Idee aus SH: So schützen Mobildeiche vor Hochwasser
Ein Henstedt-Ulzburger hat ein System entwickelt, mit dem Deiche einfach und schnell aufgebaut werden können. Eine Kommune aus SH hat sich bereits für den Kauf eines solchen Systems entschieden.
Gebrochene Deiche, vollgelaufene Häuser und zerstörte Infrastruktur - die Flut im Oktober 2023 hat gezeigt, wie wichtig Hochwasser- und Küstenschutz ist. Walter Wagenhuber aus Henstedt-Ulzburg im Kreis Segeberg hat diesen Schutz zu seinem Beruf gemacht. Schon 2002, bei der Jahrhundertflut an der Elbe, saß er vor dem Fernseher, hat zehntausenden Helferinnen und Helfern beim Befüllen und Auslegen von Sandsäcken zugesehen und hatte dabei nur einen Gedanken: "Wir können zum Mond fliegen, aber wir schaffen es nicht, Hochwasser einzugrenzen. Und dann habe ich angefangen mein System zu entwickeln."
Seine Idee: Ein System aus drei Schläuchen. Die werden von einer Netz-Hülle zusammengehalten. Über den drei Schläuchen liegt außerdem eine Dichtungsplane. Sobald die Flut steigt, wird ein Schlauch direkt in das ansteigende Hochwasser gerollt. Eine Tauchpumpe pumpt dann das Flutwasser direkt in die Schläuche. Nach etwa einer Stunde sind dann alle drei Schläuche mit Wasser gefüllt. Der Mobildeich wiegt dann etwa 660 Kilogramm pro Meter und ist gut zweieinhalb Meter hoch. Die orangene Dichtungsplane liegt lose über den Schläuchen. Letzten Endes sorgt eine Stahlkette am Rand der Plane dafür, dass sowohl die Plane als auch das gesamte Deich-System nicht wegschwimmen können.
Die Vorteile des Systems liegen laut Walter Wagenhuber vor allem in der unkomplizierten Art des Aufbaus und in der Stabilität. Vier Personen können laut dem Unternehmer innerhalb von einer Stunde einen Deich mit einer Länge von 100 Metern aufbauen. "Wenn man das mit Sandsäcken machen wollte, bräuchte man ungefähr drei- bis vierhundert Menschen und 50 Lastwagen. Und die sorgen an einem 100 Meter langen Deichabschnitt ganz schön für ein totales Chaos", erklärt der studierte Ingenieur. Außerdem sei das System wegen der Netzhülle sehr stabil.
Gemeinde Damp kauft Mobildeich-System
Die Gemeinde Damp im Kreis Rendsburg-Eckernförde hat sich nach der Stumflut im Oktober 2023 als erste in Schleswig-Holstein für den Kauf des Systems entschieden. "Wir möchten auch die Kameraden der Feuerwehr schützen. Nicht nur körperlich, sondern eben auch von ihren Kraftreserven her. Das Mobildeich-System soll da Erleichterung bringen," erklärt Bürgermeisterin Barbara Feyock (SPD). 180.000 Euro kostet die Gemeinde die Anschaffung des neuen Systems. Im März soll der Deich dann geliefert werden.
Michael Leckband war als Gemeindewehrführer der freiwilligen Feuerwehr während der Sturmflut selbst im Einsatz. Er hat nach eigenen Angaben stundenlang Sandsäcke geschleppt und sogenannte Big Bags verladen und abgestellt. An den zwei niedrigsten Stellen des Ostseebads soll ab März dann der mobile Deich von Wagenhuber zum Einsatz kommen. Die direkt angrenzende Ostseeklinik, eine zugehörige Reha-Klinik und auch die Ferienhäuser sollen mit Hilfe des Deichs geschützt werden.
Küstenschutzexperte lobt Entwicklung neuer Systeme
Prof. Christian Winter leitet die Arbeitsgruppe Küstengoelogie und Sedimentologie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Er lobt die Entwicklung neuer und mobiler Deichsysteme. Er warnt jedoch davor, sich zu sehr darauf zu verlassen: "Absoluter Schutz wird dadurch nicht gewährleistet. Wir können auch nicht mit normalen Deichen den absoluten Schutz erreichen. Jeder wird in Zukunft Verantwortung übernehmen müssen und verstehen müssen, dass da noch mehr dahinter steckt."
Walter Wagnehuber stattet Kommunen und Kreise in ganz Europa mit seinem System aus. Insgesamt habe er in den vergangenen 20 Jahren schon mehr als 50.000 Kilometer Mobildeich verkauft, sagt er: "Ich entwickle noch jeden Tag. Also jeden Tag lernen wir dazu und überlegen uns zum Beispiel neue Handwagen, mit denen man noch schneller ist und noch weniger Menschen braucht. Und das bringt Spaß!"