Kommunen in SH kritisieren schwarz-grüne Kürzungspläne
Die Haushaltsberatungen gehen auf die Zielgerade. Die Kommunen im Land machen eigene Vorschläge: Sie wollen, dass die Landesregierung am eigenen Personal spart.
Normalerweise kommen Vorschläge zum Haushalt als Anträge aus den Landtagsfraktionen - denn sie stimmen am Ende über den Etat ab. Vor der abschließenden Befassung des Landtages haben sich nun aber auch die Kommunen mit eigenen Vorschlägen zu Wort gemeldet. "Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen", erklärt Sönke Schulz, Geschäftsführer des Landkreistages.
Die Landesregierung hatte ihren Haushaltsentwurf im Spätsommer vorgestellt. 200 Millionen Euro will sie damit einsparen. Die Kommunalverbände müssen sich danach auf Kürzungen bei Städtebauförderung und ÖPNV einstellen.
Personal für ungeliebte Gesetze
Stattdessen sollte das Land aber lieber am eigenen Personal sparen, fordern sie. Nicht bei Polizei, Justiz oder Schule - aber etwa in der Ministerialverwaltung sehen die Kommunen Einsparpotential. Schulz nennt als ein Beispiel die Umsetzung des Cannabis-Gesetzes, das zumindest Teile der Regierung kritisch sehen: Dafür werden laut Schulz im Land zwanzig neue Stellen geschaffen - seiner Ansicht nach hätten aber auch zehn gereicht.
Auf der kommunalen Ebene, sagt Sönke Schulz, kenne man es, "dass man Aufgaben nicht in vollständiger Perfektion vollziehen kann, sondern auch mal mit einem gewissen kleinen Vollzugsdefizit leben muss."
In Hessen, sagt Jörg Bülow vom Gemeindetag, werde jede dritte Stelle nicht neu besetzt. Mit einer solchen Maßnahme, so Bülow, könne man gut 180 Stellen und damit knapp 20 Millionen Euro jährlich sparen. Laut Bülow ist die Finanzlage der Kommunen auch ohne die geplanten Kürzungen schon extrem angespannt. Nach seinen Worten erwarten sie im kommenden Jahr selbst ein Defizit von einer Milliarde Euro.
Günther: Faires Paket mit Kommunen
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verweist vor dem Hintergrund der Forderungen aus den Kommunalverbänden auf Entlastungen, die man miteinander vereinbart habe - etwa sollen Städte, Kreise und Gemeinden von Bürokratie befreit werden. Das sei ein "faires Paket" gewesen, sagt Günther.
Den Wunsch der Kommunen nach einem Personalabbau teilt der Ministerpräsident: Er hoffe, dass nach der Bundestagswahl Kontrollpflichten entfallen - durch weniger Verpflichtungen aus Berlin, so Günther. In den Ministerien allerdings kommt Schleswig-Holstein laut Günther im bundesweiten Vergleich noch mit relativ wenig Personal aus.
Doch keine Kürzungen bei Opfern häuslicher Gewalt
Gestern hatten die Fraktionen von CDU und Grünen ihre Haushaltsanträge vorgestellt. Sie wollen unter anderem die geplanten Kürzungen bei der psychosozialen Prozessbegleitung für Opfer häuslicher Gewalt zurücknehmen. Auch vierzehn weitere Stellen bei der Landespolizei wollen CDU und Grüne - sie sollen häusliche Gewalt verhindern helfen.
Überhaupt ist der Schutz von Frauen ein Schwerpunkt: 3,5 Millionen Euro sollen in diesen Bereich fließen. Neben der Landespolizei sollen auch Frauenhäuser und Beratungsstellen profitieren. "Wir finden es wichtig, auch in schwierigen finanziellen Zeiten den politischen Gestaltungswillen nicht aufzugeben", sagt CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Und Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter meint, der Fokus liege darauf, "mit wenig Geld so viel wie möglich zu erreichen."
FDP: Lieber Lehrer statt Ranger
Aus Sicht der Oppositionsfraktionen gelingt das der Koalition allerdings nicht. Zwar lobt die FDP, dass die Koalition die Frauenhäuser stärkt. Fraktionschef Christopher Vogt rügt aber die geplanten Einsparungen im Bildungsbereich - "die halten wir für fatal" - und auch in Kitas und Gesundheit würde Vogt gern mehr Geld stecken als die Regierungskoalition. Sparen will er dafür zum Beispiel an Naturschutz-Rangern. Und plant Geld aus einer möglichen Gewinnausschüttung der Investitionsbank ein - mit mehr als 40 Millionen Euro.
Unterm Strich würde das einen Haushalt ohne Notkredit möglich machen, sagt die FDP. Die Landesregierung will nämlich einen aufnehmen. Der Landesrechnungshof spricht deshalb auch nicht von einem Sparhaushalt - sondern von einem Schuldenhaushalt. Die Regierungsfraktionen weisen diese Kritik zurück.
Entscheidung über den Haushalt steht kurz bevor
Die SPD hätte sich gewünscht, dass die Landesregierung sich für eine Vermögenssteuer und eine Reform der Schuldenbremse einsetzt. Mehr Geld für Schulen und Kitas fordern auch sie. Und sie wollen drei Millionen Euro für medizinische Versorgungszentren in den Kommunen.
Der SSW lobt die zurückgenommenen Kürzungen der Koalition, die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Jette Waldinger-Thiering, fragt sich aber: "Warum nicht gleich so?" Man habe Beratungsstellen, Frauenhäusern und Betroffenen eine Zitterpartie zugemutet, bevor das Geld dann doch noch gefunden wurde. "Das ist keine seriöse Haushaltspolitik", so Waldinger-Thiering.
Verabschiedet werden soll der Haushalt noch im Januar. Sönke Schulz vom Landkreistag glaubt eher nicht, dass das Land vor der Verabschiedung des Haushalts noch auf die Vorschläge der Kommunen eingeht. Er hofft aber, dass schwarz-grün sie zumindest bei den folgenden Haushalten in Betracht zieht.