PFAS: Hohe Giftstoffbelastung von Meeresschaum an Stränden in SH

Stand: 03.02.2025 20:13 Uhr

Die Umweltorganisation Greenpeace hat an Stränden auf Sylt und in St. Peter-Ording angespülten Meeresschaum untersucht. Das Ergebnis: Der Schaum ist stark mit PFAS-Chemikalien belastet, die als krebserregend gelten.

Mit einem überdimensionalen Esslöffel und einer Plastiktüte waren im November Forschende der Umweltorganisation Greenpeace an mehreren Stränden auf Sylt und in St. Peter-Ording im Kreis Nordfriesland unterwegs, um Proben von Meeresschaum aufzunehmen. Die spätere Labor-Untersuchung zeigte: Der Schaum weist hohe Konzentrationen an schädlichen PFAS-Chemikalien auf. Im Sylter Norden lagen die Werte bei gut 96.000 Nanogramm pro Liter. In St. Peter-Ording bei etwa 58.000 Nanogramm pro Liter. Zur Einordnung: Der dänische Grenzwert für Badegewässer liegt bei 40 Nanogramm pro Liter.

Was sind PFAS?

PFAS steht für per- und polyfluorierte Chemikalien, die von Experten auch als "Ewigkeits-Chemikalien" bezeichnet werden. Laut Bundesumweltministerium sind sie wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch sehr stabil. Wegen dieser Eigenschaften werden sie in der Produktion von zahlreichen Alltagsgegenständen eingesetzt. Zum Beispiel haben Pfannen oft eine wasserabweisende Beschichtung. Sie kommen aber auch bei der Produktion von Outdoorbekleidung oder Kosmetik zum Einsatz.

Chemikalien gelten als krebserregend

Das Problem mit den PFAS-Chemikalien ist, dass sie zum Teil im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Gleichzeitig gehen Experten davon aus, dass sie in der Umwelt und im menschlichen Körper nicht abgebaut werden. Im Gegenteil: Sie reichern sich immer weiter an. Und zwar bei Menschen überall: PFAS werden inzwischen weltweit in Blutproben festgestellt.

Experte warnt vor belastetem Schaum

Dass die Konzentration ausgerechnet im Meeresschaum so hoch ist, ist für Umweltchemiker Professor Ralf Ebinghaus vom Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg) nicht überraschend. Das liegt seinen Angaben zu Folge daran, dass die Eigenschaften der Chemikalien dazu führen, dass sie besonders gut am Schaum kleben bleiben. Im Vergleich zu dem, was Menschen über die Luft, das Trinkwasser und Lebensmittel an PFAS aufnehmen, "ist wahrscheinlich die Aufnahme über den Meeresschaum eher gering", erklärt Ebinghaus. Trotzdem warnt er davor, den Schaum runterzuschlucken. Wer mit ihm in Berührung kam, sollte sich außerdem abduschen, "um zu verhindern, dass die Substanzen in den Körper gelangen", so der Experte weiter.

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Probleme mit PFAS bekannt

Grenzwerte für PFAS gibt es für Meeresschaum oder Badegewässer in Deutschland bisher nicht. Für Trinkwasser liegen sie nach einer neuen Verordnung, die im kommenden Jahr in Kraft treten soll, bei 100 Nanogramm pro Liter. Gemeinsam mit Behörden aus Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden hat Deutschland nach Angaben des Bundesumweltministeriums ein Verfahren bei der EU angestoßen, damit der Einsatz von PFAS weiter reguliert wird.

Goldschmidt: Von PFAS-Nutzung verabschieden

Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) macht deutlich, dass man vor den gesundheitsschädlichen Stoffen nur mit einem Verbot schützen könne. Einen entsprechenden Verbotsantrag hat Deutschland laut ihm bereits in Brüssel beantragt. Goldschmidt hofft, dass trotz des Widerstands der Lobby viel von dem Antrag übrig bleibt, denn: "Wir werden das nur schaffen, das Zeug weniger in der Umwelt zu haben, wenn wir uns von PFAS-Nutzung verabschieden."

Beschränkungsverfahren auf EU-Ebene läuft

Seit 2023 läuft auf europäischer Ebene ein entsprechendes Beschränkungsverfahren. Kein simpler Prozess: "Dies liegt an der großen Anzahl der zu bewertenden Stoffe, insbesondere aber an der Vielfalt der PFAS-Verwendungen, die differenziert betrachtet werden müssen", heißt es vom Bundesumweltministerium.

Warnhinweise noch nicht vorgesehen

In Dänemark und den Niederlanden warnen die Berhörden bereits an einigen Orten vor Kontakt mit Meeresschaum. Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein teilte die Tourismuszentrale in St. Peter-Ording mit, dass man noch keinen Handlungsbedarf sehe, aber mit den Behörden im Austausch sei.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 03.02.2025 | 17:00 Uhr

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