Eine Solaranlage ist vor blauem Himmel zu sehen. © dpa - picture alliance Foto: Daniel Reinhardt
Eine Solaranlage ist vor blauem Himmel zu sehen. © dpa - picture alliance Foto: Daniel Reinhardt
Eine Solaranlage ist vor blauem Himmel zu sehen. © dpa - picture alliance Foto: Daniel Reinhardt
AUDIO: Milliarden-Investitionen bei Hansewerk (1 Min)

Solar-Boom: Mehr Voraussicht beim Stromnetzausbau in SH

Stand: 02.06.2023 08:49 Uhr

Die Antragszahlen für neue Solaranlagen explodieren. Die SH Netz AG will jetzt die Fehler vermeiden, die bei der Windkraft oft für Abschaltungen sorgten.

von Peer-Axel Kroeske

Das Problem ist so alt wie die Energiewende: Die Wind- oder Solaranlage ist schneller gebaut, als dass sie mit ausreichender Leistung angeschlossen werden kann. Denn die Betreiber des Stromnetzes durften bisher erst loslegen, wenn sicher war, dass das neue Umspannwerk oder die neue Leitung auch gebraucht wird.

Nun ist aber eine Dynamik im Spiel, die schnelles Handeln erfordert. Bis 2030 wird sich die Spitzenleistung erneuerbarer Energie in Schleswig-Holstein auf 30 Gigawatt (GW) verdreifachen. Damit rechnet das Unternehmen Hansewerk, zu dem auch die Schleswig-Holstein Netz AG gehört. Grundlage sind die Pläne der Bundesregierung. Investoren stehen Schlange, denn auch ohne Zuschüsse gelten neue Anlagen als konkurrenzfähig.

Zehnmal so viele Anmeldungen

Die Zahl der Anmeldungen für Solaranlagen und Speicher wird sich zum Jahresende im Vergleich zu 2019 verzehnfacht haben. Insbesondere die Photovoltaik (PV) auf Freiflächen erlebt absehbar einen Boom: In nur einem Jahr haben sich die Anfragen für eine spätere Stromeinspeisung laut Hansewerk auf 16 GW verdoppelt. Schleswig-Holstein wird damit zum Kraftwerk für ganz Deutschland. Doch eine übergeordnete Flächenplanung durch das Land wie bei der Windkraft ist nicht in Sicht.

Gemeinden sollen melden, mit welcher Solarfläche sie rechnen

Eine Karte von SH zeigt die Verbreitung von Photovoltaik, die die Kommunen erwarten. © Hansewerk
Der PV-Freiflächenatlas zeigt, welche Solarflächen die Kommunen erwarten. Schwerpunkte sind wie bei der Windenergie Nordfriesland, Dithmarschen und Ostholstein.

Ein PV-Freiflächenatlas für Schleswig-Holstein soll nun helfen, vorausschauend zu planen. Denn fast alle Stromleitungen der mittleren Ebene, für die Hansewerk zuständig ist, müssen verstärkt werden. 20 neue Umspannwerke sind nötig, die typischerweise etwa die Fläche von acht Fußballfeldern belegen. Auch ihre Zahl verdoppelt sich. Die Kommunen haben bereits gemeldet, wie viele Hektar die großen PV-Anlagen voraussichtlich in ihrem Gebiet belegen werden. Im Juli soll der Atlas vorliegen. Im Gegenzug appelliert Hansewerk an die Kommunalpolitiker, neue Anlagen nur zu genehmigen, wenn ein Netzanschluss auch in Aussicht steht.

Monatelanges Warten auf den Anschluss

Da das nicht immer der Fall ist, bauen Solar- und Windparkbetreiber ihre Umspannwerke oft bereits auf eigene Kosten. Die Branche klagt generell, dass Hansewerk überfordert sei. Boxberger räumt ein: "Wir haben Wartezeiten bekommen, die für einzelne Projekte nicht akzeptabel waren." Beschwerden häufen sich. Manchmal dauert es Monate, bis eine fertige Anlage ans Netz darf - im Großen wie im Kleinen.

Mehr als 50 neue Mitarbeiter sollen Wartezeiten verkürzen

Hansewerk hat mehr als 50 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Installateure können zudem auf ein digitales Antragsportal zugreifen, das Abläufe erleichtern soll. "Aber wir können gar nicht so viele Leute einstellen, um diesem Anfragesturm komplett entgegenzuarbeiten", stellt der Hansewerk-Vorstand ernüchtert fest. Kein Trost: Das gelte auch für die Monteure. Es geht um viel Geld: Hansewerk will bis 2025 eine Rekordsumme von 1,25 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren, die Hälfte davon in die Stromnetze.

Weitere Informationen
Ein Windrad steht hinter Wohnhäusern. © picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod Foto: Bernd Weißbrod

Umfrage: Schleswig-Holsteiner stehen hinter Erneuerbaren Energien

96 Prozent der Menschen im nördlichsten Bundesland unterstützen demnach Energie aus Windkraft-, Solar- oder Biogasanlagen. mehr

LNG aus Brunsbüttel im schleswig-holsteinischen Erdgas-Netz

Auch beim Erdgas ist vieles im Umbruch: Der Verbrauch ist in Schleswig-Holstein um etwa 20 Prozent zurückgegangen. Durch das hiesige Netz fließt bereits zu mehr als der Hälfte (LNG) Flüssigerdgas aus aller Welt, das Schiffe in Brunsbüttel anlanden. Und nicht zuletzt steigt der Anteil an Biomethan, wenngleich auf niedrigem Niveau. Derzeit können etwa 6.000 Haushalte mit der Produktion der schleswig-holsteinischen Biogasanlagen versorgt werden. In einigen Jahren soll die Menge für 50.000 Haushalte reichen.

Ehrgeiziger Plan: Wärmenetze bis 2030 fossilfrei

Als Energiequelle für örtliche Nahwärmenetze ist Gas allerdings ein Auslaufmodell. Das Heizwerk der Zukunft soll Wärmepumpen, Geothermie, Erdwärme, Solarthermie, Wind- und Sonnenenergie miteinander in einer "grünen Wärmebox" kombinieren. Bereits 2030 will Hansewerk sämtliche Wärmekunden in den schleswig-holsteinischen Netzen fossilfrei versorgen.

Weitere Informationen
Eine Frau reinigt ein Solar-Panel an einem Balkon. © NDR

Balkonkraftwerke: Zweiter Fördertopf bereits ausgeschöpft

Nach nur wenigen Stunden konnten keine weiteren Anträge eingereicht werden. Das Portal musste wegen "Überfüllung" geschlossen werden. mehr

Bei einer Klimastreik-Demo in Hamburg hält ein Junge eine Erdkugel, die weint. © Marcus Brandt/dpa

Der Klimawandel und der Norden

Die weltweite Klimakrise trifft auch Norddeutschland. Wie kann die Energiewende gelingen? Welches sind die besten Lösungen? mehr

Eine Luftaufnahme zweier Windräder in einem Rapsfeld. © fotolia / Tim Siegert batcam Foto: Tim Siegert

Strommix Deutschland: Wie hoch ist der Anteil erneuerbarer Energien?

Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen kommen. Der Weg dahin wird eine Herausforderung. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 01.06.2023 | 16:00 Uhr

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Polizisten gehen über den Weihnachtsmarkt in der Kieler Innenstadt. © Axel Heimken/dpa

Landespolizei erhöht Präsenz auf Weihnachtsmärkten

Damit reagiert das Innenministerium auf den Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. mehr

Videos