Berufsschulen in Schleswig-Holstein fehlt der Nachwuchs
Den berufsbildenden Schulen im Land droht ein Nachwuchsproblem. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Landesregierung am Donnerstag dem Landtag vorgelegt hat. Die SPD-Landtagsfraktion hatte das mit einem Antrag gefordert.
Der Fachkräftemangel erreicht auch die Berufsschulen in Schleswig-Holstein. Das geht aus einem Bericht des Bildungsministeriums hervor, der am Donnerstag im Landtag debattiert wurde. Der Bericht zeigt unter anderem, dass sich die Lage der Berufsschulen zunehmend anspannt. Der Grund: Viele Lehrkräfte werden in den nächsten Jahren in Pension gehen, gleichzeitig ist die Zahl junger Nachwuchslehrkräfte rückläufig.
Die SPD-Landtagsfraktion befürchtet eine Abwärtsspirale. Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD, warnt: "Eine Pensionierungswelle steht bevor. Diese trifft dann zusammen mit prognostizierten, steigenden Schülerzahlen ab dem Ende der 2020er Jahre." Dabei seien die berufsbildenden Schulen zentraler Schlüssel gegen den Fachkräftemangel, soweit ihnen vorher nicht selbst die Fachkräfte ausgingen, so Habersaat.
Jeder siebte Berufschullehrer über 60
Das Problem, das der Bericht der Landesregierung aufzeigt, besteht aus drei Teilen. Zum einen ist es das hohe Alter vieler Lehrkräfte. Fast die Hälfte (46,7 Prozent) aller Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen berufsbildenden Schulen sind über 50 Jahre alt. 14 Prozent, also jede siebte Person, ist älter als 60. Insbesondere für die Fachrichtungen Textil-Technik und Bekleidung (29,2 Prozent über 60 Jahre), Agrarwirtschaft, (23,9 Prozent) und Körperpflege (22,9 Prozent) droht deshalb ein Mangel an Lehrkräften, wenn viele zeitnah in Pension gehen.
Junge Lehrkräfte sind unterrepräsentiert
Demgegenüber steht die Altersgruppe der 30- bis 39-jährigen Lehrkräfte. Sie sind unterrepräsentiert und machen lediglich 21 Prozent der gesamten Lehrerschaft an öffentlichen berufsbildenden Schulen aus. Außerdem, und das ist das zweite Problem, lässt insgesamt die Zahl junger Lehrkräfte nach, die den Vorbereitungsdienst - oder Referendariat genannt - an berufsbildenden Schulen starten. Während es im Februar 2019 noch 82 waren, sind es im August 2023 nur noch 68 gewesen - Tendenz weiter fallend. Insgesamt rücken folglich weniger junge Lehrkräfte nach.
Studierende zieht es in die Städte
Das dritte Problem ist, dass die Verteilung von Nachwuchs-Lehrkräften landesweit stark variiert. Vor allem in den ländlichen Regionen kämen zu wenige junge Lehrerinnen und Lehrer nach, heißt es in dem Bericht. Stattdessen ziehe es viele junge Lehrkräfte in die Städte wie Kiel oder Lübeck, während deutlich weniger zum Beispiel in die Kreise Plön, Herzogtum-Lauenburg oder Schleswig-Flensburg gingen.
Rekrutierung neuer Lehrkräfte immer wichtiger
Die Zeit drängt. Das weiß auch die Landesregierung, wie aus dem Bericht hervorgeht:
"Diese Zahlen zeigen deutlich, dass in den nächsten Jahren die Maßnahmen zur Gewinnung neuer Lehrkräfte und zur Einhaltung der Arbeitsfähigkeit des vorhandenen Lehrpersonals weiter an Bedeutung gewinnen werden, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der prognostizierten steigenden Schülerzahlen zum Ende der 2020er Jahre."
Dass die Schülerzahlen in den nächsten Jahren ansteigen, geht aus Zahlen der Kultusministerkonferenz hervor. Darin heißt es, dass bundesweit bis 2035 8,6 Prozent mehr Jugendliche an die Schulen kommen werden als es 2021 noch der Fall war.
Prien sieht deutlich verbesserte Lage
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) zeigte sich am Donnerstag bei der Landtagsdebatte hingegen zuversichtlich. Ihr seien die großen Herausforderungen bewusst, die der Fachkräftemangel auch im Bildungsbereich mit sich bringe. Im Vergleich zu den letzten Jahren hätte sich die Situation an den berufsbildenden Schulen deutlich verbessert. 2017 - unter Jamaika - hätte das Niveau zur Unterrichtsversorgung an beruflichen Schulen noch bei 90 Prozent gelegen, so Prien. Heute liege man bei 101 Prozent. Folglich sind mehr als genug Lehrkräfte vorhanden, dass der Unterricht vollständig stattfinden kann, ohne das Stunden personalbedingt ausfallen.
76 Stellen unbesetzt
Außerdem sei man in der Lage, nahezu alle Planstellen zu besetzen, so die Bildungsministerin. Laut Bericht blieben von den 4.042 Stellen 76 unbesetzt. Zusätzlich seien neue Stellen geschaffen worden. Außerdem gebe es neue Lehramtsstudiengänge, um noch konkreter mögliche Lücken füllen zu können - zum Beispiel einen Lehramtsstudiengang in der Sozialpädagogik an der CAU in Kiel.
SSW: “Absolventen im Bildungssystem halten”
Jette Waldinger-Thiering (SSW) forderte von der Landesregierung Weitsicht - angesichts sich gegenläufig entwickelnder Schüler-Lehrer-Zahlen. Zum Beispiel müssten fließende Wechsel zwischen den Schulformen möglich sein. Waldinger-Thiering: "Auf keinen Fall dürfen wir motivierte Fachkräfte verlieren, sondern müssen sie unabhängig der aktuellen Fachbedarfslage im Bildungssystem halten."