Wenn Tempo zählt: Wie schnell ist der Rettungsdienst in SH vor Ort?
Experten empfehlen, dass nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand professionelle Hilfe in acht Minuten beim Patienten sein sollte. In vielen Regionen Schleswig-Holsteins gelingt das zu selten. Laien werden darum als Ersthelfer immer wichtiger.
In Schleswig-Holstein kommt der Rettungsdienst bei einem plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand in den meisten Kreisen zu oft zu spät. Das haben Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) ergeben. Medizinische Fachgesellschaften empfehlen, dass 80 Prozent der Reanimationsfälle innerhalb von acht Minuten vor Ort professionell versorgt werden sollten. Deutschlandweit erreichen das Ziel nur zwei Dutzend Rettungsdienstbereiche. Laien als Ersthelfer werden darum immer wichtiger.
Notruf startet Wettlauf mit der Zeit
Geht ein Notruf in einer Rettungsleitstelle wie in Kiel ein, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Als erstes wird die Adresse aufgenommen. Mit wenigen Fragen sollen lebensbedrohliche Situationen schnell erkannt werden. Auf einem Bildschirm durchlaufen die Disponenten eine vorgegebene Abfrage. Je nach Antwort geht es weiter mit einem anderen Punkt. Am anderen Ende der Leitung ist in der Regel eine Person, die bestenfalls einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht hat.
Ersthelfer werden per Telefon angeleitet
Wichtig ist vor allem, dass früh mit der Wiederbelebung begonnen wird, sagt Kiels ärztlicher Leiter Rettungsdienst, Sönke Hornung. Ist diese notwendig, leitet der Disponent eine Telefon-Reanimation ein. Der Anrufer bekommt klare Instruktionen, wie eine Reanimation durchgeführt wird. Bis zum Eintreffen professioneller Hilfe unterstützen die Mitarbeiter der Leitstelle den Anrufer oder die Anruferin.
Das Acht-Minuten-Fenster
Der Empfehlung, 80 Prozent aller Reanimationsfälle innerhalb von acht Minuten zu versorgen, können in Schleswig-Holstein laut SWR-Recherche (hier alles zu Versorgungs- und Hilfemöglichkeiten in Ihrer Gemeinde) nur die Rettungsdienstbereiche der Landeshauptstadt Kiel und des Kreises Nordfriesland gerecht werden. Die Stadt Lübeck und der Kreis Plön verfehlen die Werte knapp. Andere Kreise wiederum erreichen die empfohlenen Ziele nicht.
Der ärztliche Leiter der Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH), Dr. André Gnirke, spricht von einer stetig steigenden Zahl an Notfalleinsätzen in den vergangenen Jahren. Das würde Fahrzeuge besonders im ländlichen Raum binden, wenn die Fahrtstrecken länger sind.
Könnten mehr Menschen gerettet werden?
Der SWR hat für seine Übersicht außerdem weitere Qualitätsmerkmale aus mehr als 280 Rettungsdienstbereichen abgefragt: Wie wird der Notruf abgefragt, gibt es eine telefonische Anleitung zur Reanimation, gibt es Ersthelfersysteme und Apps, arbeiten die Leitstellen mit einem Qualitätsmanagmentsystem. In Schleswig-Holstein erfüllen die meisten Rettungsdienstbereiche all diese Punkte. Deutschlandweit ist das laut SWR längst nicht der Fall. Mit einheitlichen Standards, einer entsprechenden Dokumentation und entsprechenden Ersthelfersystemen könnten tausende Menschen gerettet werden, so das Fazit der Recherche.
Erste Hilfe durch Laien vor Ort
"Das Einzige was man falsch machen kann, ist, gar nichts zu tun", sagt André Gnirke von der RKiSH. Laienhilfe bei der Wiederbelebung sei absolut notwendig. Ab drei Minuten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand komme es zu Schäden an den Organen, die nicht rückgängig gemacht werden können. Entsprechende Hilfe durch Ersthelfer sei der erste Schritt in der Versorgung von Notfallpatienten, so der Rettungs-Experte.
Auch Apps können Leben retten
Ohne den Einsatz von Menschen vor Ort, den Zeugen von Herz-Kreislauf-Stillständen, sei es nicht möglich, in der Versorgung der Notfall-Patienten besser zu werden. Gnirke spricht auch die Saving-Life-App an. Dort können sich Menschen nach einem Erste-Hilfe-Kurs anmelden. Die Leitstellen in Schleswig-Holstein greifen auf diese Daten zurück und alarmieren bei einer Wiederbelebung entsprechende Ersthelfer, die nahe am Notfall-Ort wohnen. Es bleibt ein Wettlauf gegen die Zeit.