Unterbringung von Geflüchteten: Viele Kommunen in SH überlastet
Immer mehr Kommunen kommen bei der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten an ihre Grenzen. Vertreter aus dem Kreis Pinneberg haben sich mit Sozialministerin Touré getroffen - und fühlen sich nicht ernst genommen.
Schleswig-Holstein hat in diesem Jahr bisher knapp 4.900 neue Geflüchtete ohne Ukraine-Bezug erfasst. Das sind mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das teilte das Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge mit. Etliche Kommunen sind mit dieser Situation ausgelastet, zum Teil überfordert. Besonders prekär ist die Lage im Kreis Pinneberg. Hier hat sich die Zahl der Menschen mit ausländischem Pass seit 2012 nahezu verdoppelt.
Die Probleme der Kommunen sind vielfältig: Neben Möglichkeiten zur Unterbringung fehlt es vielerorts an Kita-Plätzen und Teilnahmemöglichkeiten an Integrations- und Deutschkursen. Aber auch zu wenig Personal in den Kommunalverwaltungen bringt die Städte und Gemeinden an ihre Kapazitätsgrenzen. Anfang Juni besuchte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter im Kreis Pinneberg, um sich mit ihnen über die aktuellen Probleme auszutauschen und Lösungsansätze zu finden.
Kommunale Vertreter kritisieren Treffen mit Touré im Juni
Anfang August hat die Ministerin im Landtag nach der Anfrage eines FDP-Abgeordneten von dem Austausch berichtet. Marc Trampe, Bürgermeister der Gemeinde Rellingen im Kreis Segeberg, teilt die Ansichten von Touré nicht: "Es gab dort die Aussage, dass es ein konstruktives Gespräch war und verschiedene Lösungsansätze erörtert wurden." Das sei aber überhaupt nicht die Wahrnehmung der Vertreterinnen und Vertreter gewesen. "Wir fühlten uns in dem Gespräch nicht immer ernst genommen und haben keine befriedigenden Antworten bekommen", sagt Trampe.
Gemeindetag kritisiert Mangel an mittel- und langfristigen Lösungen
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fordern deshalb jetzt erneut schnelle und zielgerichtete Lösungsansätze. Der schleswig-holsteinische Gemeindetag unterstützt diese Forderung. Jörg Bülow ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied und kritisiert, dass es im ganzen Land vor allem an mittel- und langfristigen Lösungen fehle, zum Beispiel bei Plätzen in Kitas und Deutsch-Kursen.
Die Sorgen der Kommunen im Kreis Pinneberg seien zudem kein Einzelfall, erklärt Bülow weiter: "Es gibt immer noch für zu wenige Fragen und Probleme Lösungen." Und bei den Lösungen, die mit dem Land vereinbart worden seien, dauere es in der Umsetzung zu lange. Deswegen brauche es mehr Antworten und mehr Krisenmanagement, um die Kommunen zu entlasten und zu unterstützen, so Bülow.
Gefasste Beschlüsse brauchen in der Umsetzung zu lang
So wurde beispielsweise im April 2022 ein Beschluss zur Erstattung von Vorhaltungskosten für Kommunen gefasst. Diese Kosten entstehen bei der Bereitstellung und Instandhaltung von Unterkünften für Geflüchtete. Erst 15 Monate später, im Juli dieses Jahres, habe das Land die ersten Gelder an die Kommunen gezahlt, sagt Bülow.
Ein anderes Beispiel sei die neue Strategie bei der Finanzierung von Gemeinschaftsunterkünften. Auf die sei sich im vergangenen März geeinigt worden. Bis heute sei jedoch noch keine neue Richtlinie in Kraft getreten und vor Ende September werde das wohl auch nicht der Fall sein, so Bülow.