guilherme Ramos durch und spitzelte den Ball im Fallen an Heuer Fernandes vorbei. Bald darauf besaß der Georgier, der bereits im Hinrunden-Duell in der Nachspielzeit den 2:2-Ausgleich erzielt hatte, die Möglichkeit zum 4:2, vergab sie aber per Kopf (55.).

Der HSV brauchte wie im ersten Abschnitt 15 Minuten, um Kontrolle über das Geschehen zu erlangen. Der nach langer Verletzungspause etwas überraschend für den auf Schalke zum "Kopfball-Ungeheuer" mutierten Immanuel Pherai in der Startelf stehende Ludovit Reis scheiterte mit einem strammen Schuss noch knapp am Ausgleich (60.), Glatzel hatte dann wenig später aber keine Mühe, einen Querpass von Jatta zum 3:3 in die Maschen zu schieben. Es war das 60. Tor im 100. HSV-Pflichtspiel für den Stürmer.

Wanitzek sorgt für die Entscheidung

Das Momentum sprach eigentlich für den HSV. Doch die Walter-Elf machte einmal mehr in dieser Saison den einen Fehler zu viel. In diesem Fall war es Reis, der Ignace Van der Brempt mit einem zu laschen Querpass bediente, Wanitzek eroberte den Ball, lief in den Strafraum und bezwang Heuer Fernandes mit einem präzisen Linksschuss.

Auf den abermaligen Rückstand hatten die Walter-Schützlinge keine Antwort mehr, sodass am Ende eines fraglos unterhaltsamen Nachmittags der Sturz aus den Aufstiegsrängen zu Buche schlug.

19.Spieltag, 28.01.2024 13:30 Uhr

Hamburger SV

3

Karlsruher SC

4

Tore:

  • 0:1 Matanovic (3.)
  • 0:2 Matanovic (6.)
  • 1:2 Jatta (33.)
  • 2:2 Benes (35.)
  • 2:3 Siwsiwadse (46.)
  • 3:3 Glatzel (62.)
  • 3:4 Wanitzek (81.)

Hamburger SV: Heuer Fernandes - Van der Brempt, Ramos, Ambrosius (83. Pherai), Muheim - Meffert - L. Reis (84. Németh), Benes - Jatta, Glatzel, Dompé
Karlsruher SC: Drewes - S. Jung, Franke, Kobald, Heise (63. Herold) - L. Jensen (84. N. Rapp) - Burnic, Wanitzek - Nebel (90.+3 Schleusener) - Matanovic (90.+3 Bormuth), Siwsiwadse (84. Brosinski)
Zuschauer: 51776

Weitere Daten zum Spiel

Weitere Informationen
Das Volksparkstadion beim Stadtderby HSV gegen den FC St. Pauli © picture alliance / xim.gs

HSV, Hansa, St. Pauli und Co. befeuern Zuschauer-Boom in der 2. Liga

Die 2. Fußball-Bundesliga ist beim Zuschauerzuspruch europaweit mittlerweile auf Rang fünf vorgerückt. Die norddeutschen Clubs haben daran großen Anteil. mehr

Felix Magath im HSV-Trikot stemmt glorifiziert den Pokal der Landesmeister vor einer rot beleuchteten Akropolis in die Höhe. © NDR Foto: picture alliance/Bildagentur-online/Rossi; Sven Simon

"HSV '83 - Magische Nacht in Athen": Podcast in der ARD Audiothek

1983 gewinnt der HSV den Europapokal der Landesmeister. Lars Pegelow spürt diesem Erfolg mit den Helden von damals nach. extern

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 28.01.2024 | 22:50 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

HSV

2. Bundesliga

Mehr Fußball-Meldungen

HSV-Trainer Merlin Polzin © IMAGO / Philipp Szyza

HSV: Ein Sieg als Statement für Polzin als Trainer

Die Hamburger zeigten gegen Fürth ihre beste Saisonleistung - und warben auf und neben dem Platz für einen Verbleib von Merlin Polzin. mehr