Hamburgs UNESCO-Welterbe: Wo sich der Handel ein Denkmal setzte
Mächtige Backsteinfronten, expressive Ornamente, ausdrucksstarke Skulpturen: In den 1920er-Jahren entstand mit dem Kontorhausviertel ein einzigartiges Architekturdenkmal, das heute zum UNESCO-Welterbe zählt.
Die Bauten des Hamburger Kontorhausviertels sind unverwechselbar. Als eindrucksvolle Zeugnisse des Backstein-Expressionismus der 1920er-Jahre und der Neuen Sachlichkeit stehen sie - gemeinsam mit der nahe gelegenen Speicherstadt - seit Juli 2015 unter dem Schutz der UNESCO als Teil des Weltkulturerbes.
Das Chilehaus - auffälligstes Gebäude des Viertels
Bekanntestes Bauwerk des Viertels ist das Chilehaus mit seiner spitz zulaufenden Fassade. In unmittelbarer Nachbarschaft entstanden weitere mächtige Gebäude wie der Meßberghof, der Sprinkenhof, der Mohlenhof und der Montanhof. Jeder einzelne Komplex zählt zu den weltweit wichtigsten Bürobauten, die in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden.
In Skelettbauweise errichtet
Neben den charakteristischen Backsteinfassaden besitzen die fünf Gebäude, die nur wenige Schritte voneinander entfernt rund um den Burchardplatz liegen, eine weitere architektonische Besonderheit: Sie wurden in Skelettbauweise errichtet. Dadurch konnte man auf tragende Innenwände weitgehend verzichten und die Grundrisse im Inneren flexibel halten. Die Büroflächen konnten so den individuellen Wünschen der Firmen, die sich in den Gebäuden niederließen, angepasst werden. Vor allem Im- und Exportfirmen, die im Überseehandel tätig waren, siedelten sich dort an - eine Branche, in der Hamburgs Kaufleute sehr aktiv waren und es zu beträchtlichem Wohlstand brachten.
Die Entstehungsgeschichte des Kontorhausviertels
Nachdem 1892 die Cholera in Hamburg ausgebrochen war, begann die Stadt nach und nach, die sogenannten Gängeviertel rund um Stein- und Mönckebergstraße abzureißen. Dort hatten katastrophale hygienische Zustände und drängende Enge geherrscht. Südlich der Steinstraße entstand dort nach den städteplanerischen Vorgaben des Architekten Fritz Schumacher ab 1921 das Kontorhausviertel. Errichtet wurden überwiegend Bürogebäude. Es entsprach den damaligen Idealvorstellungen einer modernen Stadt, unterschiedlichen Zonen jeweils spezielle Funktionen zu geben. Zonen des Wohnens sollten von denen des Arbeitens möglichst getrennt werden.
Eingangsbereiche frei zugänglich
Bis heute beeindrucken die Bauten durch ihre künstlerische Ausgestaltung mit geschwungenen Fassaden, Skulpturen und gegliederten Stockwerken - und durch das Baumaterial: "Der Backstein (wird) mit zunehmendem Alter immer schöner und die Häuser gewinnen an Reiz", wussten schon die Sprinkenhof-Architekten Hans und Oskar Gerson.
Wer das Kontorhausviertel besucht, sollte aber nicht nur die Fassaden bestaunen, sondern auch einen Blick in die oft schön gestalteten Treppenhäuser werfen. Zwar ist eine Besichtigung der Gebäude im Inneren, in denen heute etliche Firmen, Anwaltskanzleien und Arztpraxen ihren Sitz haben, nicht möglich. Die Eingangsbereiche sind aber frei zugänglich.