Mülltüten aus Bioplastik: Nicht überall dürfen sie in die Biotonne
Mülltüten aus Bioplastik sind angeblich zu 100 Prozent kompostierbar - doch sie lösen sich nicht komplett auf. Für viele Entsorgungsbetriebe ist das ein Problem. Umweltchemiker schätzen die Müllbeutel dennoch.
Es scheint so unkompliziert: Der Biomüll kommt in eine stabile Plastiktüte, die direkt über den Biomüll mitentsorgt werden kann. Die Hersteller von Bioplastiktüten versprechen genau das. Ein weiteres Werbeversprechen: Die Beutel seien zu 100 Prozent kompostierbar - eine Zertifizierung nach DIN-Norm garantiere diese Kompostierbarkeit.
Höherer Preis für Biomülltüten aus Bioplastik
Dafür kosten die Mülltüten aus Bioplastik auch deutlich mehr als andere. Das große Problem: Die meisten Entsorgungsbetriebe in Norddeutschland wollen solche Tüten trotzdem nicht im Biomüll haben. Einige lassen sogar die gesamte Biomülltonne stehen, wenn Verbraucher Tüten aus Bioplastik verwendet haben.
Verunreinigter Kompost: DIN-Norm nicht ausreichend
Im Kompostierwerk in Bützberg bei Hamburg beispielsweise werden Bioplastiktüten aussortiert und anschließend verbrannt. Die Betreiber halten die DIN-Norm zur Kompostierbarkeit nicht für ausreichend, denn das Bioplastik verschwinde nicht: "Kleine Teile bleiben im Kompost und führen zu einer Verunreinigung, die wir nicht weiter kontrollieren und verfolgen können", sagt Anke Boisch, die Chefin der Kompostieranlage. Laut DIN-Norm dürfen immer noch Fetzen mit einer Größe von bis zu zwei Millimetern nach der Kompostierung in der Erde bleiben.
Kompostierbar heißt nicht biologisch abbaubar
Auch bei der Stadtreinigung Hamburg heißt es, die Tüten seien nicht wirklich zu "100 Prozent kompostierbar". Trotzdem darf es so auf den Verpackungen stehen. Ein Hersteller erklärt: Die Beutel würden desintegrieren - das sei nicht zu verwechseln mit dem vollständigen biologischen Abbau. Es blieben tatsächlich noch kleine Bestandteile des Bioplastiks in der Erde.
Wissenschaftler: Bioplastik in der Umwelt ist Gewinn für die Natur
Umweltchemiker wie Michael Braungart sehen in den Tüten aus Bioplastik dennoch einen Gewinn für die Natur. Der Grund: Bioplastik ist ein ganz anderer Stoff als herkömmliches Plastik und besteht zum Beispiel aus Mais- oder Kartoffelstärke. "Im Gegensatz zu herkömmlichen Kunststoffen ist Bioplastik nicht giftig", sagt Braungart. Auf den Bioplastik-Fetzen bildeten sich sogar kleinste Organismen und nutzten ihn als Lebensraum.
Er plädiert dafür, dass auch andere Produkte aus Bioplastik hergestellt werden sollten und dass herkömmliches Plastik verboten wird. Braungart hat 2022 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis erhalten.
Betriebe dürfen Bioplastik ablehnen
Entsorgungsbetriebe dürfen Bioplastik dennoch ablehnen und die Biotonnen stehen lassen, wenn sie darin Beutel aus Bioplastik entdecken. Um Biomüll bestmöglich zu entsorgen, empfehlen sie Müllbeutel aus Papier. Notfalls könne man auch kleine Mengen Zeitungspapier nehmen oder die Abfälle einfach lose wegwerfen.