Aminata Touré. Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein © imago images Foto: Frank Peter

Opposition hält Kritik an Ministerin Aminata Touré aufrecht

Stand: 02.11.2023 12:03 Uhr

Die Entlassung von Staatssekretärin Samadzade wirft weiter Fragen auf. Die Ministerin Aminata Touré musste sich im Innen- und Rechtsausschuss den Fragen der Abgeordneten stellen. FDP und SPD werfen ihr weiterhin Intransparenz vor.

von Anna Grusnick

Erst schillernder Grünen-Star, nun seit Monaten in der Kritik - Sozialministerin Aminata Touré. Zuletzt sorgte die vorgezogene Ablösung der Integrationsstaatssekretärin Marjam Samadzade für Irritationen. Was zunächst wie ein konsequenter Schritt der Ministerin wirkte, zeigt sich nun als Handeln auf Druck aus der Staatskanzlei - namentlich von Ministerpräsident Günther (CDU). Vor allem die Opposition übt nun scharfe Kritik an Touré.

Wer wusste wann was? Und warum genau musste die Staatssekretärin plötzlich gehen? Diese Fragen wollten die Abgeordneten des Landtages im Ausschuss beantwortet haben. Denn Ministerin Touré hatte erst auf Nachfrage des NDR öffentlich gemacht, dass ein israelkritischer Post, den Samadzade auf Instagram geliked und weiterverbreitet hatte, dazu geführt hatte, dass die Staatssekretärin ihre Amtsgeschäfte sofort ruhen lassen und zum 1. November gehen musste.

Innen- und Rechtsausschuss sieht viele offene Fragen

Marjam Samadzade (l.), ehemalige Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung von Schleswig-Holstein, bei einer Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister. © picture alliance/dpa | Soeren Stache
Die ehemalige Staatssekretärin Marjam Samadzade musste gehen, nachdem sie einen israelkritischen Post auf Instagram geliked und weiterverbreitet hatte.

Im Innen- und Rechtsausschuss erneuerte Touré ihre Aussage: "Anlass für das Ausscheiden ist, dass Marjam Samadzade am 17. Oktober über die Social-Media-Plattform Instagram einen Post aktiv verbreitet hat." In dem Beitrag werde unter anderem die Regierung Israels nach dem Anschlag der Hamas scharf kritisiert und verurteilt. Touré sagte im Ausschuss, ihr sei es wichtig zu betonen, dass es hier um das Rollenverständnis von Mitgliedern einer Landesregierung geht. "Wenn wir uns als Mitglieder der Landesregierung öffentlich äußern, in Form von Social-Media Plattformen, dann ist das für mich eine öffentliche Äußerung, gerade wenn man in seinem Profil stehen hat, als Staatssekretärin im Sozialministerium zu arbeiten." Wenn man sich dazu entscheide, sich auf solchen Plattformen politisch zu verhalten, dann tue man das nicht als Privatperson, sondern als Vertreterin eines Staates. Mit dem Teilen des Posts habe Marjam Samadzade erneut eine mangelnde politische Sensibilität deutlich gemacht, so Touré.

Touré handelte erst nach Einmischung des Ministerpräsidenten

Im Ausschuss wurde deutlich, dass Ministerin Touré nicht die Erste war, die auf den umstrittenen Instagram-Post gestoßen war, sondern dass sich sogar Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) persönlich in die Personalie einmischte. Sie habe, so sagte es Touré, am 17. Oktober gegen Abend einen Anruf der Vize-Ministerpräsidentin (Monika Heinold, Grüne) erhalten, dass es einen problematischen Post in Marjam Samadzades Instagram-Story geben solle: "Diesen Hinweis hatte sie durch ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten erfahren." Sie habe daraufhin zunächst Frau Samadzade gebeten, den Post zu löschen und anschließend mit dem Ministerpräsidenten über den Verbleib der Staatssekretärin beraten. "Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass ein Verbleib in der Landesregierung nicht möglich ist", so Touré weiter.

Opposition wirft Ministerin Touré Intransparenz vor

Die Opposition aus SPD und FDP nimmt vor allem Ministerin Touré in den Fokus. Diese habe weder die Öffentlichkeit in einer Pressemitteilung vom 19. Oktober noch das Parlament über die Antworten auf eine kleine Anfrage umfassend informiert. Wichtige Details seien weggelassen worden, stattdessen sei der Eindruck vermittelt worden, Samadzade scheide aus persönlichen Gründen aus. Innenpolitiker Niklas Dürbrook (SPD) macht das nach eigener Aussage stutzig: "Sie haben vielleicht nicht gelogen in der Antwort auf diese kleine Anfrage, das würde ich Ihnen tatsächlich nicht unterstellen wollen, aber Sie haben die Wahrheit glaube ich sehr bewusst umschifft." Das sei ein Umgang mit dem Parlament, der nicht in Ordnung sei. Touré wiederum entgegnete, die Fragen hätten sich nicht auf das aktuelle Ausscheiden der Staatssekretärin zum November bezogen. Rückendeckung bekam sie von Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter, der konstatierte, er sehe kein Fehlverhalten. "In der kleinen Anfrage wurde nichts falsch beantwortet."

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Marjam Samadzade (l.), ehemalige Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung von Schleswig-Holstein, bei einer Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister. © picture alliance/dpa | Soeren Stache

Israelkritischer Beitrag: Integrations-Staatssekretärin muss gehen

Marjam Samadzade hatte über Instagram laut Ministerium einen Post aktiv weiterverbreitet, in dem die Regierung Israels für ihr Vorgehen nach dem Terroranschlag der Hamas verurteilt wurde. mehr

FDP-Politiker Buchholz: "Öffentlichkeit bewusst nicht richtig informiert worden"

Für Bernd Buchholz von der FDP sind auch nach einer Stunde Befragung im Innen- und Rechtsausschuss entscheidende Punkte nicht geklärt. Die Öffentlichkeit sei in zwei Punkten nicht richtig informiert worden, hält er seine Kritik aufrecht. "Ich bin immer noch genervt, weil man die Öffentlichkeit nicht falsch unterrichtet", sagte Buchholz NDR Schleswig-Holstein. Es sei Aufgabe einer Ministerin, die Öffentlichkeit wahrheitsgemäß zu unterrichten. Frau Touré zeige mit ihrem Verhalten keine Führungsstärke, sondern "dass es in ihrem Haus drunter und drüber geht, das zeigt dieser ganze Vorgang".

SPD erwägt Akteneinsichtsverfahren

Für die SPD-Landeschefin Serpil Midyatli sind viele der Fragen weiterhin nicht beantwortet. Sie sagte, man werde noch einmal das Gespräch mit den anderen Oppositionsfraktionen suchen und prüfen, ob man Akteneinsicht zur Causa Samadzade beantragt. Außerdem müsse Ministerin Touré nun endlich liefern, sagte Midyatli NDR Schleswig-Holstein. Touré habe unter anderem die Bereiche Kita-Reform, Pflege und Unterbringung von Geflüchteten nicht im Griff. Vielfach reagiere sie auf Vorschläge und Anregungen der Verbände und Kommunen gar nicht oder sage, sie nehme das mal mit. Midyatli betonte, Touré solle ihren Job machen, die Herausforderungen seien groß und, wenn sie es nicht allein schaffe, müsse der Ministerpräsident immer wieder nachhelfen. Einen Rücktritt fordert sie bisher nicht.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 02.11.2023 | 12:00 Uhr

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