Northvolt: Hat die Landesregierung ausreichend informiert?
Rund um die Insolvenz des Batterieherstellers Northvolt sind weiterhin viele Fragen offen. Nachdem einige Abgeordnete des Landtags Akteneinsicht hatten, sollen einige Papiere nun öffentlich werden.
Seit dem Insolvenzantrag des schwedischen Batterieherstellers Northvolt zittern auch Bund und Land um viel Geld. 600 Millionen Euro flossen als Anleihe in den Bau einer neuen Northvolt-Fabrik bei Heide (Kreis Dithmarschen). Die Summe ist von Land und Bund jeweils zur Hälfte abgesichert.
Über 21.000 Seiten Northvolt-Akten unter Verschluss
Die Abgeordneten des Wirtschafts- und des Finanzausschusses beschäftigten sich am Donnerstag (20.03.) in einer gemeinsamen Sitzung damit, wie zukünftig mit den Unterlagen der Landesregierung zu Northvolt umgegangen werden soll. Zur Zeit sind die über 21.000 Seiten Northvolt-Akten als "Verschlusssache vertraulich" eingestuft. Das bedeutet, sie dürfen nur von einigen Abgeordneten und unter strengen Auflagen eingesehen werden.
In den Unterlagen finden sich zum Beispiel die Gesprächsprotokolle der Videokonferenzen mit der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Die Wirtschaftsprüfer hatten das entscheidende Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet, auf dessen Grundlage der Wandelanleihe zugestimmt worden war. Das Gutachten selbst ist auch Teil der Akten und wurde vom Bundeswirtschaftsministerium als Verschlusssache vertraulich eingestuft.
Auch PwC von Northvolt-Pleite betroffen
Für neue Fragen sorgt außerdem, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC nicht nur die Regierung zu Northvolt beraten hat, sondern selbst zu den Gläubigern des insolventen Batterieherstellers zählt. Eine deutsche PwC-Tochterfirma fordert knapp eine Million US-Dollar von Northvolt in Schweden. Das geht nach Recherchen von NDR Schleswig-Holstein aus den Gerichtsunterlagen des Chapter-11-Verfahrens in den USA hervor. Was PwC für Northvolt geleistet hat, wollten beide Unternehmen nicht sagen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) teilt auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit, dass bekannt war, dass andere Einheiten von PwC, als die vom BMWK beauftragten, für Northvolt arbeiteten. PwC habe einen möglichen Interessenskonflikt durch sogenannte "ethical walls" - also die strikte Trennung der Teams - ausgeschlossen, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums. Aus Sicht des FDP-Politikers Bernd Buchholz hätte die Doppelrolle von PwC nichtsdestotrotz offengelegt werden müssen. Die deutsche PwC-Zentrale teilte auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit, man dürfe sich aus berufsrechtlichen Gründen nicht zum Sachverhalt äußern und sich an Spekulationen insofern nicht beteiligen.
Abgeordnete fordern mehr Transparenz
SPD und FDP forderten im Ausschuss jeweils mit einen Antrag die Lockerung der Einstufung einzelner Akten. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Landesregierung durch Geheimhaltung irgendetwas unter dem Teppich kehren wolle, begründete der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Kianusch Stender, den Antrag.
Laut FDP-Politiker Bernd Buchholz, der die Akten bereits einsehen konnte, gehe es im Kern darum, ob das Parlament von der Landesregierung ausreichend über Risiken informiert wurde, um die Entscheidung über die Finanzierung zu treffen. In der Sitzung am Donnerstag stellte Buchholz sogar die Option eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in den Raum.
Umgang mit Northvolt-Akten "Tanz auf einer Klinge"
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) sicherte dem Ausschuss zu, größtmögliche Transparenz zu schaffen. So soll etwa die Kabinettsvorlage aus dem Dezember 2023, als die Landesregierung die Weichen für die Wandelanleihe stellte, unter Schwärzung vertraulicher Inhalte öffentlich werden. Viele der vorbereitenden Unterlagen aber bleiben geheim und nur für Parlamentarier einsehbar. Wirtschaftsminister Madsen beschreibt den Umgang mit den Akten als "Tanz auf einer Klinge". Auf der einen Seite wolle man natürlich dafür sorgen, dass es eine öffentliche Diskussion gibt, auf der anderen Seite gehe es aber auch darum, potentielle Investoren nicht abzuschrecken.
Wirtschaftsminister Madsen trifft Insolvenzverwalter in Stockholm
Am Freitag (21.03.) wird Madsen nach Schweden reisen, um sich mit dem Insolvenzverwalter von Northvolt, Mikael Kubu, zu treffen. Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Vertreter der Landesregierung bei dem schwedischen Konzern vor Ort ist. Erst einmal gehe es bei dem Treffen darum, Klarheit darüber zu schaffen, wie es künftig für Heide aussieht, so Madsen. Das im Bau befindliche Werk in Dithmarschen ist von der Insolvenz des Mutterkonzerns zwar nicht direkt betroffen. Experten gehen dennoch von Auswirkungen auf die Finanzierung des Fabrikbaus aus.
