HSV, Hansa, St. Pauli und Co. befeuern Zuschauer-Boom in der 2. Liga
Wer einmal im Magen gespürt hat, wie in Liverpool das Stadion an der Anfield Road erzittert, wird das so schnell nicht vergessen. Paris St. Germain erstrahlt im Prinzenpark als Weltmarke weit über den Fußball hinaus, bei den Glasgow Rangers oder Atletico Madrid ist die Atmosphäre magisch. Und doch: Alle erwähnten Stimmungstempel mit Champions-League-Anspruch müssen sich beim Fan-Ansturm hinter den deutschen Zweitligisten Schalke 04 oder Hamburger SV einreihen.
Zuschauer-Ranking: HSV und Schalke national in den Top 5
Und auch national gehören S04 und der HSV in die Top 5: Die "Königsblauen" liegen mit einem Schnitt von mehr als 61.000 Zuschauern pro Partie als Dritter nur hinter Borussia Dortmund und dem FC Bayern München, die Norddeutschen sind Fünfter mit durchschnittlich mehr als 56.000 Besuchern. Und Eintracht Frankfurt auf Rang vier hat gerade einmal 200 Zuschauer im Schnitt mehr als die Hamburger.
Keine Frage: Die 2. Liga boomt - sie erwächst in Europa zur fünften Macht. Klaus Allofs, Sport-Vorstand von Fortuna Düsseldorf und ehemals Manager bei Werder Bremen, ist eine ihrer prominentesten Stimmen. "Wir haben viele Vereine mit hohen sportlichen Ambitionen, großer Vergangenheit und den entsprechenden Stadien", sagt Allofs.
2. Liga rangiert vor der französischen Ligue 1
"Hertha, Schalke, Hamburg, Kaiserslautern, Hannover, Nürnberg. Bei uns gehen auch 52.000 Zuschauer rein - und die werden an diesem Wochenende gegen St. Pauli auch kommen." Die Fortuna befeuert dies mit ihrem Gratiskonzept.
Mit einem Hinrunden-Schnitt von 28.342 hat die 2. Liga sogar die französische Ligue 1 hinter sich gelassen. Die spanische Liga mit den Giganten Real Madrid und FC Barcelona ist nur wenige Hundert Zuschauer entfernt, auch die italienische Serie A befindet sich in Reichweite.
Rund 270.000 Fans am Wochenende in Zweitliga-Arenen
Ausverkauft in Düsseldorf, mehr als 50.000 Zuschauer in Kaiserslautern und Hamburg, 40.000 in Hannover: Hätte Borussia Dortmund (81.365 Zuschauer) kein Heimspiel, würde die 2. Liga womöglich mit etwa 270.000 Fans an diesem Wochenende sogar vor der deutschen Eliteklasse liegen.
"Kaiserslautern gegen Schalke, das ist normalerweise ein Spiel auf Bundesliga-Ebene", sagt FCK-Trainer Dimitrios Grammozis. Beim HSV schwärmt Coach Tim Walter von der "Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, wie sehr die Menschen diesen Verein lieben".
Norddeutsche Zweitligisten befeuern den Boom
Besonders die norddeutschen Clubs befeuern die hohe Auslastung der Stadien in der 2. Liga - zu Hause und auswärts. Bei Heimspielen erreichen bis auf Hannover 96 (77 Prozent) alle Vereine eine Quote von mindestens 85 Prozent - Osnabrück und der HSV 98, St. Pauli sogar 100 Prozent.
Und auch auswärts sorgen Fans norddeutscher Clubs für volle Stadien: Rund 5.400 Fans begleiteten beispielsweise die "Rothosen" nach Angaben des Fußballportals "Die falsche Neun" in der vergangenen Spielzeit zu Auswärtspartien. Ein Wert, den sie mit 5.500 in dieser Spielzeit sogar noch übertreffen. Die Hamburger rufen die zur Verfügung stehenden Auswärtskontingente stets zu 100 Prozent ab. Doch auch Hansa Rostock und der FC St. Pauli gehörten in dieser Hinsicht vergangene Saison zu den Top 5 der Liga.
Allofs sieht für den Boom mehrere Gründe. Einerseits die Attraktivität der Clubs, des Wettbewerbs, der Stadien. 22 Vereine in der 1. oder 2. Liga haben Arenen mit einer Kapazität jenseits von 30.000, in neun davon wird Zweitliga-Fußball gespielt. Andererseits werde ein enormer Verdrängungswettbewerb offensichtlich. Hoffenheim, Wolfsburg oder Leipzig nehmen "mit außerordentlicher Unterstützung" längst frühere Stammplätze von Traditionsvereinen ein.
Viel Prominenz im Unterhaus
Unten tummelt es sich: Nur fünf Zweitligisten waren nie Meister, drei gewannen einen Europapokal. "Viele Große waren in der 1. Liga", betont Allofs. "Und sie haben den Anspruch, da wieder hinzukommen. Aber dort ist eben nicht mehr für alle Platz." Und so liegt im weltweiten Zuschauer-Ranking des Portals "Transfermarkt" Schalke vor dem FC Arsenal, Hertha BSC knapp hinter PSG, Lautern vor Juventus Turin, Hannover neben der SSC Neapel, die Fortuna vor dem FC Chelsea.
Fünf deutsche Zweitligisten sind in den Top 50, weitere folgen auf Platz 52 und 53. Der einzige weitere zweitklassige Club ist in dieser Gruppe der AFC Sunderland aus England. Sollte der HSV aufsteigen, kann sich der Boom relativieren. Andererseits erscheint der Abstieg des 1. FC Köln wahrscheinlich - die Rheinländer liegen in der weltweiten Zuschauertabelle auf Rang 25.