Schadstoffe in Imprägniersprays: Gefahr für Gesundheit und Umwelt
In vielen Imprägnierungen von Schuhen, Jacken, Hosen und Zelten stecken hochproblematische Substanzen. Diese sogenannten PFAS sind nicht abbaubar und können gesundheitliche Schäden verursachen.
Egal ob Wanderschuhe, Funktionsjacke, Hose, Zelt oder Schlafsack: Wer draußen unterwegs ist, braucht eine gute Outdoorausrüstung. Viele Hersteller werben damit, dass ihre Produkte Wind und Wetter abhalten. Eine gute Imprägnierung ist dafür unverzichtbar. Damit Regen abperlen kann und kein Schmutz haften bleibt, werden häufig per- und polyfluorierte Substanzen, sogenannte PFAS, für die Beschichtung eingesetzt. Das sind die stärksten Verbindungen der organischen Chemie, die zwar schmutz- und wasserabweisend sind, aber in der Natur nicht abgebaut, sondern über Meeresströmungen und die Luft bis in die entlegensten Gebiete der Erde transportiert werden. Sie gelangen bei der Produktion und beim Waschen von Outdoor-Bekleidung in die Abwässer - und so in die Umwelt. Wer den Rat einiger Hersteller befolgt und Schuhe und Jacken regelmäßig mit einem Spray nachimprägniert, trägt ebenfalls zur Verbreitung der PFAS bei.
PFAS aus Imprägnierung in Fischen nachgewiesen
Selbst in der Arktis und Antarktis haben Forscher im ewigen Eis bereits PFAS festgestellt. Das Problem: Diese Substanzen reichern sich auch in Pflanzen und Tieren an, zum Beispiel in Fischen und Meeresfrüchten. So landen die chemischen Rückstände irgendwann in konzentrierter Form auf unseren Tellern. "Mit einer Fischmahlzeit nehmen wir Menschen dann so viele PFAS auf, wie in 10.000 Litern Meerwasser enthalten sind", erklärt Dr. Hanna Joerss, Umweltchemikerin am Hereon Institut für Umweltchemie und Küstenschutz in Geesthacht. Das Niedersächsische Verbraucherschutzministerium warnt bereits davor, täglich Fisch zu essen, weil PFAS die Leber schädigen und das Immunsystem schwächen können. Es gibt außerdem Studien, die PFAS mit Krebserkrankungen in Verbindung bringen. Dass sich PFAS längst in unseren Körpern angereichert haben, gilt als unstrittig. Zwischen 2014 und 2017 wurden über 1000 Blutproben von Kindern aus Deutschland untersucht. In jeder einzelnen ließen sich PFAS nachweisen.
Schadstoffe verunreinigen Gewässer
Weil PFAS nicht nur bei der Herstellung von Textilien oder Impräniersprays mit dem Fabrikabwasser in die Umwelt gelangen, sondern auch beim Waschen und Tragen ausgespült beziehungsweise abgerieben werden, sind auch deutsche Gewässer längst mit sogenannten PFAS-Verbindungen belastet. Das haben Wasserproben des NDR in Zusammenarbeit mit dem Hereon Institut ergeben. Die chemischen Rückstände wieder loszuwerden, ist praktisch unmöglich.
PFAS in Outdoorbekleidung: Entsorgung schwer möglich
Nach Angaben des Umweltbundesamtes sind die meisten deutschen Kläranlagen nicht in der Lage, die Verbindungen herauszufiltern. Auch angereicherte PFAS-Rückstände in Böden oder Pflanzen ließen sich nur durch aufwendige, hochkomplexe und vor allem teure Bodensanierungen entfernen, sagt Textilchemiker Jona Schulze vom Umweltbundesamt. Und selbst auf der Mülldeponie machen Produkte, die mit PFAS beschichtet wurden, noch Probleme: So werden die Substanzen erst bei einer Temperatur von 1.200 Grad Celsius zerstört. "Die meisten kommunalen Müllverbrennungsanlagen schaffen aber nur eine Temperatur von etwa 800 Grad. Deshalb ist auch hier nicht mit einer vollständigen Beseitigung des Problems zu rechnen", so Schulze.
PFAS-Stoffgruppe umfasst mehr als 4.000 Substanzen
Neben Outdoorbekleidung gibt es unzählige Produkte, die ebenfalls mit poly- und perfluorierten Substanzen beschichtet sind: Pappbecher, Teflonpfannen, Pizzakartons, Mikrofaserstoffe. Zwar hat die Europäische Union reagiert und bereits einige Arten von PFAS-Verbindungen verboten, doch zu der Stoffgruppe gehören mehr als 4.000 Substanzen. Darf eine nicht mehr genutzt werden, weicht die Industrie auf die nächste Substanz aus. Das Umweltbundesamt arbeitet deshalb mit anderen europäischen Staaten an einer Verbots-Empfehlung für die gesamte Stoffgruppe, doch das kann viele Jahre dauern.
Outdoor-Hersteller werben mit Produkten ohne PFAS
Erste Outdoorhersteller haben sich bereits verpflichtet, keine PFAS mehr einzusetzen und werben damit, "frei von perfluorierten Substanzen" zu sein. Dr. Hanna Joerss vom Hereon Institut für Umweltchemie hat daran Zweifel: "Viele Hersteller lassen nach wie vor in Asien produzieren, wo die PFAS nicht verboten sind. Wir haben Abwasserproben einer Outdoor-Textilfabrik in der Nähe von Shanghai untersuchen lassen und darin signifikant hohe Belastungen mit PFAS gefunden." Das zeige, dass mit zunehmender Regulierung in Europa die Industrie nach Asien ausweiche und das Problem nur verschoben werde.
Imprägniersprays ohne PFAS enthalten andere umweltschädliche Stoffe
Auch viele Hersteller von Imprägniersprays werben mit der Aufschrift "ohne PFC" - eine andere Bezeichnung für PFAS. Viola Wohlgemuth von Greenpeace warnt jedoch, dass diese Sprays dennoch nicht automatisch umweltfreundlich sind: "Dort werden dann oft andere chemische Stoffe eingesetzt, die umweltschädlich oder gesundheitsgefährdend sind." Besser als die verbreiteten Aerosol-Sprays seien Wachse oder Pumpsprays zum Imprägnieren.