Wie eine Jobmesse in SH Alleinerziehende wieder in Arbeit bringt
Familie und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, ist keine leichte Sache. Für alleinerziehende Mütter oder Väter oftmals ungleich schwerer. Doch es gibt sie immer wieder: die positiven Beispiele, bei denen sich Topf und Deckel gefunden haben.
Er ist heute kaum zu übersehen: In seinem grün gemusterten Hemd steht Tobias Menschik direkt am Eingang zur Jobmesse "Marzipan" im Lübecker Rathaus. Ein Flyer in der Hand, ein Lächeln im Gesicht: Er repräsentiert heute seinen Arbeitgeber, geht mit Jobsuchenden ins Gespräch, knüpft Kontakte.
Familie war nicht mehr mit Arbeit vereinbar
Noch vor zwei Jahren stand der 34-Jährige auf der anderen Seite: "Ich war Marktleiter im Einzelhandel. Doch der Job war überhaupt nicht kompatibel mit meinem Privatleben", erklärt er. Das "Privatleben": sein neunjähriger Sohn. "Schichtarbeit, wechselnde Arbeitszeiten, spontane Einsätze, wenn Kollegen krank waren, all das kam vor und all das konnte ich nicht mit meinem Sohn vereinbaren. Es war klar: Ich musste mir einen neuen Job suchen."
In ein paar Minuten zum Traumjob
Anderthalb Jahre war er arbeitslos; doch trotz zahlreicher Bewerbungen klappte nichts. Denn Menschen wie Tobias stehen bei Arbeitgebern nicht unbedingt ganz oben auf der Liste. Dann kam, wie er sagt, seine Rettung. "2022 hörte ich dann von der "Marzipan"-Messe. Man konnte dort auch Job-Speeddating betreiben und acht Minuten mit jeweils einem Arbeitgeber schnacken." Er ging ohne Job in die Messe rein und ging mit Job wieder raus.
Über 800 alleinerziehende Arbeitslose in Lübeck
"Unsere Messe bietet in diesem Jahr Zugang zu 20 Unternehmen und Organisationen, die persönlich Rede und Antwort stehen sowie spezielle Beratungsangebote zu offenen Stellen, Ausbildungsplätzen und Qualifizierungsmaßnahmen - insbesondere für alleinerziehende Männer und Frauen", erklärt Andrea Schlichtung von der Arbeitsagentur Lübeck. So eine Messe ist nötig, sagt sie. Denn allein in der Hansestadt waren im Mai 2024 814 Alleinerziehende arbeitslos gemeldet. In ganz Schleswig-Holstein waren im Mai 7.300 alleinerziehende Menschen arbeitslos.
"Meine Bewerbungen lagen immer auf dem falschen Stapel"
"Ihre Arbeitslosigkeit liegt in der Regel nicht an fehlender Motivation, sondern weil sie weniger flexibel bei der Kinderbetreuung sind. Für viele Arbeitgeber ist das eine Problem", erkärt Andrea Schlichting. Das hat auch Tobias Menschik so erfahren. "Bei Arbeitgebern, da gibt es zwei Bewerberstapel: A und B. A gewinnt, auf dem B-Stapel liegen die Bewerbungen der Alleinerziehenden", meint er.
Seit zwei Jahren ist der alleinerziehende Vater nun bei "HWS Hauswirtschaftsservice GmbH" angestellt. Die Firma betreut unterschiedliche Klienten und unterstützt diese bei Einkäufen, der Wohnungsreinigung oder auch bei der Verpflegung. Für beide Seiten war es schon auf der Messe das perfekte Match. "Wir haben festgestellt, dass bei alleinerziehenden Müttern oder Vätern großes Potenzial ist, darum stellen wir gerade diese Gruppe von Menschen gerne ein", erklärt Rosi Schmüser. Auch sie fing als Alleinerziehende bei HWS an und arbeitet nun für eine Schwesterfirma.
Alleinerziehende haben großes Potenzial
"Was wir auch immer wieder gemerkt haben, ist, dass, wenn man das Potenzial dieser alleinerziehenden Arbeitssuchenden mit den Arbeitsbedingungen übereinbringen kann, dann hat man unheimlich wertvolle Mitarbeiter", erklärt sie. Genauso sieht es auch Tobias Menschik.
"Der Job war ein Glücksgriff. Ich kann mir meine Arbeitszeit einteilen, wie es passt. Wenn es mal unvorhergesehen doch nicht passt, weil mein Sohn krank ist, dann ist das auch kein Problem. Alles eine Sache der Absprache." Und die klappe im Prinzip immer. "Zum ersten Mal in meinem Leben passen Job und Familie zusammen", sagt Tobias Menschik. Die nächste Messe der Agentur für Arbeit und des Jobcenters Lübeck findet am 4. Juli statt. Unter dem Titel "Handfest" soll sie Möglichkeiten für Handwerker, arbeitslose Handwerker und Quereinsteiger bieten. Die dann hoffentlich so viel Glück haben wie Tobias Menschik.