Projekt soll sexuellen Missbrauch an Kindern verhindern
Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken unterstützt die Kampagne "Kein Täter werden", mit der sexuelle Übergriffe auf Kinder verhindert werden sollen. Die Zahl der Ermittlungsverfahren steigt.
Das Projekt richtet sich vor allem an Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Neigungen gegenüber Kindern befürchten, Übergriffe zu begehen. Das sagte Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) am Donnerstag in Kiel. "Wir hoffen, dadurch noch mehr Betroffene zu erreichen als bisher und so weitere sexuelle Kindesmissbräuche verhindern zu können." Das Ministerium beteiligt sich finanziell an der Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Jahr fließen 75.000 Euro in das Projekt.
Etwa 7.000 Menschen in SH mit pädophilen Neigungen
Nach Schätzungen fühlen sich in Schleswig-Holstein etwa 7.000 Personen sexuell zu Kindern hingezogen, wie das Ministerium mitteilte. Das bundesweite Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" bietet an zwölf Standorten in Deutschland professionelle Hilfe für Personen mit pädophilen Neigungen - seit 2018 als Gesundheitsleistung der Krankenkassen. Der Kieler Standort wurde bereits 2009 eröffnet.
Behandlung ist kostenlos und anonym
Betroffene können sich kostenfrei und anonym behandeln lassen. Fachkräfte des Zentrums für Integrative Psychiatrie (ZIP) des Universitätsklinikums (UKSH) in Kiel unterstützen die Männer und Frauen in der Therapie dabei, verantwortlich mit der pädophilen Neigung umzugehen.
185 Menschen suchten Hilfe - meist sind es Männer
Christian Huchzermeier, Direktor der Abteilung für Forensische Psychiatrie am Zentrum für Integrative Psychiatrie am UKSH, sagte: "Bei uns melden sich überwiegend pädophile Männer, die auch schon ein Problembewusstsein haben." Sie hätten den Wunsch, ihre Neigungen kontrollieren zu können. Die Zahl der Menschen, die sich gemeldet haben, ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. 2019 waren es 65, zwei Jahre später 185. Geheilt werden kann Pädophilie nicht. Ziel einer Therapie ist es, dass Impulse kontrolliert werden und Kinder dadurch geschützt werden können.
Mehr Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs
Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern steigt in Schleswig-Holstein. Nach Angaben von Justizministerin von der Decken gab es im vergangenen Jahr knapp 1.300 solcher Verfahren - 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Dass sich die Zahl der Straftaten in diesem Bereich erhöht hat, liegt aus Sicht der Ministerin einerseits daran, dass mehr Fälle aufgedeckt werden - anderseits aber auch daran, dass mehr Fälle passieren. Die Ministerin sagt: "Die Zahlen sind erschreckend. Und sie bereiten mir als Justizministerin, das sage ich Ihnen ganz offen, auch große Sorgen."