Fischer in der Krise: Deshalb sind die Krabben-Preise hoch
Ein geringer Bestand wegen eines starken Fressfeindes in der Nordsee, deshalb eingeschränkte Fangzeiten und hohe Preise für die Kunden: Für einige Krabbenfischer stellt sich die Frage, ob sich der Betrieb so noch lohnt.
Etwa drei bis fünf Stunden braucht André Claußen im Frühjahr, um seinen Krabbenkutter an eine geeignete Fangstelle im Wattenmeer zu fahren. Dann hat er noch etwa 30 Stunden Zeit, um möglichst viele Krabben zu fangen, bevor er wieder in den Hafen nach Büsum (Kreis Dithmarschen) zurückkehrt. Seit ein paar Wochen dürfen die Krabbenfischer maximal 36 Stunden pro Kalenderwoche auf See. "Ich bin seit 2009 selbständig und bis jetzt ist das die schwierigste Zeit, die wir in der Fischerei haben", erklärt Claußen. Und diese Zeit läuft den Fischern gerade davon.
MSC-Siegel für Krabbenfischer schränkt Fangzeiten ein
Für die Krabben in der Nordsee gibt es zwar - als eine der wenigen Arten - keine von der EU vorgegebenen Höchstfangmengen. Ist der Bestand aber so gering wie jetzt, wird stattdessen die Fangzeit beschränkt.
Hintergrund für die eingeschränkten Fangzeiten ist das blaue Siegel des Marine Stewardship Council (MSC), das Fischern abhängig vom Bestand vorgibt, wie lange sie fischen dürfen. Es wird nur für wildgefangene Fische und Meeresfrüchte vergeben, die die Anforderungen an eine nachhaltige Fischerei erfüllen. 2017 haben sich die Krabbenfischer aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden zusammengetan und der Prüfung des MSC-Siegels unterzogen. Für den Verkauf ihrer Waren mit dem Siegel erhalten die Fischer mehr Geld.
Nach Protest: Fischer dürfen mehr Zeit auf See verbringen
Der Lenkungsausschuss zum MSC-Zertifikat hat nun auf Kritik der Fischer zu den Fangzeiten reagiert. Man wolle vermeiden, dass einige Fischer aufgrund der starken Beschränkungen das Zertifikat verlassen. In einem Schreiben heißt es, ab Montag (14.04.) dürften die Fischer nun 72 Stunden auf See verbringen. Nach einer Woche soll erneut geprüft werden.
Der Wittling setzt dem Krabbenbestand zu
Für die wirtschaftlich schwierige Lage sei aber in erster Linie der geringe Krabbenbestand und nicht das Zertifikat verantwortlich, so Philipp Oberdörfer von der Erzeugergemeinschaft der Krabbenfischer. Das spiegelt sich auch in den Anlandezahlen der letzten Jahre wider. Im Mittel hat die deutsche Flotte, die aus 180 Krabbenkuttern besteht, seit dem Jahr 2000 jährlich 12.000 Tonnen Krabben angelandet. 2024 waren es nur noch knapp 4.000 Tonnen. Und auch in diesem Jahr liegen die Fänge pro Stunde weit unter dem Durchschnitt.
Warum die Krabbenbestände derart zurückgehen, hat laut Oberdörfer viele Gründe. Einer davon sei die Ausbreitung des Wittlings, dem natürlichen Fressfeind der Krabbe in der Nordsee. Erst letztes Jahr habe die sogenannte Wittlingsschwemme dem Krabbenbestand stark zugesetzt, erklärt Jan Möller vom Fischereiverband Schleswig-Holstein.
Krabben werden immer teurer: "Ganz schön heftig”
Die geringen Fangmengen wirken sich auch auf den Handel und die Gastronomie aus. Zwar seien Schwankungen bei den Krabbenpreisen normal, aber das Niveau sei insgesamt stark gestiegen, berichtet Karl-Heinz Kolle, Gastronom in Büsum. Für ein Kilo fertige Krabben bezahlt er derzeit knapp 60 Euro netto. “Wenn man bedenkt, dass so ein Kilo Krabbenfleisch fast das Doppelte kostet wie ein Kilo Rinderfilet, dann ist das schon ganz schön heftig”, so Kolle. Seine traditionelle Krabbensuppe möchte der Gastronom dennoch auf der Karte behalten. Den jetzigen Preis von 11,50 Euro wird Kolle allerdings nach eigenen Angaben nicht halten können.
Mehr Krabben für weniger Fischer?
Wenig Fänge, eingeschränkte Fangzeiten, sich ändernde Ökosysteme - für die traditionsreiche Branche ist der Druck groß. Gleichzeitig sollen Perspektiven geschaffen werden, um die Krabbenfischerei in der Nordsee auch in Zukunft zu erhalten. Am Dienstag (08.04) hat die Zukunftskommission Fischerei, die sich 2024 konstituiert hat, ihren Abschlussbericht an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft übergeben. Darin empfiehlt die Kommission, die Flotte der Krabbenkutter insgesamt und dauerhaft um 30 Prozent zu verkleinern. Jan Möller vom Fischerereiverband findet es jetzt vor allem wichtig, "einen gesunden Mittelweg zwischen der Ökonomie und Ökologie zu finden."
