Mieter in Sorge: Vonovia will Wohnungen abreißen

Stand: 27.03.2023 16:38 Uhr

Der Wohnungskonzern Vonovia hat 500.000 Wohnungen allein in Deutschland in seinem Bestand - einige davon auch in Lübeck. Dort sollen nun mehrere Wohnblocks so schnell wie möglich abgerissen werden. Die Vermutung: Vonovia will neu bauen und teurer vermieten.

von Hauke von Hallern

76 Mieter wohnen in der Lübecker Damaschkestraße. Die Mieten sind günstig - sechs bis sieben Euro netto kalt, halb so viel wie die Durchschnittsmiete in der Hansestadt. Damit soll jetzt schnell Schluss sein. Der Vermieter Vonovia will die Gebäude abreißen. Es gebe Probleme mit der Statik, sagt Vonovia. Weitere Informationen haben die Mieter bisher nicht erhalten. Die Bewohner müssen sich jetzt eine neue Bleibe suchen, was bei den gestiegenen Mieten für viele ein Riesenproblem ist.

Mieterbund: Vonovia will Mieter schnell loswerden

Viele Reparatustellen an mehreren Balkonen eine Mehrfamilienhaus in Lübeck sind zu sehen. © NDR
Aktuell seien die Gebäude zwar standsicher, das könne sich aber schnell ändern, erklärt Vonovia.

Der Mieterbund vermutet dahinter eine Strategie des Konzerns. "Aus Sicht vieler Mieter ist es so, dass der Konzern eine gewisse Drucksituation aufbaut, die dazu führt, dass sich einige Sorgen machen. Das führt dann dazu, dass Mieter von selbst versuchen eine neue Wohnung zu finden", erklärt Thomas Klempau vom Lübecker Mieterverein. Im Februar hat sich Vonovia mit einem Schreiben an seine Mieter gewandt und eine Frist gesetzt. Aktuell seien die Gebäude zwar standsicher, das könne sich aber schnell ändern, behauptet Vonovia in dem zweiseitigen Papier. Der Mieterbund hält den Zeitdruck, den Vonovia aufbaut, für übertrieben: Möglicherweise gehe es dem Unternehmen darum seine Mieter schnell loszuwerden - um neu bauen und teurer vermieten zu können.

Mieter in Sorge

Eine klassische Kündigung haben die Mieter nicht bekommen. "Damit würde das Unternehmen lange Verfahrensdauern riskieren, denn man muss die Kündigungsfristen einhalten. Im Einzelfall können die bis zu zwölf Monate betragen", so Klempau. Selbst wenn die Kündigungsfrist abgelaufen sei, müssten Mieter noch nicht ausziehen: "Dann brauche ich immer erst einen Räumungstitel als Vermieter. Ich muss also ein Räumungsurteil erwirken. Das dauert auch recht lange, bis man das hat." Ein Mieter erzählte uns, dass er gerade eine neue Einbauküche für viele tausend Euro gekauft hätte, diese werde ihm Vonovia wohl nicht ersetzen. Ein anderer Mieter glaubt nicht daran, schnell eine neue Wohnung finden zu können. "Ich habe drei kleine Kinder und ein enges Budget", erzählt uns ein Mann, der anonym bleiben möchte. Viele wollen nicht offen mit uns reden - aus Angst vor Konsequenzen durch Vonovia.

Vonovia will Miet-Rabatte gewähren

Vonovia verspricht auf die Mieter zuzugehen und bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Auf Anfrage teilt uns der Konzern schriftlich mit:

"Zu den individuellen Lösungen gehören z.B. auch Mietabschläge, wenn Mieter in eine andere Wohnung von Vonovia ziehen. Richtig ist, dass sich (...) die Miete für eine Wohnung in der Damaschkestraße im Urzustand 1965 und einer Miete bei Einzug in eine modernisierte Wohnung 2023 nicht vergleichen lässt und in der Höhe deutlich variiert." Vonovia - schriftliche Stellungnahme vom 22.3.2023

Im Klartext es wird deutlich teurer.

Mieterbund: Günstiger Wohnraum verschwindet, teurer wird gebaut

"Es ist halt in Mode gekommen bei der gewerblichen Wohnungswirtschaft, dass sehr viel Ersatzneubau betrieben wird, was dem Wohnungsmarkt insgesamt gar nicht weiterhilft. Also das Gebäude erstmal abgerissen werden und an gleicher Stelle werden neue gebaut", erklärt Thomas Klempau vom Lübecker Mieterverein. Meist seien Gebäude dann vom Markt verschwunden mit Mieten zwischen sechs und sieben Euro netto kalt, die sich Haushalte mit niedrigen Einkommen leisten könnten. An gleicher Stelle würden dann meist eine geringere Zahl an neuen Gebäuden mit Mieten von elf bis zwölf Euro netto kalt entstehen. "Die können sich Haushalte mit eingeschränktem Einkommen nicht leisten." Alle Mieter, mit denen wir gesprochen haben, wissen noch nicht, wie es weitergehen soll. Keine dieser Mietparteien hat bisher eine neue Wohnung gefunden.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 27.03.2023 | 19:30 Uhr

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