Ein altes Backsteingebäude mit fünf Türmen und einer großen Uhr. © Linda Ebener / NDR Foto: Linda Ebener / NDR
Ein altes Backsteingebäude mit fünf Türmen und einer großen Uhr. © Linda Ebener / NDR Foto: Linda Ebener / NDR
Ein altes Backsteingebäude mit fünf Türmen und einer großen Uhr. © Linda Ebener / NDR Foto: Linda Ebener / NDR
AUDIO: Wie steht es um die Zukunft von Buddenbrookhaus und Heiligen-Geist-Hospital? (1 Min)

Lübeck: Bürgerschaft entscheidet über Bauvorhaben

Stand: 23.02.2023 08:32 Uhr

In der Lübecker Bürgerschaft wird heute entschieden, ob es einen Baustopp im Buddenbrookhaus in Lübeck gibt und ob die Bewohnerinnen und Bewohner bald aus dem Seniorenheim Heiligen-Geist-Hospital ausziehen müssen.

von Mechthild Mäsker und Linda Ebener

Die Lübecker Bürgerschaft entscheidet heute über Millionensummen, Wahlkampfpositionen und historische Bauten, wie das Buddenbrookhaus in der Mengstraße und das Heiligen-Geist-Hospital (HGH) am Koberg.

Der Streit um das Buddenbrookhaus beschäftigt die Bürgerinnen und Bürger und die Politik in der Hansestadt schon seit einigen Monaten. Es soll ein Neubau entstehen und auch der denkmalgeschützte Gewölbekeller soll saniert werden. Es gibt allerdings viele Gegnerinnen und Gegner, die gegen diese Sanierung des Kellers sind. Kommt es hier zu einem Baustopp?

Das Heiligen-Geist-Hospital ist ein Seniorenheim und steht vor einer Schließung, weil das Gebäude nicht mehr für solch eine Nutzung geeignet sei. Müssen die Bewohnerinnen und Bewohner bald ausziehen?

Heiligen-Geist-Hospital vor der Schließung?

Ein weißes Spannbettlaken beschriftet mit einer Ankündigung für eine Demo für den Erhalb des Seniorenheims. © Linda Ebener / NDR Foto: Linda Ebener / NDR
Aus einem Fenster des Heiligen-Geist-Hospitals hängt ein Banner mit der Ankündigung einer Demo für den Erhalt des Seniorenheims.

Laut Webseite des 1286 erbauten Lübecker Heiligen-Geist-Hospital ist es die älteste noch genutzte Altenpflegeeinrichtung Europas. Den Angaben zufolge bietet das HGH heute 77 Bewohnerinnen und Bewohnern ein "modernes Wohnen in einem behaglichen Zuhause mit einem weltweit einzigartigen historischen Ambiente". Im städtischen Konzept heißt es jedoch, dass sich die "Beteiligten, unter anderem die Feuerwehr, die städtische Bauordnung, die SIE [Senioren-Einrichtungen] und die Stiftungsverwaltung" nach "intensiven Beratungen" darüber einig sind, dass der Betrieb des Heiligen-Geist-Hospitals bis Ende September dieses Jahres eingestellt werden soll.

Heute sind noch gut 60 Bewohnerinnen und Bewohner in der Einrichtung. Es herrscht bereits seit vergangenen Sommer ein Aufnahmestopp. Wenn es nach den Plänen der Stadt geht, wird also diese älteste Altenpflegeeinrichtung Europas die Türen schließen. Das sorgt seit Monaten für Sorge bei den Bewohnerinnen, Bewohnern, Angehörigen und Angestellten sowie für reichlich Streit in der Kommunalpolitik.

Heiligen-Geist-Hospital: Brandschutz und Modernisierung sind das Problem

Für die Schließung des Heiligen-Geist-Hospitals treten Bürgermeister Jan Lindenau (SPD), Sozialsenatorin Pia Steinrücke (SPD), die SPD-Bürgerschaftsfraktion und weitere Abgeordnete ein. Ihre Begründung: Es müssten in Sanierung, Brandschutz und Modernisierung dieser Senioren-Einrichtung gut 30 Millionen Euro investiert werden. Ihre Lösung: Die Einrichtung schließen - wie auch weitere kleinere und veraltete Altenpflegestätten - und bis 2031 vier neue große Häuser im Stadtgebiet bauen, dabei insgesamt die Zahl der Plätze um mindestens 500 erhöhen.

Klingt soweit vernünftig, aber irgendwie ist auf dem Weg dahin offenbar die Kommunikation darüber schiefgegangen. Das sagen jedenfalls die, die gegen eine Schließung aktiv geworden sind, unter anderem mit Demos vor dem HGH. Kritisiert wird von Betroffenen und Beschäftigten zum Beispiel, dass sie nicht frühzeitig gefragt oder eingebunden wurden, dass über die Köpfe der Bewohnerinnen und Bewohner hinweg die Schließung durchgedrückt werde, und dass das Brandschutzkonzept mit circa 700.000 Euro Kosten bereits 2019 hätte umgesetzt werden sollen.

Gut 4.000 Unterstützerinnen und Unterstützer haben die Gegnerinnen und Gegner der Schließung mit einer Online-Petition gesammelt und kommunalpolitisch die CDU und kleinere Fraktionen sowie den Seniorenbeirat auf ihre Seite gezogen. Auf der Webseite der Heiligen-Geist-Hospital Retter hat eine Angehörigen- und Betreuer-Initiative umfangreiche Positionen und Forderungen aufgelistet.

Das Buddenbrookhaus und der Streit um den Gewölbekeller

Auch das Buddenbrookhaus ist heute Thema in der Lübecker Bürgerschaft. Es ist der Streit um den Gewölbekeller aus dem 13. Jahrhundert, der den Zeitplan der Bauarbeiten ins Wanken gebracht hat. Ein kleiner denkmalgeschützter Teil soll saniert werden, dagegen sind einige Politikerinnen und Politiker sowie Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Die Fertigstellung ist nun für 2028 angesetzt - fünf Monate später, als eigentlich geplant.

Seit Dezember 2019 wird das Buddenbrookhaus in der Mengstraße vergrößert und bereits seit zehn Jahren werde geplant, sagt Museumsleiterin Birte Lipinski. Möglich wird das durch das Nachbargebäude. Genau darunter liegt der strittige Gewölbekeller, von dem ein kleiner denkmalgeschützter Teil zerstört werden müsste.

Links steht ein Backsteingebäude, rechts daneben ist ein weißes Gebäude zu sehen. © Linda Ebener / NDR Foto: Linda Ebener / NDR
Das Buddenbrookhaus in der Lübecker Innenstadt ist ebenfalls Thema in der Bürgerschaft.

Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) betont, dass lediglich 26 Quadratmeter von insgesamt 450 Quadratmeter Kellerfläche zerstört werden müssten, dafür werde er aber für die Öffentlichkeit zugänglich. Würde diese Maßnahme nicht durchgeführt werden, dann gebe es ein Problem. "Weil dann weder Fördermittel fließen, noch der Bund bereit ist, auf Dauer das Haus, was hier mit Bundesmitteln angekauft worden ist, leer stehen zu lassen", sagt Lindenau. "Das heißt man müsste auch über die Rückabwicklung von Kaufverträgen sprechen."

Buddenbrookhaus: Sanierung des Gewölbekellers soll verhindert werden

Diese Gewölbekellersanierung wollen viele Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie Bürgerinnen und Bürger verhindern. Der Keller soll erhalten bleiben, fordert Ellen Ehrich von der Bürgerinitiative "Rettet Lübeck". "Wenn man den Denkmalpflegern und den Archäologen vertrauen darf, bräuchte man den Keller einfach nur so zu lassen," erklärt Ehrich.

Die Lübecker Politikerinnen und Politiker diskutierten bereits hitzig. Beteiligt waren der Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege sowie der Bauausschuss. Für den Erhalt des denkmalgeschützten Kellers haben CDU, Grüne, Unabhängige und Fraktion 21 gestimmt. Dagegen haben SPD, Linke, FDP sowie GAL und Freie Wähler votiert. Jetzt ist die Bürgerschaft gefragt.

Für Museumsleiterin Birte Lipinski ist klar: "Das Projekt ist sehr sorgfältig geplant. Das Museum ist auch geprüft worden und zwar mehrfach: Es gab externe Kostenprüfungen und externe Gutachten aus der Denkmalpflege." Alle Zeichen standen auf grün. Kostenpunkt für den Neubau und die Sanierung: 33,5 Millionen Euro.

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Befürworter der Gewölbekellersanierung warnen vor Baustopp

Die Befürworterinnen und Befürworter einer Kellersanierung des Museums warnen vor einem Baustopp und rufen deshalb heute zu einer Demo vor der Bürgerschaftssitzug auf. "In Rücksprache mit allen beteiligten Behörden ist es jetzt ein sehr später Zeitpunkt, um noch irgendwas zu ändern," erklärt Museumsleiterin Birte Lipinski. Baustopps und Umplanungen kosteten jetzt "eine ganze Menge Geld". "Das möchte auch keiner ausgeben und das ist auch nicht einfach so aus den Fördertöpfen zu bezahlen," sagt Lipinski. Sie möchte eine gemeinsame Lösung, damit ein Baustopp umgangen und das Projekt mit möglichst kleinen Änderungen weiterverfolgt werden kann. "Denn der Keller unter dem Buddenbrookhaus muss sowieso saniert werden. Er braucht unter anderem eine statische Ertüchtigung und eine Konservierung, egal ob er genutzt wird oder nicht."

In der Bürgerschaftssitzung soll heute darüber abgestimmt werden, ob der Keller saniert wird. "Ich wünsche mir einfach, dass wir zu einer Lösung kommen, die den Projektfortschritt nicht gefährdet", hofft die Museumsleiterin. Die FDP in der Lübecker Bürgerschaft spricht sich ebenfalls gegen einen Stopp der Baumaßnahmen am Neuen Buddenbrookhaus aus. "Die Diskussion um eines der erfolgreichsten Literaturmuseen verkommt vor dem Hintergrund des beginnenden Wahlkampfes immer mehr zu einer Provinzposse," heißt es in einer Mitteilung der Liberalen.

Entscheiden muss nun die Bürgerschaft

Das vorerst letzte Wort sowohl in Sachen Buddenbrookhaus als auch beim Heiligen-Geist-Hospital hat die Bürgerschaft - die darüber zerstritten ist. Da SPD und CDU faktisch ihre ungeliebte "Große Kooperation" im Vorfeld der Bausenatorenwahl aufgekündigt haben und ohnehin der beginnende Kommunalwahlkampf spürbar ist, ist ungewiss, wie die Abstimmung ausgeht. Ein Baustopp im Buddenbrookhaus kann nicht ausgeschlossen werden und die Chancen für das Heiligen-Geist-Hospital sind offen.

Sollte sich die Bürgerschaft gegen die Schließung des Heilgen-Geist-Hospitals entscheiden, wird vor allem Bürgermeister Lindenau blamiert dastehen. Er hat die Schließung auf den Weg gebracht, er ist der Chef der Lübecker Feuerwehr und daher indirekt für das Verschleppen des Brandschutzkonzeptes verantwortlich. Lindenau ist zudem der Vorsitzende des Stiftungsrates im Heiligen-Geist-Hospital. Die Stifung hat es sich zum Ziel gemacht, ein Altenheim zu errichten, die Betreuung alter und bedürftiger Menschen in Lübeck zu fördern. Stiftungszweck ist darüber hinaus "die Förderung der Denkmalpflege und die Pflege von Kulturwerten, die sich im Vermögen der Stiftung Heiligen-Geist-Hospital befinden." Damit hat der Bürgermeister als Stiftungschef, als Verwaltungschef der Stadt und als Chef der Feuerwehr also ein dreifaches Problem - das ihm heute um die Ohren fliegen könnte.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 24.02.2023 | 19:10 Uhr

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