Nach Sturmflut: Was wird aus den Regionaldeichen in SH?
Die Ostsee-Sturmflut im Oktober traf die Regionaldeiche in Schleswig-Holstein besonders hart. 90 Prozent der Wiederaufbau-Kosten will das Land übernehmen. Zusätzlich könnten rund ein Drittel der Deiche in die Verantwortung des Landes übergehen. Die Betroffenen sind zurückhaltend.
Zwei Monate ist es her, dass die Ostsee-Sturmflut Teile der Küste Schleswig-Holsteins verwüstet hat. An drei Stellen im Kreis Schleswig-Flensburg brachen die Deiche - unter anderem in Arnis, am Ufer der Schlei. Ungehindert konnten sich hier die Wassermassen ihren Weg ins Landesinnere bahnen. Noch heute zeugen Sandsäcke, die den Deich provisorisch flicken, von der Flut. Bei einer Deichschau am Mittwoch machte sich Küstenschutzminister Tobias Goldschmidt (Grüne) mit Betroffenen und der Direktorin des Landesbetrieb Küstenschutz (LKN), Birgit Matelski, ein Bild von der Lage.
Land will Regionaldeiche übernehmen
Bei dem gebrochenen Deich von Arnis handelt es sich um einen Regionaldeich, für dessen Zustand in erster Linie die Gemeinden sowie die ansässigen Wasser- und Bodenverbände verantwortlich sind. Weil ausschließlich solche Deiche infolge der Sturmflut brachen, steht nun zur Debatte, ob das Land die Verantwortung für einen Teil der Deiche übernehmen soll. "Diese Deichschauen machen wir an allen Ostsee-Deichen, um im nächsten Jahr zu entscheiden, welche Deiche verstärkt werden müssen", sagte Goldschmidt.
Übernahme bei einem Drittel denkbar
Dem Minister zufolge mache es bei rund einem Drittel der Deiche Sinn, die Zuständigkeit beim Land anzusiedeln. Er spricht von circa 15 von insgesamt 39 Kilometern Ostsee-Deich, auf die das zutreffen könnte. Ausgenommen seien die Deiche auf der Insel Fehmarn, die schon heute in der Zuständigkeit des Landes liegen. Eine Entscheidung, so Goldschmidt, werde gemeinsam mit den Kommunen und Menschen vor Ort getroffen.
Personal und Gerät notwendig
Für die Landesdeiche ist in Schleswig-Holstein der Landesbetrieb Küstenschutz zuständig. Dieser ist hauptsächlich an der Westküste Schleswig-Holsteins aktiv. "An der Ostküste sind wir auch tätig, aber wenn wir hier noch aktiver werden, muss das bedeuten, dass wir entsprechend aufrüsten", sagt LKN.SH-Direktorin, Birgit Matelski.
Heißt: Es braucht mehr Personal. Doch das zu finden, sei nicht leicht. Vor allem Ingenieure und Techniker seien nur wenige zu haben. Birgit Matelski ist dennoch zuversichtlich: Wenn sich dafür entschieden werde, an der Ostsee Verantwortungen zu übernehmen, dann werde man auch das umsetzen können.
90 Prozent des Wiederaufbaus zahlt das Land
Neben der Verantwortlichkeit scheint für viele Betroffene die viel drängendere Frage der Deichschau eine andere zu sein. Sie wollen Antworten vom Küstenschutzminister, wie in Zukunft mit dem Wiederaufbau der Deiche verfahren wird. Und vor allem: Wer trägt die Kosten? Goldschmidt: "Für die Wiederherstellung der Deiche hat das Land einen Fonds aufgelegt, der dazu führt, dass 90 Prozent der Kosten damit getragen werden." Die restlichen zehn Prozent müssen von den Wasser- und Bodenverbänden und den zugehörigen Gemeinden getragen werden.
"Hilflos und überfordert mit der Situation"
Diese schauen wiederum mit Sorge auf das, was auf sie zukommen könnte. Sebastian Matz, Vorsitzender des Wasser- und Bodenverbands Oehe/Maasholm und Eigentümer des Guts Oehe, hält die Kosten, vor denen die Betroffenen stehen, für schwer zu leisten. "Wir wollen die Politik sensibilisieren, wie hilflos und überfordert wir mit der Situation sind, die Regionaldeiche, die beschädigt sind, auch nur ansatzweise zu reparieren." Selbst eine 90-prozentige Förderung würde bei dem Schaden in die Millionen gehen. Das sei bei einem Verband, der einen Etat von gerade mal über 120.000 Euro im Jahr hat, nicht zu stemmen, so Matz.
Dieckmann: "Ohne die Unterstützung wäre das nicht möglich"
Michelle Dieckmann, stellvertretende Bürgermeisterin von Arnis, setzt auf die Zusage des Umweltministers, 90 Prozent der Kosten zu tragen: "Das ist auch bitter nötig, denn die Kosten zur Wiederherstellung werden sehr hoch sein. Ohne die Unterstützung wäre das so nicht möglich." Bisher gebe es noch keine Kostenschätzung, sagt Dieckmann. Der Wasser- und Bodenverband liefere jetzt die Vorarbeit. "Dann werden wir sehen, mit was für einem Kostenberg wir rechnen."