Stutthof-Prozess: Staatsanwaltschaft fordert Bewährungsstrafe
Eine Jugendstrafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung: Das fordert die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen eine frühere Sekretärin des NS-Konzentrationslagers Stutthof. Der Beitrag der Angeklagten zu den Abläufen im KZ sei "wesentlich" gewesen.
Im Prozess gegen einen frühere Sekretärin des NS-Konzentrationslagers Stutthof hat die Staatsanwaltschaft am Dienstag eine Jugendstrafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung gefordert. Die 97-jährige Irmgard F. habe durch ihre Arbeit in der Lagerverwaltung Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord an mehr als zehntausend Menschen geleistet, sagte Staatsanwältin Maxi Wantzen vor dem Landgericht Itzehoe (Kreis Steinburg). Der Beitrag der Angeklagten zu den Abläufen im KZ sei "wesentlich" gewesen.
KZ Stutthof: Berüchtigt für erbärmliche Bedingungen
Im Lager Stutthof bei Danzig hatte die SS während des Zweiten Weltkriegs mehr als hunderttausend Menschen unter erbärmlichen Bedingungen gefangen gehalten, darunter viele Juden. Nach Erkenntnissen von Historikern starben dort etwa 65.000 Menschen. Das Lager war berüchtigt für die absichtlich völlig unzureichende Versorgung der Gefangenen. Die meisten Menschen starben an Seuchen, Entkräftung und Misshandlung. Es gab auch eine Gaskammer und eine Genickschussanlage.
Staatsanwaltschaft: Angeklagte hat wesentlichen Beitrag geleistet
Irmgard F. war laut Anklage von 1943 bis 1945 als Zivilangestellte in der Verwaltung des Lagers beschäftigt, wo sie als Sekretärin und Stenotypistin arbeitete. Da sie zu dieser Zeit zwischen 18 und 19 Jahren alt war, findet das Verfahren gegen sie vor einer Jugendkammer statt.
Irmgard F. sorgte nach Überzeugung der Anklage mit ihrer Schreibarbeit dafür, dass der Lagerablauf aufrecht erhalten werden konnte. Sie sei durch ihre Arbeitsbereitschaft eine wichtige Unterstützung des Lagerkommandanten und seiner Adjutanten gewesen. Die Angeklagte hatte sich in dem seit mehr als einem Jahr laufenden Prozess nie zu den Vorwürfen gegen sie geäußert.
"Prozess von historischer Bedeutung" am Landgericht Itzehoe
Staatsanwältin Maxi Wantzen beschrieb den Prozess als Verfahren "von herausragender historischer Bedeutung - vielleicht einer der letzten Prozesse dieser Art". Er wird am 29. November mit den Plädoyers der Nebenklage fortgesetzt.
Zuvor hatte die Strafkammer des Landgerichts Itzehoe einen Befangenheitsantrag abgelehnt. Die Verteidigung hielt den historischen Sachverständigen in dem Verfahren für befangen - Stefan Hördler sei in einer problematische Doppelrolle als Gutachter und Ermittler tätig gewesen.