Listerien: Wurst kann gefährliche Bakterien enthalten
Immer wieder kommt es zu Rückrufaktionen in Supermärkten und Discountern, weil in Lebensmitteln Listerien (Listeria monocytogenes) nachgewiesen wurden. Auch Rohwurst birgt ein Risiko.
Die Bakterien können insbesondere bei immungeschwächten und älteren Menschen die Erkrankung Listeriose auslösen, die potenziell tödlich ist. Für Schwangere stellen Listerien ebenfalls ein besonderes Risiko dar, da es beim ungeborenen Kind durch eine Infektion zu Totgeburt, Frühgeburt, zu Hirn- und Hirnhautentzündungen sowie Sepsis (Blutvergiftung) kommen kann. Die Listeriose verläuft bei Ungeborenen in etwa 30 Prozent der Fälle tödlich.
Listeriose-Fallzahlen steigen
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit registriert trotz leichter Schwankungen eine seit zehn Jahren steigende Zahl an Listeriose-Fällen in der EU. Auch in Deutschland ist die Tendenz steigend: Nach Angaben des Robert Koch-Instituts hat sich die Zahl der gemeldeten Listeriose-Fälle seit 2011 mehr als verdoppelt. 2018 wurden in Deutschland rund 700 Listerien-Infektionen nachgewiesen. Die Ursachen für den Anstieg sind nicht bekannt.
Im Vergleich zu anderen lebensmittelbedingten Infektionskrankheiten wie zum Beispiel der Salmonellose und der Campylobacteriose können Listeriose-Erkrankungen einen besonders schweren Verlauf nehmen. EU-weit verläuft die Infektion bei jedem zehnten Patienten tödlich. Deshalb kommt der Vermeidung der Listeriose nach Ansicht von Experten eine große Bedeutung zu.
Neben Fisch vor allem Fleisch- und Wurstwaren betroffen
Listerien werden meist durch kontaminierte Lebensmittel auf den Menschen übertragen, zum Beispiel durch Rohkost, Rohmilchkäse, Gemüse, Salat und vor allem über Fleisch und Fisch. Vor einer Infektion mit Listerien können etwa Abspülen, Abkochen, Garen und Braten schützen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung informiert in einer Broschüre ausführlich über Maßnahmen zum Schutz vor Lebensmittelinfektionen mit Listerien.
Hohes Risiko bei Rohschinken und Salami
Doch auch die fleischverarbeitenden Betriebe könnten neben der zwingend erforderlichen Basishygiene weitere Maßnahmen einführen, um die Listerien-Gefahr zu minimieren. Insbesondere Rohschinken und Rohpökelwaren wie Salami oder Mettwürste können ein hohes Risiko bergen. So hat eine Studie gezeigt, dass aufgrund der produktionsbedingt fehlenden Erhitzung in etwa 20 bis 60 Prozent der getesteten Rohpökelware über die Rohware eingeschleppte Listerien nachgewiesen werden können.
Hochdruckbehandlung deaktiviert Listerien
Mithilfe einer sogenannten Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln können Mikroorganismen wie Listerien und andere Krankheitserreger wirksam deaktiviert werden. Bei dem Verfahren, das auch Hochdruckpasteurisierung genannt wird, werden die Produkte ohne die Verwendung von Zusatzstoffen oder Hitze einem hohen Druck von 6.000 bar ausgesetzt. Der Druck wirkt gleichmäßig von allen Seiten ein und reicht bis in den Kern der Produkte. Ein Vorteil: Die sensorischen und geschmacklichen Veränderungen sind minimal.
Solche Anlagen sind technisch ausgereift und werden in einigen Lebensmittelbranchen auch schon seit vielen Jahren eingesetzt. Doch gerade in der Fleischbranche, die regelmäßig mit Listerien-Funden in ihren Produkten konfrontiert ist, hat das Hochdruckbehandlungsverfahren noch keine flächendeckende Verbreitung gefunden.
Dabei sehen Experten viele Vorteile für das Verfahren: So werden die Produkte stets in der Endverpackung hochdruckbehandelt. Der große Pluspunkt: Die Ware kann danach direkt an Supermärkte und Discounter ausgeliefert werden. Die Gefahr einer erneuten Verunreinigung mit Keimen im Fleischverarbeitungsbetrieb ist so quasi ausgeschlossen.
Phagen: Mit Viren gegen Bakterien
In einer Reihe von Ländern werden zur Bekämpfung von Listerien bei der Herstellung von Lebensmitteln sogenannte Phagen eingesetzt. Dabei handelt es sich um Viren, die gezielt Krankheitserreger wie Listerien beseitigen. Der EU-Kommission liegt seit einigen Jahren ein Antrag zur Genehmigung eines Präparates zur Bekämpfung von Listerien in Lebensmitteln und Produktionsanlagen vor, über das bislang nicht entschieden wurde.
Bundesministerium lastet Verantwortung Fleischbetrieben an
Obwohl mit der Hochdruckbehandlung und den Phagen zwei sehr ausgereifte Verfahren existieren, werden diese noch nicht flächendeckend eingesetzt. Auf die Anfrage, warum insbesondere das auch im industriell Maßstab anwendbare Verfahren der Hochdruckpasteurisierung nicht verpflichtend für fleischverarbeitende Betriebe eingeführt wird, verweist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft darauf, dass die Lebensmittelunternehmen für die Sicherheit ihrer Erzeugnisse verantwortlich seien.