
Streit-Schlichter: Wie Senioren Konflikte an Schulen in SH lösen
Speziell ausgebildete Senioren arbeiten im Projekt "Seniorpartner in School" als Mediatoren an Grund- und Gemeinschaftsschulen. Sowohl für Kinder als auch für Lehrer ist das eine große Unterstützung.
Lautstarkes Gewusel auf dem Schulhof: Gerade hat an der Theodor-Heuss-Schule im Kieler Stadtteil Hassee die Pause begonnen. Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule rennen wild durcheinander. Mittendrin spazieren Thomas Hoffmann und Elisabeth Rickert in ihren auffälligen blauen Westen umher, bleiben hin und wieder stehen und sprechen mit einzelnen Kindern. Die beiden sind an zwei Tagen in der Woche "Seniorpartner in School", ehrenamtliche Mediatoren, die den Kindern helfen, Konflikte zu lösen. Denn: So friedlich wie heute geht es nicht immer zu.
Regionalgruppen unter anderem in Kiel und Flensburg
Vom bundesweiten Projekt der Seniorpartner in School gibt es in Schleswig-Holstein fünf Regionalgruppen, neben Kiel in Rendsburg, Flensburg, Schleswig und Itzehoe. Elisabeth Rückert und Thomas Hoffmann sind zwei von insgesamt 60 Seniorpartners in School zwischen Nord- und Ostsee, die an insgesamt 22 Schulen Konflikte schlichten.
"Wir haben jede Menge zu tun. An den Tagen, an denen wir hier sind, kommen immer Kinder zu uns, die Streit haben." Thomas Hoffmann, ehrenamtlicher Mediator
Für ihre Tätigkeit haben sie zuvor eine kostenlose 80-stündige Mediatorenausbildung absolviert und nehmen zudem regelmäßig an Fallbesprechungen und Supervisionen teil. Einzige Bedingung für die kostenlose Ausbildung: "Man muss sich im Anschluss verpflichten, einige Monate als Seniorpartner zu arbeiten", erklärt Elisabeth Rickert.
Lösungen finden im geschützten Raum

In Kiel haben heute unter anderen Kian (10) und Emir (9) Gesprächsbedarf. Sie treffen sich ganz in Ruhe mit den beiden Mediatoren in einem Extraraum. Die beiden Viert- und Drittklässler hatten sich in der Woche zuvor gestritten. Es ging um Mannschaftsbildung beim Fußballspielen, Emir war sauer auf Kian, weil der, so erzählt Emir, sich immer alle guten Spielerinnen und Spieler ausgesucht hatte.
Die beiden konnten mithilfe der Seniorpartner in School, kurz den SiS, eine Lösung finden und wollen das heute noch mal nachbesprechen. "Wir wählen jetzt immer abwechselnd die Spieler", sagt Kian. "Erst das eine Team, dann das andere. Jetzt sind wir wieder Freunde." Emir findet es auch gut, dass er zu den SiS gehen kann.
"Wir können hier in Ruhe und ohne Schimpfwörter darüber sprechen, was wir doof finden. Und was wir anders machen können, damit wir dann wieder friedlich zusammen spielen können." Schüler Emir (9 Jahre)
Seniorpartners sind parteilich für die Kinder
Streit auf dem Schulhof, jemand darf nicht mitspielen und ist dann traurig, aufgekündigte Freundschaften und dergleichen mehr: Die Gründe, warum die Kinder in die Sprechstunde der Seniorpartner kommen, seien unterschiedlich, sagen die beiden 64-Jährigen. "Wir wollen die Kinder wieder miteinander ins Gespräch bringen", sagt Hoffmann. Das Versprechen an die Kinder: Alles, was in diesem Raum besprochen wird, bleibt unter uns.
"Wir sind parteilich für beide Kinder. Wir hören uns erst mal an, was passiert ist. Und möchten, dass die Kinder sich gegenseitig zuhören und verstehen, wie sich der andere und ich selbst mich fühle mit dem Konflikt." Thomas Hoffmann, ehrenamtlicher Mediator
Das Grundprinzip dabei sei, dass die Kinder gemeinsam selbst eine Lösung entwickeln. Es gebe aber Themen, die die Grenzen der Seniorpartners sprengen. "Häusliche Gewalt zum Beispiel oder wenn es um richtiges Mobbing geht, da sind wir raus. Das würden wir dann an die Schulen melden, da gibt es Menschen, die das besser können", sagt Elisabeth Rickert.
Lehrkräfte profitieren von der Arbeit der Mediatoren

Kim Janke ist Lehrerin für Deutsch und Englisch an der Theodor-Heuss-Schule. Sie ist froh, dass die Seniorpartner da sind. "Die Kinder sind sonst im Unterricht so unkonzentriert, wenn sie Streit haben, weil sie nur noch über ihren Konflikt nachdenken", sagt sie. "Und wenn sie bei den Seniorpartners den Streit klären können, sind sie danach wieder voll dabei." Für die Lehrkräfte seien die Mediatoren eine große Unterstützung in der täglichen Arbeit, ist Janke überzeugt. Schulleiterin Frauke Grohmann beobachtet, dass die Konflikte zwischen den Kindern immer mehr zunehmen. "Sie sind aber oft gar nicht in der Lage, Streitigkeiten zu klären, weil sie das nicht gelernt haben. Mit den SiS lernen sie, wie es auch ohne Streit gehen kann", sagt sie.
Nachfrage nach Mediation steigt
Nicht nur die Kinder und die Lehrkräfte profitieren, auch für die Ehrenamtlichen selbst sei die Tätigkeit eine Bereicherung, finden Thomas Hoffmann und Elisabeth Rückert. "Ich finde es einfach toll, Kindern mitzugeben, wie sie im Leben besser mit schwierigen Situationen umgehen können. Ich glaube, damit haben wir in unserer Gesellschaft ganz viel Probleme", sagt Elisabeth Rückert. Die Nachfrage seitens der Schulen im Land steige, sagen die beiden Mediatoren. Deshalb suchen die Seniorpartner dringend Verstärkung.