Energiepreise: Traditionsmeierei Horst kämpft um Existenz
Gestiegene Preise bei Energie, Logistik und Verpackungen - die Herausforderungen für die kleine Meierei Horst sind enorm. Ob der Betrieb die kommenden Monate übersteht, ist noch nicht sicher.
Wenn Landwirt Hans Möller seine Kühe am Morgen weckt, merkt man: Die Tierhaltung ist für ihn Herzensaufgabe. "Na kommt, Mädels", ruft er und treibt die Kühe langsam zum Melken in seinen Stall in Lentföhrden (Kreis Segeberg). "Ich bin einer der Glücklichen - da sag' ich immer Hans der Glückliche - dass ich mit Rindern arbeiten darf. Vor allem mit Milchkühen." Das Wohl der 30 Tiere spielt auf seinem Hof eine zentrale Rolle. Unter anderem, weil die Kälber dort bei ihren Müttern aufwachsen können, ist Möller mit zwei weiteren Landwirten (De Öko Melkburen) im vergangenen Jahr mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet worden. Aber nicht nur für die artgerechte Haltung, sondern auch für das Engagement um die Traditionsmeierei Horst (Kreis Steinburg) bekam er den Preis. Dass er dort die Vermarktung der Milch selbst in der Hand hat, sei für seinen Hof enorm wichtig, betont der Landwirt.
Hohe Kosten für energieintensiven Betrieb
Doch der Betrieb der Meierei ist in Gefahr. Strom und Gaskosten haben sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt, berichtet Möller, der auch Vorstandsmitglied der Genossenschaftsmeierei ist. Ebenso bei Logistik und Verpackungen seien die Kosten teils um 30 Prozent gestiegen. Zusammen mit weiteren Öko Melkburen hat er die Meierei schon einmal vor dem Aus gerettet. Als sie 2013 Insolvenz anmelden musste, haben die Melkburen sie gemeinsam mit Verbraucherinnen und Verbrauchern übernommen. 360 Genossenschaftsmitglieder sind es heute. Doch die Herausforderungen, vor der die Meierei jetzt steht, seien massiv.
Traditionsquark aus Horst ist bereits Geschichte
Eine Reißleine haben die Verantwortlichen bereits gezogen. Es gibt keinen Horster Speisequark mehr im Sortiment. "Eine schwere Entscheidung", sagt Möller mit Blick auf die großen halbrunden Wannen, in denen noch bis Dezember nach traditionellem Verfahren produziert wurde. Weil das "Schulenburg-Verfahren" aber besonders zeitintensiv ist und für den Quark verhältnismäßig viel Milch gebraucht wird, habe sich die Produktion nicht mehr gelohnt. Vier der zuletzt 14 Mitarbeitern musste gekündigt werden. "Um dieses Unternehmen zu retten, müssen wir solche Entscheidungen treffen und umsetzen", bedauert Möller.
Milchpreise sorgen bei vielen Meiereien und Milchbauern für Gewinne
Schaut man die gesamte Meiereibranche an, so war das Jahr 2022 eigentlich ein sehr erfolgreiches, sagt Claas-Peter Petersen von der Milcherzeugervereinigung Schleswig-Holstein. Durch hohe Nachfrage auf dem Weltmarkt - ausgelöst unter anderem durch den Krieg in der Ukraine - ist der Milchpreis im Herbst teils auf ein historisches Rekordniveau von 60 Cent pro Kilogramm gestiegen. So viel konnte die Meierei Horst ihren Landwirten zwar nicht zahlen, sagt Möller, das habe der Preis im Handel gar nicht hergegeben, aber ein Stück weit sei man mit dem Preis nach oben gegangen. Mehr, als eigentlich im Budgetplan vorgesehen. Ein großer Abnehmer, der aus der Horster Milch Hundekuchen herstellt, habe dann seine Produktion pausieren müssen und so sei fast ein Drittel des Umsatzes weggebrochen und die finanzielle Lage habe sich zugespitzt.
Horster Produkte weiter gefragt
Dabei ist die Nachfrage nach Horster Produkten nicht gesunken, sagt Meierei-Vorstand Achim Bock. Auch das Geschäft mit Eisdielen und Restaurants laufe nach der Zeit der Corona-Lockdowns wieder gut. Damit unterscheidet sich die Meierei, die sowohl Bio-Milch als auch konventionelle Milch verarbeitet, von anderen Bio-Betrieben. Sie haben nach Einschätzung der Milcherzeugervereinigung nicht nur Probleme mit gestiegenen Energiepreisen, sie kämpfen auch mit einem Kundenrückgang durch die Inflation.
Volle Unterstützung durch Genossenschaftsmitglieder
Der Stopp der Quarkproduktion sorgt jetzt zumindest vorerst für Entlastung. Um die Liquidität zu sichern, brauche die Meierei allerdings kurzfristig Geld. "Wir haben eine Fortführungsprognose, die besagt, dass wir bis Mai, Juni noch Verluste fahren. Und die Phase müssen wir überbrücken", erläutert Bock. Bei einer außerordentlichen Generalversammlung am Sonnabend wurde wegen der schwierigen finanziellen Lage sogar über die Auflösung der Genossenschaft abgestimmt. 141 der 155 anwesenden Mitglieder stimmten aber mit Nein - und somit für eine Fortführung. Um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen, wollen die Verantwortlichen jetzt bis Mitte Februar 300.000 Euro einwerben - durch einen Kredit oder im besten Fall neue Mitglieder.
Man freue sich über die beeindruckende Unterstützung der Mitglieder und suche jetzt nach kurzfristigen Lösungen, heißt es. Das Ziel: Es soll der Milchabfüllung nicht bald so ergehen wie der Quarkproduktion.