Kfz-Haftpflichtversicherung: Was bei Unfallschäden wichtig ist
Ein unverschuldeter Blechschaden ist ärgerlich, aber meist lässt er sich regulieren. Doch manche Kfz-Haftpflichtversicherung verweigert die Auszahlung, wenn es am Auto Vorschäden gab. Was müssen Unfallgeschädigte beachten?
Fast jeder hat das schon erlebt: Auf dem Parkplatz wird das abgestellte Auto von einem einparkenden Fahrzeug touchiert. Keine große Sache, ein sogenannter Parkrempler: Beim getroffenen Kfz gibt es ein paar Kratzer, eine kleine Delle und ein wenig Lack ist ab. Auch wenn es nur ein kleiner Schaden ist, kann die Reparatur trotzdem teuer werden. Deshalb ist es wichtig, die wesentlichen Daten zu notieren: Kfz-Haftpflichtversicherung und Personalausweisnummer des Unfallgegners, die Namen und Personalausweisnummern von Zeugen. Zudem sollten Unfallgeschädigte Fotos machen und im Zweifelsfall die Polizei rufen, so rät es unter anderem der ADAC.
Schadensregulierung: Reparatur oder fiktive Abrechnung
Eine Werkstatt sollte umgehend einen Kostenvoranschlag über den Schaden erstellen. Nach einem eindeutig unverschuldeten Verkehrsunfall hat der Geschädigte zudem das Recht, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen und der gegnerischen Versicherung die Kosten für das Kfz-Gutachten in Rechnung zu stellen. Hintergrund: Hinter einem Schaden, der auf den ersten Blick maximal 500 EUR ausmacht, kann durch einen verdeckten Schaden der Betrag wesentlich höher liegen. Ohne die Untersuchung eines Kfz Gutachters bliebe die Unfallfolge unentdeckt und damit unbezahlt. Ein Kostenvoranschlag einer Werkstatt leistet das nicht.
Der Geschädigte hat anschließend zwei Möglichkeiten: Entweder soll der Schaden repariert werden oder er lässt sich die Entschädigung von der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers aufgrund des Kostenvoranschlages auszahlen (fiktive Abrechnung). Eine Reparatur lohnt sich vor allem bei neueren Autos oder bei größeren Schäden. Eine fiktive Abrechnung bietet sich bei älteren Fahrzeugen an oder bei Schäden bis zu einer Summe von rund 1.000 Euro.
Vorschäden: Schadensumme wird gekürzt oder verweigert
Was viele Verbraucher nicht ahnen: Die Kfz-Haftpflichtversicherung kürzt gerne Schadenersatzansprüche, wenn das Auto Vor- oder Altschäden aufweist. Manchmal wird sogar die Leistung komplett verweigert. Woher weiß die Versicherung, dass das Auto Vor- oder Altschäden hat? Die Versicherungen haben dafür die sogenannte HIS-Datei (Hinweis-und Informations-System) geschaffen.
Wird zum Beispiel ein Fahrzeugschaden fiktiv auf Gutachtenbasis ausbezahlt, erfolgt eine Meldung des regulierenden Versicherers an die HIS. Ebenso werden wirtschaftliche Totalschäden gemeldet. Versicherer melden jedoch nicht nur an das HIS, sondern rufen die hinterlegten Daten zu beschädigten Wagen auch standardmäßig vor der Regulierung eines Schadens ab. Damit haben die Versicherer im Gegensatz zum Kunden und Gutachter regelmäßig einen Informationsvorsprung.
Wenn der Vor- oder Altschaden am vorderen rechten Kotflügel war und der aktuelle Schaden am hinteren linken liegt, sollte es keine Probleme geben. Anders ist die Lage, wenn zum Beispiel die hintere Stoßstange schon mal wegen eines Schadens auf der linken Seite ausgetauscht wurde: Selbst wenn der aktuelle Schaden die rechte Seite betrifft, kürzen Versicherungen zum Teil die Summe. In manchen Fällen zahlen sie auch gar nichts - mit dem Hinweis auf zwei sich überlappende Schäden. Dann ist der Unfall-Geschädigte in der Beweispflicht.
Gebrauchtwagenkauf: Reparaturrechnungen sind wichtig
Der Kfz-Sachverständige Peter Heßler aus Rellingen rät Gebrauchtwagenkäufern aus diesem Grund dazu, sich alle Reparaturrechnungen aushändigen zu lassen: "Wenn der Käufer den Vorschaden nicht kennt, hat er Schwierigkeiten, einen Unfallschaden von der Versicherung bezahlt zu bekommen."
Überlappende Vorschäden: Klage vor Gericht oft erfolgreich
Der Verkehrsrechtler Volker Hellweg aus Cadenberge in Niedersachsen hat die Erfahrung gemacht, dass einige Versicherungen erst dann zahlen, wenn er Klage einreicht. "Es ist oft das Problem, dass behauptet wird, dass es überlappende Vorschäden gäbe, wo es aber keine gibt", berichtet er. Der Anwalt hat kürzlich fünf Klagen zur Vorschadenproblematik beim Landgericht Stade eingereicht - alle fünf Schäden wurden von der Versicherung schließlich bezahlt.
Der BGH hat am 16.01.2024 mehrere Urteile gefällt, die sehr verbraucherfreundlich sind: u.a. VI ZR 253/22, VI ZR 147/21, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23. Die strenge Beweispflicht wurde abgeschwächt.