Allergie-Tabletten liegen auf einer Liste, die einen ausgewerteten Prick-Test zeigt. © picture alliance / dpa Themendienst | Andrea Warnecke Foto: Andrea Warnecke

Allergie: Was taugen Selbsttests aus dem Internet?

Stand: 30.09.2022 13:20 Uhr

Ob bei juckender Nase, Hautausschlag oder Magen-Darm-Problemen: Ein Allergietest für zu Hause kann trotz hoher Kosten verlockend klingen. Doch Allergologen bezweifeln die Aussagekraft.

von Wiebke Neelsen

Einige der im Internet angebotenen Tests versprechen viel: Allergien wollen sie "zuverlässig erkennen" - "schnell und einfach mit nur einer kleinen Blutprobe". Und kompliziert ist das Prozedere eines Allergie-Selbsttests tatsächlich nicht: Die Testpersonen entnehmen sich mittels einer mitgelieferten Lanzette selbst Blut am Finger und tropfen es in ein ebenfalls vom Hersteller bereitgestelltes Röhrchen oder auf eine Trockenblutkarte. Mit der Post werden die Testkits verschickt, in einem Labor analysiert und das Ergebnis kommt einige Tage später per Mail. Die Preise für solche Tests liegen meist bei 90 bis 100 Euro.

Antikörper im Blut können Hinweis auf eine Allergie sein

Die meisten Anbieter solcher Tests untersuchen das eingesandte Blut auf die Antikörper Immunglobulin E (IgE) und Immunglobulin G (IgG). IgE-Antikörper sind für Allergien verantwortlich und werden auch in Blutabnahme-Tests in Arztpraxen oder Krankenhäusern ermittelt. Ein Test aus dem Internet könne jedoch zu falsch-positiven Ergebnissen führen, erläutert Prof. Dr. Steffen Emmert, Allergologe und Direktor der Hautklinik Rostock, am Beispiel von Erdnüssen: "Wenn Sie regelmäßig Erdnüsse essen, dann kann es sein, dass Sie IgE-Antikörper haben."

Bei Personen, die Erdnüsse aber immer gut vertragen, liege jedoch per Definition keine Allergie gegen Erdnüsse vor. Der Nachweis dieser Antikörper lasse keine Rückschlüsse auf eine klinisch manifestierte allergische Reaktion zu. Die Ermittlung von IgG-Antikörpern im Blut hält er für überflüssig: Sie lösen keine Allergie aus und würden deshalb in der Schulmedizin gar nicht untersucht.

Selbsttests auf Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)

Selbsttests auf Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) basieren auf einem Nachweis von Immunglobulin-A(IgA)-Antikörpern im Blut. Das Blut muss vor der weiteren Verwendung mit einer Pufferlösung in einem bestimmten Verhältnis verdünnt werden. Ein positives Ergebnis stellt einen ersten Hinweis auf eine Glutenunverträglichkeit dar, muss aber durch weitere Untersuchungen in der Arztpraxis bestätigt werden. Der Test kann aber auch ein falsch-negatives Ergebnis liefern, da etwa fünf Prozent der Zöliakie-Erkrankten den im Test ausgewerteten Antikörper gar nicht haben. Auch wenn sich der Anwender bereits glutenfrei ernährt oder eine Weizenallergie hat, schlägt der Test nicht an.

Test anhand von Haarprobe kann nicht funktionieren

Ebenfalls im Internet erhältlich sind Tests für unter 30 Euro, die angeblich anhand von 10 bis 20 selbst entnommenen Haarsträhnen eine Allergie ermitteln können. Auffällig: Im Gegensatz zu den Bluttests wird die Probe hierbei nicht auf IgE- oder IgG-Antikörper getestet, sondern auf einen nicht weiter definierten "Schwellenwert" nach einer "komplementären physikalischen Messmethode".

Zwar ist unumstritten, dass Haare Informationen speichern können: So können Haar-Analysen beispielsweise Aufschluss über die Belastung eines Körpers mit Schwermetallen wie Blei oder Kadmium geben. Allerdings sei es unmöglich, anhand einer Haarprobe Allergien oder Unverträglichkeiten zu diagnostizieren, so Emmert.

Ärztliche Auswertung und Beratung fehlt

Bluttests aus dem Internet können einen ersten Anhaltspunkt auf bestehende Allergien und Unverträglichkeiten liefern. Allerdings fehlt die fachkundige ärztliche Auswertung inklusive etwaiger Erstellung eines Ernährungsplans. Darauf weisen auch der Deutsche Allergie- und Asthmabund sowie die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft hin. Bei einem Verdacht auf Allergien und Unverträglichkeiten ist ein Test in einer Arztpraxis zudem eine Kassenleistung und muss nicht von den Betroffenen selbst bezahlt werden.

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