Dutzende von Briefkästen neben- und untereinander © Photocae / Dr. Nico Foto: Dr. Nico

Gewerbe-Steueroasen in Deutschland - ein unfairer Wettbewerb?

Stand: 29.07.2024 10:44 Uhr

Wer als Unternehmer seine Gewinne vor hohen Steuern schützen will, muss nicht unbedingt auf die Cayman Islands auswandern. In Deutschland unterbieten sich die Gemeinden bei der Gewerbesteuer.

von Jessica Ostermünchner

Monheim am Rhein ist eine sogenannte Gewerbesteueroase mitten in Deutschland. Hier zahlen Firmen nur 8,75 Prozent Gewerbesteuer. Im nur eine halbe Stunde entfernten Düsseldorf werden dagegen mehr als 15 Prozent auf den Gewinn fällig. Allerdings ist Monheim am Rhein nicht allein: Ähnlich niedrige Gewerbesteuersätze haben in Deutschland auch Leverkusen bei Köln, Grünwald bei München, Zossen bei Berlin oder Lützen bei Leipzig.   

 Die Gemeinden ruinieren sich gegenseitig

Fast jede größere Stadt habe so eine Gewerbesteueroase vor der Tür, meint Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. Das Problem: "Die Gemeinden ruinieren sich gegenseitig, weil die Firmen auf Knopfdruck Gewinne künstlich von einer Gemeinde in die andere verlagern können, ohne ihre tatsächlichen Tätigkeiten verschieben zu müssen. Das führt dazu, dass sich die Gemeinden gegenseitig unterbieten.

Firmen nutzen Steuergefälle aus

Trautvetter hat untersucht, wie Firmen dieses Steuergefälle im großen Stil ausnutzen. Denn eigentlich müssten Firmen eine "echte Betriebsstätte" in den Gemeinden haben, um hier auch von der niedrigen Gewerbesteuer profitieren zu können.  

In Monheim müssten also Arbeitnehmer beschäftigt sein oder aber zumindest Geschäftsentscheidungen getroffen werden. Was nicht ausreichen würde: "Der klassische Briefkasten." 

Das Geschäft mit den Briefkästen

Im Internet finden sich zahlreiche Vermieter, die weit mehr als nur Büroräume anbieten. Ab 159 Euro im Monat können Firmeninhaber nicht nur einen Schreibtisch mieten, sondern auch die Post an den eigentlichen Firmensitz nachsenden lassen und das Telefon umleiten. 

Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit warnt: "Wenn ich behaupte, ich hätte in Monheim am Rhein eine Firmenadresse, ich würde dort tatsächlich geschäftlich tätig sein, bin es aber nicht, und mache gegenüber dem Finanzamt unrichtige Angaben - dann kann das Steuerhinterziehung sein".

Laxe Kontrolle durch Finanzämter 

Die laxe Kontrolle durch die Finanzämter sei ein strukturelles Problem, meint Christoph Trautvetter: "Die lokal zuständigen Finanzämter haben oft überhaupt kein Interesse daran, gegen dieses Modell vorzugehen." Denn würden sie es richtig prüfen, würden den betroffenen Gemeinden vermutlich Gewerbesteuereinnahmen verloren gehen. 

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Dieses Thema im Programm:

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