Energiepreise: Wie können Verbraucher sparen?
Angesichts steigender Preise für Gas, Öl und teilweise auch für Strom stehen viele Haushalte vor wirtschaftlichen Problemen. Doch es gibt Möglichkeiten zu sparen. Die Energieberatung der Verbraucherzentralen ist ein erster Schritt, um gemeinsam mit Fachleuten das Sparpotenzial zu identifizieren. Beim Tanken sind Preisvergleichs-Apps hilfreich und für Strom- und Gas-Verträge entsprechende Vergleichsportale im Internet.
Wie sich der Energiemarkt verändert und welche Sparmöglichkeiten und Rechte Verbraucherinnen und Verbraucher haben, hat Sascha Beetz, Referent für Energie und Nachhaltigkeit bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, beantwortet.
Was sollten Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts steigender Preise tun?
Jeder Betroffene sollte überprüfen, ob ein Wechsel des Tarifs oder des Anbieters infrage kommt. Hauseigentümer sollten sich außerdem mit einem Wechsel der Heizungsanlage und einer Verbesserung der Dämmung auseinandersetzen.
Was tun bei einer deutlichen Erhöhung?
Bei nicht vertragsmäßig berücksichtigten Preissteigerungen besteht für alle Kundinnen und Kunden ein Sonderkündigungsrecht (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund, § 314 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB), von dem man auch Gebrauch machen sollte. Der erste Weg könnte aber immer ein freundliches Telefonat mit dem Anbieter sein, in dem man darauf hinweist, dass man durchaus mit dem Gedanken eines Wechsels spielt. Oft kann man so bereits den Anbieter zu einem Entgegenkommen bewegen.
Lohnt sich aktuell ein Anbieterwechsel?
Unsere Statistik zeigt: in den meisten Fällen ja. Wir haben im Januar 2021 bereits in unserer Marktbeobachtung festgestellt, dass in einer 100m²-Wohnung mit einem Energieverbrauch von 12 MWh pro Jahr zwischen 63 und 94 Euro monatlicher Kosten anfallen. Das entspricht einem Preis von 6,3 - 9,4ct/kWh. Die gleiche Untersuchung Anfang Oktober ergab eine Preisspanne von 7,1 - 19ct/kWh. Das heißt, dass die Preise insgesamt zwar gestiegen sind, aber ungleich mehr ist die Spannbreite des Angebotes gestiegen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass man auch einen günstigeren Tarif bekommen kann.
Auf welche Details sollte beim Vertragsabschluss besonders geachtet werden?
Zunächst einmal auf kurze Laufzeiten und kurze Kündigungsfristen. Genau hinschauen sollten man bei den Bonus-Tarifen. Bei vielen Vergleichsportalen stehen die häufig ganz oben. Viele Anbieter mit Bonus-Tarif holen sich das tolle Angebot aus dem ersten Jahr aber über die Preise im zweiten Jahr wieder zurück. Darüber lohnt sich der Blick auf mögliche Online-Tarife und natürlich sollte auch geschaut werden, ob die Anzahl der Abschläge und der Ökoanteil den persönlichen Wünschen entspricht.
Am besten nutzt man vor dem Vertragsabschluss einfach mehrere Vergleichsportale, denn nicht alle Anbieter sind in jedem Vergleichsportal gelistet. Manchmal lohnt sich auch der Vertragsabschluss direkt beim Anbieter, da Vermittlungsgebühren an die Vergleichsplattformen wegfallen. Leider ist auch die Transparenz der Plattformen nicht immer gegeben. Deswegen am besten mit den vielen Filteroptionen arbeiten und die Suche an die eigenen Bedürfnisse anpassen, was Laufzeit, Boni und Verbrauch angeht.
Lohnen sich Verträge mit Preisbindung?
Preisgarantien sind natürlich von Vorteil, wenn der Beschaffungspreis der Anbieter steigt - so wie aktuell. Aber ebenso gut können sie eben auch nachteilig sein, wenn dieser sinkt, wie zum Beispiel in den letzten beiden Jahren. Eine mögliche Falle können hier auch die Bonuszahlungen sein. Da sollte immer darauf geachtet werden, wann diese ausgezahlt werden und unter welchen Umständen. Im Energiebereich sind in der Vergangenheit viele Insolvenzen aufgetreten. Dann ist die angekündigte Bonuszahlung natürlich weg. Einige Plattformen garantieren mittlerweile die Auszahlung des Bonus - hierauf sollte geachtet werden.
Wieviel Spielraum haben Energieanbieter innerhalb der Verträge?
Grundsätzlich gilt: Es ist alles rechtens, was im Gesetz steht. Wenn es nicht im Gesetz steht, bedeutet das aber nicht automatisch, dass es nicht rechtens wäre. Auf dem Energiemarkt ist es wie bei vielen Marktbedingungen so, dass ein massives Ungleichgewicht zwischen Anbieter und Verbraucher herrscht. Das deutsche Recht (§ 314 Abs. 1 BGB) bietet daher immer dem Kunden die Möglichkeit, bei nicht vereinbarten Preiserhöhungen von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.
Was passiert, wenn nicht gezahlt wird?
Zunächst sollte man immer versuchen, mit diesen Zahlungen nicht in Rückstand zu geraten. Nach §§ 19 StromGVV/GasGVV müssen sich vor einer Sperre mindestens 100 Euro Rückstand angehäuft haben, bei Gas sogar noch weniger. Der Lieferant muss außerdem eine Zahlungsaufforderung/Mahnung geschickt haben, auf die der Verbraucher oder die Verbraucherin nicht fristgerecht reagiert hat. Vier Wochen vor dem eigentlichen Termin bekommt man dann noch eine Sperrandrohung und drei Werktage vor dem Sperrtermin nochmals eine Sperrankündigung.
Die Folgen der Unterbrechung müssen verhältnismäßig sein. Das heißt, wenn zum Beispiel Pflegebedürftige oder Kleinkinder im Haus wohnen, kann sich ein Widerspruch gegen die Sperre lohnen. Sobald eine Mahnung kommt, sollte man sich Unterstützung bei den Verbraucherzentralen, bei Anwälten oder Schuldnerberatungen holen. Meist kommen die Verbraucherinnen und Verbraucher leider erst, wenn es schon zu spät ist.
Wie kann abgesehen vom Preis gespart werden?
Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer sollten versuchen, sich unabhängiger zu machen. Das ginge mit:
- Dämm-Maßnahmen - das hat den riesigen Vorteil, dass sie den Verbrauch drücken, gleichzeitig das "Wohngefühl" erhöhen durch die Verminderung von Zugluft. Auch Heizungsrohre sollten gut gedämmt sein.
- alternativen Heizungen/Heizunterstützungen - zum Beispiel Solarunterstützung oder Wärmepumpen
- optimalem Heizverhalten: Ist die Heizkurve der Heizung optimiert? Wie sieht es mit der Heizungspumpe aus, ist diese auf dem neuesten Stand? Und: Ist das Heizsystem auf die Gegebenheiten im Haus angepasst? Hier lohnt ein hydraulischer Abgleich.
- Die Fenster sollten alle fünf Jahre überprüft werden, die Wohnungstür kann man zusätzlich dämmen.
- Türen zu selten benutzten Räumen sollte man in schlecht gedämmten Wohnungen geschlossen halten, um Zugluft zu vermeiden.
- Außerdem sollten Räume nicht überhitzt werden. Ein Grad weniger Raumtemperatur sparen etwa 6 Prozent Energie.
- Ganzheitlich denken: Vielleicht kommt ein Stecker-Photovoltaik-Gerät infrage. Damit kann man sicher nicht den gesamten Strombedarf decken, aber man kann einen Beitrag leisten und die Anlagen rechnen sich nach wenigen Jahren auch.
Wie werden sich die Preise in den nächsten Monaten entwickeln?
Witterungsbedingt und aufgrund der nach Corona anziehenden Wirtschaft sind die Gasreserven in Deutschland gegenüber den letzten Jahren auf einem niedrigeren Stand. Das ist ein Grund, weshalb die Nachfrage hierzulande steigt. Unter anderem deswegen sind im Großhandel auch die Gas- und Heizölpreise auf einem Höhenflug und Verbraucherinnen und Verbraucher sollten mit einer Erhöhung der Abschlagszahlungen rechnen.
Prognosen sind natürlich immer schwierig. Allerdings ist es aus Sicht des Verbaucherschutzes unwahrscheinlich, dass die Endverbraucherpreise weiter ins Unermessliche steigen. Aktuell sind die Preise zwar höher, haben aber auch noch nicht das bisherige Allzeithoch von 2008 erreicht. Mit zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien ist aber bei den fossilen Energien auch mit zunehmenden Preisausschlägen zu rechnen. Das ist allerdings nicht nur schlecht, denn es zeigt, dass die Konkurrenz wächst. Der CO2-Preis ist auch bei weitem nicht der alleinige Preistreiber - hier spielen die Situation am Weltmarkt und die Witterung eine größere Rolle.
Am Beispiel Strom lässt sich das ganz gut zusammenfassen, denn der Preis besteht aus vielen variablen Komponenten. Die anfallenden Steuern/Abgaben/Umlagen (EEG-Umlage, Stromsteuer, Offshore-Netzumlage) machen etwa 50 Prozent der Stromkosten aus.